WHEN ICARUS FALLS - Resilience
Mehr über When Icarus Falls
- Genre:
- Post Metal / Post Hardcore
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Czar Of Bullets / Soulfood
- Release:
- 21.04.2017
- One Last Stand
- Into The Storm
- The Lighthouse
- Resilience
- A Blue Light
Dieser Ikarus steigt in ungeahnte Höhen hinauf.
Die griechische Mythologie kennt den Fall des Ikarus als bedeutsames Beispiel für die Folgen von Übermut (Ikarus flog zu nah an die Sonne, verlor seine Flügel und stürzte ins Meer). Das Quintett, das sich nach diesem Ereignis benannt hat, könnte mit dem vierten Longplayer namens "Resilience" aber so richtig ins Fliegen kommen, denn den Schweizern ist damit ein spannendes und musikalisch ausgewogenes Werk gelungen.
Der Auftakt 'One Last Stand' besteht aus einer flirrenden, sich stetig wiederholenden Gitarrenmelodie, zu der sich gesprochene Vocals gesellen - doch mündet das Ganze nicht in ausladende Klangflächen, wie sie typisch für Post-Rock/Metal sind, sondern bleibt zurückgenommen und gedämpft, so dass man beispielsweise an MY SLEEPING KARMA oder GLOWSUN (in deren ruhigen Momenten) denken kann. Doch WHEN ICARUS FALLS kann auch anders, das zeigt die Band mit der deutlich kompakteren Nummer 'Into The Storm', die sich steigert und am Ende mit rauhem Geschrei (stilistisch die Screamo-Ecke) ausklingt. Noch intensiver kommt dieses Stilelement im Folgenden bei 'The Lighthouse' zur Geltung und es reift die Erkenntnis, dass WHEN ICARUS FALLS nicht bloß eine weitere Post-Rock-Combo ist (nicht abwertend gemeint, da gibt es einiges Herausragendes in dem Bereich), sondern vielmehr auch eine Nähe zu ISIS und NEUROSIS offenbar wird. Hier werden atmosphärische Klänge mit Post-Hardcore-Elementen vermischt, was für den ein oder anderen wohligen Schauer sorgt - vor allem, wenn beides kombiniert wird. Auch die Spoken-Words-Passagen wirken, obwohl zumeist etwas in den Hintergrund gemischt, fast schon erstaunlich griffig und dicht und sorgen in Abwechslung mit dem heiseren Schreien für viel Variabilität - Klargesang braucht es da gar nicht als Gegenpol.
Mit dem Titeltrack 'Resilience' kommt dann doch noch eine typisch anmutende Post-Rock-Nummer, doch ist diese so wunderbar geraten, dass sich jegliches Meckern verbietet. Eine fantastische und eingängige Klangwelt von mitreißender Schönheit. 'A Blue Light' ist dann mit fast zwölf Minuten Länge ein passender Ausklang, der die verschiedenen Gesichter der Band noch einmal unter einen Hut bringt - inklusive Stampfe-Riff mit heiseren Screams ganz zum Schluss als Grande Finale, was wiederum eine Band wie KYLESA ins Gedächtnis ruft.
Fazit: Eine musikalisch sehr fähige Band, die immer wieder aus dem Post-Rock/Metal-Korsett ausbricht und zumindest in weiten Teilen genügend Abwechslung und viele packende Momente bietet. Lediglich der Opener 'One Last Stand' ist für meinen Geschmack etwas zu lang ausgefallen - im Vergleich dazu vergehen die achteinhalb Minuten des tollen Titeltracks wie im Flug. Auch wenn in allen drei Longtracks auf "Resilience" repetitive Schleifen gedreht werden, macht es eben einen Unterschied, ob es nur wie das Hinarbeiten auf einen Höhepunkt wirkt, der dann doch nicht kommt ('One Last Stand'), ob ein Song durch verschiedene Brüche gekonnt "am Leben" gehalten wird ('A Blue Light') oder ob eine Passage so mitreißend ausgefallen ist, dass man sich quasi nicht daran satt hören kann ('Resilience').
Fragil oder verträumt sind die Klanglandschaften von WHEN ICARUS FALLS dabei so gut wie nie, denn es ist immer eine gewisse Intensität oder gar Hektik spürbar, zudem gibt das Schlagzeug häufig einen recht flotten Rhythmus vor, was den Songs äußerst gut zu Gesicht steht. Prädikat: wertvoll.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer