WAY TO END - Various Shades Of Black
Mehr über Way To End
- Genre:
- Avantgarde Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Les Acteurs De L'Ombre Productions/ Plastic Head
- Release:
- 29.03.2013
- Sous Les Rangs (Intro)
- L'Apprenti
- Evolution Fictive
- Vain
- Aganippe (Instrumental)
- La Figure Dansante De L'Incomprehension
- À Mon Ombre
- Au Fond D'Un Verre De Poussière
- IXTAB (Instrumental)
- La Ronde Des Muses Fanées
- Various Shades Of Black
Auf verschlungenen Pfaden in die Schwärze...
So langsam dürfte es sich herumgesprochen haben, dass Frankreich mit die lebendigste Black-Metal-Szene hat und in dieser Hinsicht eine Fülle an außergewöhnlichen, merk-würdigen Bands aufbieten kann. Daneben gibt und gab es interessanter Weise schon immer diverse starke Labels in unserem Nachbarland, welche sich auf das Genre spezialisiert haben: Osmose und Season Of Mist sind sicher jedem aus der Szene ein Begriff, ebenso wie die etwas jüngeren Debemur Morti Productions oder das Aushängeschild der Orthodoxen Szene, Norma Evangelium Diaboli. Nun gesellt sich ein weiterer Emporkömmling zu diesem illustren Kreis, namentlich Les Acteurs de l’Ombre Productions (kurs: LADLO), welche diesen Freitag einen interessanten Dreischlag veröffentlichen. Teil dieses Tripels sind auch WAY TO END.
Gegründet 2006 in der Normandie, bringen WAY TO END mit "Various Shades Of Black" ihr nunmehr zweites Album raus, verwurzelt im Black Metal, doch weit über die Genregrenzen hinausstrebend, sie selbst stets erweiternd. Da man eine klassische vier-Mann-Besetzung mit zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug fährt (der Gesang wird anscheinend brüderlich geteilt), sind die verwendeten Mittel und Ausdrucksweisen sattsam bekannt, ihre Anwendung, die Art der Arrangements, Harmonik und Strukturen jedoch steuern selten betretene Ufer an. Die Einflüsse aus der klassischen und zeitgenössischen "E-Musik" sind unüberhörbar und, so ernsthaft wie hier umgesetzt, eine Seltenheit in der kompletten Szene. So ergeht man sich gerne in neoklassisch anmutenden, langen, bandwurmartigen Akkordverschiebungen wie zum Ende von 'L'Apprenti'. Bei oberflächlichem Hören wären ihre Logik und ihr Ende nie abzusehen, und auch einen konzentrierten Hörer werden die Wendungen, die die Stücke als Ganze auch nehmen, zwangsläufig oft überraschen. Der Einfluss aus der Moderne hat zur Folge, dass man ab und zu mal etwas an die neueren Sachen von ABIGOR erinnert wird, siehe zum Beispiel der Anfang von 'Au Fond D'Un Verre De Poussière' oder in 'Vain' an die von DEATHSPELL OMEGA vor allem auf "Si Monumentum Requires, Circumspice" verwendete Harmonik erinnert wird. Die verwendeten Tempi sind dabei zwar verschieden, loten aber nie die Extreme zwischen wirklich schleppender Majestät oder rasendem Überschall-Black-Metal aus, sondern schwanken eher um ein gesundes Mittel herum. Gerade ab der zweiten Hälfte wird vermehrt im ¾ Takt musiziert, was gerade in den ruhigeren Passagen oft etwas von einem morbiden Walzer hat und an FOREST OF STARS erinnern mag. Typische Stilmittel über fast alle Songs verteilt sind von der Gitarre gespielte, gebrochene Akkorde in Achteln, wie man sie etwa von DISSECTION her kennt, an die 'À Mon Ombre' etwas erinnert – das vielleicht zugänglichste Stück auf "Various Shades Of Black" und definitiv das klassischste im Sinne klassischen Black Metals. Viele akustische und semi-akustische Breaks tragen das Ihre zu den verwinkelten und verwirrenden Songstrukturen bei und erinnern mich, gerne von dezent jazzigem Schlagzeug begleitet, auch mal an Sachen wie die Tech-Deather OBSCURA. Man sieht, die Einflüsse, welche WAY TO END hier verarbeiten sind mannigfaltig, ein weiteres Beispiel sei noch das Intro 'Sous Les Rangs' mit seiner tangoartigen Rhythmik zu einer schrägen Melodie, die schon ganz zu Anfang klar macht, was einem auf diesem Album erwartet.
"Various Shades Of Black" ist auf seltsame Weise widersprüchlich und es stellt sich die Frage, wie bewusst diese Widersprüche Teil des Konzepts von WAY TO END an sich sind: Man strebt nach struktureller Komplexität, doch gerade der gerne eingesetzte ¾ Takt droht schon fast zu ermüden; die Gitarren schielen durchaus in Richtung etwas Virtuosität (wenn man im Auge behält, dass es keine Soli im eigentlichen Sinne gibt) und doch wirken sie manchmal verstimmt und unsauber gespielt; vom Gesang heißt es, dass man auf ihn extra viel Aufwand verwendet hätte, und in der Tat ist er vielfältig und gerne auch vielstimmig und trotzdem immer wieder schief intoniert – kurz und gut, der Komponist und die Musiker, die seinen Noten zu Klang verhelfen, müssen Leute sein, die definitiv wissen was sie tun. Und doch wirkt "Various Shades Of Black" gerne unvollkommen und nie poliert, zumal der Sound selber recht verhalten, nicht auf Druck bedacht ist, was aber wiederrum auch generell an der Musik selber liegt.
Dieses Album ist sicherlich nichts für den Durchschnitts-Metal-Hörer und auch nicht jeder, der sofort auf das Wort Avant-Garde steil geht, wird "Various Shades Of Black" goutieren können. Wenn man aber Freude an solcher Form von "Kopfsport-Musik" hat, sich auf das Album einlässt und wirklich einmal schafft konzentriert diese Musik zu hören – so man dazu in der Laune ist, die muss man definitiv haben – dann kann der Zweitling der Franzosen einem viel Freude bereiten. Dabei erreicht man nicht ganz die Klasse an fanatischem Wahnsinn, der die Werk DEATHSPELL OMEGA´s trägt, oder die vertrackte Modernität neuer ABIGOR, auch die Virtuosität von OBSCURA ist hier nicht zu finden und ebenso wenig die elegische, klirrende Kälte von DISSECION. Aber letztendlich wollen A WAY TO END dort auch nicht hin, die Ausrichtung, das Konzept ist jeweils auch ein anderes. Komplexe Musik, immer ein Schritt dem typischen Black Metal voraus wollen sie erschaffen und das gelingt ihnen auch. Wie gut man das findet, muss jeder für sich entscheiden und ich kann gut verstehen, wenn man feststellt, dass einem da durchaus zwei Herzen in der Brust schlagen.
Anspieltipps: L'Apprenti, Vain, A Mon Ombre
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Christian Schwarzer