VOYAGER - Univers
Mehr über Voyager
- Genre:
- Progressive Melodic Metal
- Label:
- Dockyard1 / Soulfood
- Release:
- 26.10.2007
- Higher Existence
- Deep Weeds
- Everwaiting
- Between The Sheets
- Sober
- Cross The Line
- Pulse 04
- Falling
- What I Need
- One More Time
- White Shadow
Manchmal gibt es sie noch, die Momente, in denen man auf einmal das Gefühl hat, etwas ganz Besonderem, Ungewöhnlichem und Wichtigem zu lauschen. Je seltener sie werden, diese Momente, desto höher steigt ihr Wert. Darum darf ein Quintett namens VOYAGER aus dem australischen Perth auch auf keinen Fall überhört und übersehen werden. Diese faszinierende Formation avancierte vor drei Jahren mit ihrem Debüt "Element V" zu einer der interessantesten Erscheinungen in der doch manchmal recht gleichförmigen Metal-Szene. Der Sound dieser fünf Paradiesvögel schottischer, deutscher, niederländischer und italienischer Abstammung lässt sich in erster Näherung wohl am besten als symphonischer, progressiver Melodic Metal bezeichnen, was ja an sich schon recht konstruiert klingt, aber längst noch nicht alle Facetten dieser Musik beschreibt. Daher sind die von den Kollegen der Printmedien gezogenen Vergleiche zu NIGHTWISH und RHAPSODY wohl auch eher als Zeichen der Hilflosigkeit und kaum als wirkliche Orientierungshilfe zu verstehen. Wer auf dem ProgPower-Festival 2006 war, weiß, wovon ich rede.
Dockyard1 haben sich VOYAGER inzwischen dankenswerterweise angenommen, so dass wir nun endlich in den Genuss eines zweiten Werkes namens "Univers" kommen. Und wieder löst das Album zunächst eine Mischung Verwunderung und Bewunderung aus, ohne dass man eigentlich versteht, was da gerade abgeht. Das heißt jetzt nicht, dass hier Frickel-Orgien und schwerst verschachtelte Breaks im Sekundentakt auf den Hörer warten. Nein, hier liegt der Anspruch auf einer anderen Ebene, hier wird elegant und gewandt mit Stimmungswechseln gespielt, verschiedene Atmosphären werden aufgebaut und wieder verworfen, die Erwartungshaltung des Hörers wird mutig an der Nase herum geführt. Diese hochtalentierten Damen und Herren haben die große Gabe, magisch-harmonische Klangfarben zu entwickeln. Doch damit nicht genug, sie besitzen sogar die Klasse, diese Klangfarben auch mal sich selbst zu überlassen und neugierig zu schauen, was sie tun, ohne dabei die Kontrolle über ihre Songs zu verlieren. Daher stammt meiner Meinung nach diese gewisse Leichtigkeit und Beschwingtheit, die von dieser Musik ausgeht, der man sich wirklich öffnen muss, um sie zu fühlen. So gesehen ist die Erwähnung von Namen wie Sergei Rachmaninoff, Devin Townsend und BAL-SAGOTH in Info-Zettel gar nicht so falsch, auch wenn diese Künstler oberflächlich betrachtet stilistisch sehr wenig miteinander zu tun haben. Sie verbindet lediglich eine ganz bestimmte, intuitive Herangehensweise an den Gegenstand ihrer Betrachtungen und akustischen Reflexionen.
Hat man sich die Zeit genommen, "Univers" ein bisschen sorgfältiger zu entdecken und die Tiefen und Weiten des VOYAGER-Universums auszuleuchten, erschließen sich die thematischen Bezüge und Gedanken hinter dieser musikalischen Entdeckungsreise in all ihrer Schönheit und Klugheit, ohne dass die anfängliche schwärmerische Faszination dadurch gedämpft wird. Weitere Trademarks dieses wunderbaren Albums sind die herrlich leichtfüßig dahin fließenden Gitarrenparts, die dezent futuristische ästhetische Grundstimmung, der fast schon sanft zu nennende, einfühlsame Gesang und die träumerischen, sehnsuchtsvollen Einsätze des Pianos. Besonders auffällig ist die Neigung, einen dramatischen, orchestralen Part aufzubauen, ihn einstürzen zu lassen und dann in den kurzen, schmerzhaften Moment der Stille hinein eine sehr einfache, spielerisch zarte und zutiefst berührende Piano- oder Gitarrenmelodie hinein zu tupfen. VOYAGER tun immer genau das, was man zuerst nicht erwartet, einem aber hinterher genau richtig erscheint. Dadurch entsteht eine zauberhafte, mit nichts und niemandem vergleichbare Musik, die man wohl nur instinktiv ablehnen oder abgöttisch lieben kann. Ich habe mich längst für die zweite Möglichkeit entschieden und möchte alle, die sich ansatzweise angesprochen fühlen von der hier gelieferten Beschreibung, bitten, VOYAGER und "Univers" eine Chance zu geben. Eine Sternstunde der modernen Musik!
Anspieltipps: Higher Existence, Deep Weeds, Cross The Line, What I Need
- Redakteur:
- Martin van der Laan