W.A.S.P. - Dying For The World
Mehr über W.A.S.P.
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Sanctuary / Metal-Is Records
- Release:
- 10.06.2002
- Shadow Man
- My Wicked Heart
- Black Bone Torso
- Hell For Eternity
- Hallowed Ground
- Revengeance (Be Thy Name)
- Trail Of Tears
- Stone Cold Killers
- Rubberman
- Hallowed Ground (acoustic)
Altmetaller aufgepasst, jetzt gibt’s was auf die Ohren! W.A.S.P. geben wieder Vollgas und erfreuen die Welt mit einem neuen Album, „Dying For The World“ betitelt. Und was Blackie Lawless – ein Künstlername natürlich, wie man vermuten kann – da gebastelt hat, bekommt von mir das Prädikat „heavy pur“. Ein absolut pralles Paket Heavy Metal in Reinform.
Der fundamentalistisch-christlich aufgewachsene Blackie Lawless begann sein Wirken als Musiker bereits anno 1965 als Jungspund und handelte sich schon in jungen Jahren reichlich Ärger wegen seiner rebellischen Haltung ein. Es gibt glaube ich kaum ein Thema, was ihm derart gegen den Strich geht wie „political correctness“. Er hat sein Leben lang so manche harte Kost verdauen müssen und sich durchgeschlagen, gehört aber spätestens seit W.A.S.P.-Zeiten zur absoluten Oberliga der Könner vor dem Herrn. Zuvor begründete er noch die Band SISTERS mit, die sich aber nicht lange hielt. 1982 kam dann die Grundsteinlegung für W.A.S.P. – eine der ersten Bands, die mit okkulten Texten, offener Konfrontation mit dem politischen Regime und Gesichtsschminke Marke KISS experimentierten und allerhand Aufruhr verursachten. Das ging bis hin zu Mord- und Bombendrohungen und sogar drei Versuchen, Blackie über den Haufen zu schießen. So können christlich radikale Amis drauf sein. Die jungen Hüpfer unter den Lesern bekommen so vielleicht auch einen Eindruck davon, welche Wirkung der heute eher sanft erscheinende Metal der ersten Stunden auf die Gesellschaft hatte.
Aber genug des Geschichtsunterrichtes, nicht lange nach „Unholy Terror“ erschien das nun vorliegende Kleinod amerikanischen, ursprünglichen Metals, dem aber ein moderner Sound absolut nicht abgeht. Ursprünglich inspiriert durch Briefe, die die Band von Soldaten aus dem Goldkrieg erhalten hatte und durch die Ereignisse des 11. September, kommt man auf diesem Album natürlich um eine Dosis Patriotismus nicht herum. Aber die Texte sind wie stets anklagend und provokativ, wenden sich gegen gesellschaftliche Missstände und Religionsmonopole, auch die Musikindustrie bekommt ihr Fett weg. So mag ich das.
Zwar gibt es mit Darell Roberts an der Gitarre einen „Newcomer“ in der Band, aber zur technischen Seite muss bei einer Band dieser Erfahrung kaum ein Wort verlieren – Perfektion in Reinform. Und dass Darell es mehr als drauf hat, zeigt er ausreichend auf dem Album; an geeigneter Stelle eingesetzte exzellente Gitarrensoli offenbaren sein Können, ohne aufdringlich zu wirken. Das Drumming von Frankie Banali, der schon früher mit der Band arbeitete, ist makellos, druckvoll und je nach Song und Tempo differenziert. Und der Reibeisen-Gesang von Blackie ist einfach nur perfekt.
Los geht’s auf der Scheibe bei „Shadow Man“ mit düsteren Rhythmen, die sich in eine rockige Hymne mit reichlich Mitgrölfaktor entfalten. Ein perfekter Start in ein perfektes Album. „My Wicked Heart“, in dem Blackie Gedanken über sich selbst vertont, legt noch eine Kohle auf, bleibt aber nicht so im Ohr wie der vorige Song. „Black Bone Torso“, ein religionskritisches Stück, ist recht kurz, langsam, intensiv, schleppend, im Stil an ICED EARTH erinnernd; eine bedrohlich wirkende Überleitung zu „Hell For Eternity“, wo dann wieder Vollgas gegeben wird und das Feeling der 80-er gute Laune verbreitet. „Hallowed Ground“ ist für mich die absolute Perle auf diesem Silberling, ein langes, episches, balladeskes Meisterwerk, das leise und trauerschwanger beginnt, zum Mid-Tempo übergeht und mit einem hymnischen Refrain aufwarten kann, der sich in den Gehörgängen festfrisst. Das Finale dieses Songs wird durch das intensive Gitarrensolo von Darell bestimmt – diese Halbballade hätte auch gern noch länger sein können, absolute Suchtgefahr. „Revengeance (Be Thy Name)“ ist wieder im klassischen Stil gehalten, mit schicken Chören, fetzigem Gitarrensound und Mitgrölrefrain. „Trail Of Tears“ fährt wieder eine Halbballade auf, die sich hören lassen kann und in der sich Blackie inhaltlich mit seinen indianischen Vorfahren und deren Zukunft befasst. Ein Gänsehautsong mit schwebender Gitarrenarbeit, bei dem Blackies Kratzbürstenstimme stilistisch zur vollen Entfaltung gelangt. Und man beachte die Arbeit an den Drums. Aber ich fange an zu schwelgen, weiter geht’s zu den nächsten Songs. „Stone Cold Killers“ und „Rubberman“ bieten übliche W.A.S.P.-Kost, an der es nichts auszusetzen gibt, aber auch nichts Spezielles Erwähnung findet. Ein Leckerchen bekommt man als Albenabschluss mit der Akustik-Version von „Hallowed Ground“ kredenzt, bei der Blackie solo agiert. Wirklich „acoustic“ ist der Song allerdings nicht, da die E-Gitarre wohl nicht ohne Strom laufen wird. In dieser Form präsentiert, ist die Wirkung des Songs noch anders als zuvor und für mich schon jetzt ein absoluter Klassiker, der auf maximum volume gehört zu werden hat, die Nachbarn werden’s dankend honorieren.
Was nach dem Durchhören bleibt, ist ein zufriedenes Gefühl und die Freude über ein nahezu perfektes Album. Unbedingter Pflichtkauf für Heavy-Metal-Freunde.
Anspieltipps: Hallowed Ground (beide Versionen); Shadow Man; Trail Of Tears
- Redakteur:
- Andreas Jur