WANDERING MIDGET, THE - From The Meadows Of Opium Dreams
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2012
Mehr über Wandering Midget, The
- Genre:
- Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nothern Silence / Soulfood
- Release:
- 30.11.2012
- Prince Of Fire
- Temples In The Sky
- She Wolf
- The Forest Lights
Das richtige Album zur richtigen Zeit, um in der Doom-Welt Gehör zu finden.
Nach dem Abtreten des bizarren Priesters aus Lohja ist es an dessen Landsleuten von THE WANDERING MIDGET, die Fahne des finnischen Doom Metals hoch zu halten, und exakt zur Erfüllung dieser würdigen Aufgabe sind die drei Jungs aus Lappeenranta mit ihrem zweiten vollständigen Studioalbum "From The Meadows Of Opium Dreams" angetreten. Stattliche vier Jahre nach dem bärenstarken Vorgänger "The Serpent Coven" liegt das neue Album nun endlich vor und es stellt sich einer Doom-Gemeinde, die darauf sehr ungeduldig und voller Vorfreude gewartet hat.
Schon der mit fünfeinhalb Minuten sehr kurze und knackige Opener 'Prince Of Fire' macht klar, dass sich stilistisch wenig geändert hat. Die Band bewegt sich nach wie vor im Fahrwasser der Genre-Veteranen SAINT VITUS und ihrer oben in Bezug genommenen Landsleute von REVEREND BIZARRE, ohne jedoch die angewiderte Garstigkeit der Ersteren oder die kompromisslose Urgewalt der Letzteren zu erreichen. Bei THE WANDERING MIDGET finden die eingängigen Riffs und der prägnante Refrain des Openers ebenso Platz wie der ausufernde psychedelische Auftakt mit spacigen Leadgitarren beim folgenden Zwanzigminüter 'Temples In The Sky'. Dass hier in erster Linie Tony Iommi und die BLACK SABBATH der Siebziger Pate gestanden haben, hört man in jeder Note und am Klangbild der Riffs.
Da sich Sänger und Gitarrist Samuel Wormius jedoch stimmlich mit seinem tiefen und warmen Timbre ganz deutlich von Ozzy Osbourne abhebt und eher nach Herrn Witchfinder tönt, und da sich zudem die Kompositionen weitaus ausladender und schleppender präsentieren als bei den Briten, sind wir noch immer meilenweit davon entfernt, von einer Kopie sprechen zu müssen. Es finden sich in den ellenlangen Kompositionen immer wieder Twists und Facetten, die kurz aufhorchen lassen, so dass sich eine gewisse Spannung tatsächlich auch über eine Viertelstunde oder gar zwanzig Minuten hält. Gerade wenn am Ende von 'Temples' die Gitarrenwalze richtig Fahrt aufnimmt und massive Riffs von wirren Leads flankiert werden, dann packt der Drache zu und zieht dich mit in seine Höhle.
Ja, es gelingt den Finnen trotz ihrer ausladenden Art und ihres gemächlichen Tempos, den Hörer mitzureißen. Da darf gerne mal ein Akkord dreißig Sekunden ausklingen. Wenn beschwörender Sprechgesang im Stile mancher COUNT-RAVEN-Stück 'She-Wolf' einleitet, dann ist der Doombanger zu Hause und freut sich im Mittelstück des Zwölfminüters über einige Tempoverschärfungen und Riffgrüße gen NWoBHM-Doomsters wie WITCHFINDER GENERAL und zum Schlussdrittels hin auch über eine sehr intensive, spacige Psychedelik-Passage mit starken Backing-Chören, die auch dem BATHORY-Anbeter warm ums Herz werden lassen. Das abschließende 'Follow The Forest Lights' gebärdet sich danach erzählerisch, märchenhaft, melodisch und im Duktus leicht folkloristisch, und durch die hier und da durchaus deutlich rauer werdenden Gesangsmomente auch sehr leidenschaftlich.
Um zum Schluss nicht falsch verstanden zu werden, weise ich nochmals deutlich darauf hin, dass all die vorgenannten Referenzen lediglich kleine Verneigungen und kurze Zitate sind. THE WANDERING MIDGET ist keine Band, die es nötig hat, sich ins Kielwasser der Vorbilder zu werfen oder ein wirres Potpurri aus Fremdeinflüssen zu fabrizieren. Für das eine ist der Gesamtsound zu eigen und zu schlüssig, und für das andere sind die Einflüsse und eigenen Ideen zu vielfältig. Gerade die ausladenden instrumentalen Passagen, bei denen die einsam singende Leadgitarre völlig im Mittelpunkt steht, geben der Band ein sehr eigenes Antlitz. Damit hat das Trio vielleicht das richtige Rezept und den richtigen Zeitpunkt gefunden, um sich in die vordere Reihe der Doombands zu spielen. Schossen zur Zeit der Veröffentlichung des Debüts nämlich die Doombands und ihre Scheiben noch wie die Pilze aus dem Boden, wirkt die Szene heute doch deutlich ausgedünnter. Manch große Band ist abgetreten oder inaktiv, um viele Trittbrettfahrer ist es sehr still geworden, die Teilzeit-Retro-Rocker haben einen neuen Hype gefunden, und im klassischen Doom ist nun viel mehr Platz für manches zarte Pflänzchen, das nun richtig aufblühen kann. Es wäre THE WANDERING MIDGET zu wünschen, dass die Menschen diese Blüte auch wahrnehmen, denn "From The Meadows Of Opium Dream" gehört zumindest für mich fraglos zu den fünf besten Doom-Alben des Jahres.
Mehr zu diesem Album:
Soundcheck 11 / 2012
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle