WALDWIND - Blättertanz - Demo 2009
Mehr über Waldwind
- Genre:
- (Pagan) Black Metal
- Release:
- 16.06.2009
- Nebel
- Von stillem Hauch
- Flug des Greifen
- Gen Wipfel
- Dämmerung
- Nordlicht
- Lichter Wirren
Die Band aus Oberbayern verbindet auf eigenwillige Art erdverbundene Naturmystik und raumgreifende Atmosphäre.
Ein verhallter Beckenschlag, Tribal-Perkussion und das Didgeridoo setzen gleich zu Beginn des WALDWIND-Debüts eine düstere, aber doch erdverbundene Stimmung, die im Titel 'Nebel' einen treffenden Niederschlag findet. Die erzeugte Gefühl ist nicht warm, sondern durchaus kühl, aber nicht lebensfeindlich, sondern organisch. Man mag meinen, dass TENHI von den finnischen Seen herüber grüßen, doch das ist erst das Intro. Wollen wir horchen, was sich anschließt:
Der Einstieg in den ersten regulären Song 'Von stillem Hauch' gestattet dann schon recht tiefe Einblicke in das stilistische Konzept WALDWINDs. Es wird zunächst klar und klagend gesungen, die Gitarre klingt erst sphärisch und dann surrend, wie ein Bienenschwarm. Offene Akkorde, Raum greifender Klang. Es tritt die eher im Hintergrund stehende Posaune hinzu, bevor der Gesang beginnt sich keifender und böser zu geben. Ein Hang zum heute gemeinhin als "Naturmystik" bezeichneten Urwüchsigen im Drumming, und Atmosphärischen im Gitarrensound, prägt die Band. Dazu der Wechselgesang aus männlichem Klargesang und Keifen, sowie beim Opener auch Gastsängerin Juliane, die den Song ebenso aufwertet, wie das schöne melodische Gitarrenlead zu Beginn des letzten Drittels.
Drei Growls beenden das Stück und der Schrei des Raubvogels vom Cover, sowie eine einsam durch den Wind singende Leadgitarre und im Hintergrund pochendes Drumming machen das kurze Instrumental 'Flug des Greifen' aus, bevor mit 'Gen Wipfel' ein weiterer vollständiger Song an der Reihe ist, der massiver und wuchtiger gestaltet ist, als das Vorstehende. Die Posaune rückt weiter in den Vordergrund und fungiert so streckenweise als Stimmungsträger. Der Vergleich mag sich in Anbetracht des gewählten Blasinstruments aufdrängen und somit abgedroschen wirken, doch ich finde, dass er dennoch passt: Schwarzmetallische Gitarren und das epische Pathos der Posaune lassen mich als Hörer eben unweigerlich an die großartigen SEAR BLISS denken. Dennoch kommen die Bajuwaren den ungarischen Black-Metal-Avantgardisten stilistisch nicht zu nahe, da den Ungarn eben der Hang zum dezent Folkigen, Naturverbundenen weitgehend abgeht.
Nach einem weiteren Zwischenspiel von Mutter Erde, mit Wasserrauschen und Vogelsang, ist 'Nordlicht' tatsächlich auch das am stärksten nordisch klingende Stück der EP. Die Stimmung ist finster und rauh, dramatisch und wild-romantisch. Schwarze Wolken ziehen übers Fjell, oder - der alpinen Herkunft der Band entsprechend - doch eher über den Gottesacker hoch überm Hirschgundertal. Gitarren und Posaune harmonieren hier hervorragend und geben dem Stück eine sehr wilde, ungezähmte Dynamik, die mir sehr gut gefällt und der Band einen ordentlichen Wiedererkennungswert verschafft. Auch das abschließende 'Lichter Wirren' ist eigenwillig, aber auf vertracktere Weise, mit progressiverer Rhythmik. Ein Stück, das nur langsam zündet, auch weil es sehr kurz gehalten und damit vorbei ist, vor man sich richtig rein denken konnte.
Alles in allem ist "Blättertanz" ein sehr schönes Debüt, das außerdem schön aufgemacht ist und viel Liebe zum Detail offenbart. Es präsentiert WALDWIND als junge Band mit Mut zur Eigenständigkeit, aber auch mit dem Mut dazu, es dem Hörer nicht allzu leicht zu machen. Hier und da passiert zu viel auf einmal, um den oberflächlichen Hörer eintauchen zu lassen und ihn dazu zu verleiten, ein tieferes Reinhören zu riskieren. Man muss "Blättertanz" aufmerksam hören, um die produktionstechnisch sehr differenziert heraus gearbeiteten Feinheiten auch wirklich kognitiv wahr zu nehmen und gedanklich zu verarbeiten. Das mag dem einen oder anderen bereits zu anstrengend zu sein und sicher die Geduld mancher Konsumenten überstrapazieren. Daher würde ich - wohl wissend, dass die Band gerade auf das transportierte Gefühl und nicht auf die Hitsingle aus ist - trotzdem vorschlagen, zumindest dem einen oder anderen Stück einen etwas plakativer in Szene gesetzten roten Faden zu verpassen. Das eine oder andere auffällige wiederkehrende Motiv, das den interessierten Hörer mitnimmt und ihm Lust darauf macht, die Band auch dorthin zu begleiten, wo der rote Faden reißt und das Labyrinth der Bäume und Felsen undurchdringlich wird. Beim Debüt muss er noch einiges an Energie selbst mitbringen, um den Nebel atmen zu wollen. Wenn man ihn bei der nächsten Veröffentlichung ein wenig mehr anschubst, dann wird er eher mitgehen, auf die Reise.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle