WHOREDOM RIFE - Den Vrede Makt
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/24
Mehr über Whoredom Rife
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Terratur Possessions / Ván
- Release:
- 31.05.2024
- Den Vrede Makt
- Fiender
- Hevnens Rett
- Phantom Sword
- Ravenous
- The Beautiful End Of All
Die Definition dafür, wie mitreißend norwegischer Black Metal anno 2024 noch sein kann.
Zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts verdichtete sich eine zunächst eher lose Reihe junger Bands aus Trondheim und Umgebung zu einer immer stärker werdenden Bewegung, und heute, gut anderhalb Jahrzehnte später, ist es weithin unstreitig, WHOREDOM RIFE zur absoluten Speerspitze des Nidrosian Metals zu zählen. Wenn also dieser Tage deren Viertling "Den Vrede Makt" über das bewährte Szene-Kultlabel Terratur Possessions in die Regale gelangt, dann können wir sicher sein, dass jener Teil der Szene, der sich nicht allein auf die alten Flaggschiffe der Neuziger versteift hat, bereits sehnsüchtig darauf wartet, und das - ich nehme es vorweg - mit berechtigter Vorfreude.
Bereits das erneut von Jose Gabriel Alegría Sabogal stammende, diabolische Artwork versetzt den geneigten Schwarzmetaller in die richtige Stimmung, denn es mutet an wie eine toll umgesetzte diabolische Inversion mittelalterlicher Sakralkunst. Doch auch der Auftakt des musikalischen Œuvres mit dem Titelstück setzt vom Fleck weg Akzente: V. zupft ein kurzes, melancholisches Intro auf den stählernen Saiten seiner E-Gitarre, das vor den sphärischen Klängen eines Keyboards erklingt, bevor exakt zur Zählzeit 0:43 ein rasendes Inferno aus sich überschlagenden Strumming-Riffs und einem wild blastenden Schlagzeug über den Hörer hereinbricht. Doch ganz so, wie es dereinst BATHORY auf "Blood Fire Death" zelebriert hat, durchziehen die so ungezügelte wie epische Raserei stets jene unwiderstehlichen, finsteren Gitarrenleads. Immer wieder packt den Hörer eine sinistre und doch verführerische Melodie am Genick, als wirke die Band betörende Hexerei. Dazu kommandiert K.Rs grollender, dunkler, stark phrasierter Gesang, gleich einem Heerführer eine Armee böser Geister.
Auf einen bärenstarken Einstieg folgt mit 'Fiender' direkt der nächste Paukenschlag, denn das Stück verbindet auf ganz besondere Weise die düster-okkulte Stimmung von WATAIN, mit der dissonanten Leadgitarrenarbeit von DEATHSPELL OMEGA und der so grimmigen wie komplexen und schwer verdaulichen Raserei modernerer MAYHEM-Werke. Hier wird der Black Metal zelebriert wie aus dem Lehrbuch, auf die althergebrachte Weise, und ohne die Grenzen des Genres zu sprengen. Doch wie 'Hevnens Rett' zeigt, geschieht das alles einerseits auf eine musikalisch vollendete Art, und andererseits auch mit besonders viel Kreativität und Ernsthaftigkeit, schlicht mit äußerster Hingabe ans gewählte Metier. So erinnert der dunkle, gruftige Auftakt stark an die Spätneunziger-Werke von GEHENNA, während die sich anschließenden, komplexen Arrangements von Keyboard und Gitarre mehr als nur einen Hauch EMPEROR atmen. Dazu würden der eingängige Groove und der mitreißende Drive der Hooklines auch SATYRICON oder TAAKE zur Ehre gereichen.
Die zahlreichen genannten Referenzen sollen jedoch bitte nicht falsch verstanden werden: WHOREDOM RIFE klingt durch und durch unverkennbar. Das Duo musiziert zudem auf einem Niveau, das es höhnisch und ungerecht erscheinen ließe, die Band auf ihre Einflüsse zu reduzieren. Vielmehr sollen die genannten musikalischen Ahnen nur zeigen, wie sehr die nordische Black-Metal-DNA in jeder Faser von WHOREDOM RIFE steckt. Gleichwohl ist das Gesamtpaket nicht nur rundum überzeugend, sondern eben auch im künstlerischen Ausdruck, als Gesamtwerk, bemerkenswert eigenständig. Das belegt etwa 'Phantom Sword' durch die sehr organisch und unaufgesetzt klingende Kombination des Blizzard-Riffings mit der vom Keyboard erzeugten Stimmung einer gotischen Kathedrale und dem dahinter räudig pumpenden Drumbeat. Das folgende 'Ravenous' indes setzt auf einen wild galoppierenden Rhythmus, sowie auf die Wirkmacht eines isolierten Leadgitarrenmotives, das als klagendes Solo das letzte Drittel des Stücks abhebt.
Wenn schließlich das letzte Stück den Titel 'The Beautiful End Of All' trägt, mag man durchaus eine zynische Botschaft der Protagonisten in Erwägung ziehen. Doch wie auch immer man die Titelwahl konnotieren und die Lyrik lesen möchte: Es ist wahr! Der Hinausschmeißer ist nämlich tatsächlich eine wunderschöne, getragene, grimmige Black-Metal-Moritat: schleppend, eiskalt, beschwörend, manisch, hingebungsvoll, episch und grandios gesungen. WHOREDOM RIFE liefert mit "Den Vrede Makt" die Definition dafür, wie mitreißend norwegischer Black Metal anno 2024 noch sein kann.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle