VOID - Jadjow
Mehr über Void
- Genre:
- Avantgarde / Experimental
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Brucia Records
- Release:
- 07.12.2023
- Fables From A Post-Truth Era
- Interdaementional
- Only For You
- Oduduwa's Chain
- When Lucifer Dies
- Self Isolation
- Swamp Dog
- Interlude
- Iniquitous Owl
Extrem abgefahren? Nein, noch viel abgefahrener... Avantgarde im modernen Metal.
Wenn man eines schon mal klar festhalten kann, dann sicherlich den Umstand, dass die Musiker von VOID nicht zur Kategorie derjenigen Menschen gehören dürften, mit denen man sich mal spontan auf eine Tasse Kaffee verabreden könnte. Zumindest wenn man die vollkommen abgefahrenen musikalischen Konstrukte im Hinterkopf hat, die das international erfahrene Quartett auf seinem neuen Album verewigt hat, ist nämlich kaum davon auszugehen, dass sich die Herrschaften auch mal entspannt zurücklehnen können, ohne dabei hektisch einen Wust aus Ideen und Gedanken aus sich sprudeln zu lassen.
Zufall mag dies insofern nicht sein, da Teile der Truppe bereits bei DODHEIMSGARD an der Live-Front ausgeholfen und somit von den Großmeistern der Avantgarde-Szene höchstpersönlich gelernt haben. Doch auch das macht "Jadjow" nun nicht dringend leichter zugänglich. Im Gegenteil: Für das ungeübte Ohr dürften die neun Songs, die das Album beinhaltet, im ersten Moment der blanke Horror sein, weil sie überfallartig tausende Nuancen in wenigen Fragmenten zusammenfassen und klassisches Songwriting quasi zum Undig erklären. Aber womöglich ist genau dieser Effekt auch derjenige, der die Reize von "Jidjaw" am besten kennzeichnet.
Ähnlich wie DODHEIMSGARD geht es bei VOID längst nicht mehr um avantgardistisch geprägten Black Metal. Die finsteren Künste mögen zwar partiell verarbeitet sein, doch viel mehr ist die neue Scheibe ein Djent-Feuerwerk der sperrigsten Sorte, auf dem sich hin und wieder klassischer Prog Rock Raum bahnt, der dann aber wieder von den fast schon hysterischen Tempoeruptionen in nahezu allen Songs zerschossen wird. VOID startet ohnehin schon mit einem großen Aufreger, denn mit 'Fables From A Post-Truth Era' geht es zum Start gleichmal auf eine knapp zehnminütige Reise durch psychedelische Klangwelten, metallische Nebenschauplätze und abgefahrene Post-Rock-Klangwelten. Alles scheint erlaubt, Strukturen sind zunächst nebensächlich, und bevor man sich überhaupt zutraut, den Song zu durchschauen, haben die Musiker wieder unzählige neue Ideen in den Fokus gerückt, die man allesamt gar nicht greifen kann. Das ist anstrengend, das ist fordernd, es ist vor allem aber für den Beginn einfach viel zu viel des Guten. Doch VOID lässt nicht nach, bildet die gegensätzlichsten Stimmungsbilder in den Songs ab, bemüht sich um eine durchweg beklemmende Atmosphäre und versprüht schließlich in jeder einzelnen Sekunde die Vibes eines extremen Psycho-Trips, von dem man sich augenblicklich gar nicht erholen kann.
Insgesamt ist "Jadjow" einfach sehr schwer zu greifen, denn auch bei ausgiebiger Auseinandersetzung bleibt erst einmal nicht viel hängen als die kurzen Momente, in denen VOID dann doch mal etwqas harmonischer vorgeht - zumindest nach den ihnen eigenen Spielregeln. So beherbergt 'Swamp Dog' beispielsweise ein paar kurze melodische Parts, die im Gesamtzusammenhang zwischen all den wirren Konstrukten ebenfalls irgendwie abgefahren klingen, weil man sie gar nicht vermutet. Und auch 'Iniquitous Owl' und das zunächst ruhige 'Lucifer Dies' haben diese kurzen Passagen, in denen mal ein kurzer Atemzug möglich ist, den man aber dennoch nicht zu intensiv auskosten sollte. Denn die Überraschungen lauern schon im nächsten Takt - darauf ist bei VOID Verlass!
Unterm Strich ist die Zielgruppe auch ziemlich genau definiert und besteht aus den Individuen, bei denen mathematisches Songwriting und durchgedrehter Prog ganz oben auf der Favoritenliste steht. Diese Spezies wird auf "Jidjaw" zweifelsohne eine Menge entdecken können. Alle anderen seien vor Überforderung gewarnt, auch wenn der Hinweis erlaubt sei, dass die konsequente Beschäftigung mit diesem Album nicht nur abverlangt sondern auch ein bisschen zurückzahlt. Es dauert halt alles nur furchtbar lang. Aber das ist ja oft die Basis für besondere Releases...
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Björn Backes