WINDS - Imaginary Direction Of Time
Mehr über Winds
- Genre:
- Progressive Black Metal
- Label:
- The End
- Release:
- 12.07.2004
- What Is Beauty?
- Sounds Like Desolation
- Theory Of Relativity
- Visions Of Perfection
- The Fireworks Of Genesis
- Under The Stars
- A Moment For Reflection
- Time Without End
- The Final End
- Beyond Fate
- Silence In Despair
- Infinity
Ein himmlisches Lüftchen weht durch den heißen Metal-Sommer 2004: "Winds" legen mit "The Imaginery Direction Of Time" ihr drittes Meisterwerk vor und steuern damit direkt in die Sonne. War der Erstling "Of Entity And Mind" noch zutiefst melancholisch und schwermütig, wie das in kosmisches Blau getauchte Artwork dazu, finden sich nun Leichtigkeit und Lösgelöstheit vom irdischen Jammertal als neue Qualitäten in der Spielart der vier mit göttlichem Talent gesegneten Musiker. Entsprechend "sonnig" ist auch die Ausschmückung des Songbooks ausgefallen: Interstellare Gas- und Nebelwolken, schwarze Löcher und Lorenz-Attraktoren umspielen in den Farben des Feuers die wie gehabt philosophischen Texte. Noch immer scheint die Frage "Was tue ich hier in diesem riesigen Gefüge?" im Mittelpunkt der Lyrics von Keyboarder Andy Winter zu stehen. Doch hieß es auf dem Debüt der Norweger noch "As the skies darken the world/ Fallen are the stars...", geht es nun ins Licht: "Spread your wings and fly/ Fly towards the open sky/ Be free". Der Song dazu hat den Titel 'Vision Of Perfection' - er könnte ohne weiteres auch als Leitspruch für das musikalische Tun seiner Schöpfer durchgehen.
Jenseits irgendwelcher Genre-Grenzen ziehen diese Männer alle Register der Spielkunst, schöpfen dabei ganz tief aus eigenen Kräften und Herzen, absolut emotional, aber ohne jemals in Kitsch zu verfallen, eben weil sie sich allen Klischees völlig entziehen und ihre Musik nicht mit bisher Dagewesenem zu vergleichen ist. Die Historie ihrer Macher lässt auch nichts anderes erwarten: Jan Axel von Bloomberg hört ansonsten auf den Namen Hellhammer. Unnötig zu erwähnen, dass dieser norwegische Wunderknabe am Schlagzeug bereits bei MAYHEM, THE KOVENANT und ARCTURUS die Stöcke schwang. Gitarist Karl August Tidemann war ebenfalls als Session-Musiker bei ARCTURUS an den beiden Meisterwerken "Aspera Hiems Synfonia" und "La Masquerade Infernale" beteiligt. Lars Eric Si (bekannt von KHOLD) am Bass verleiht WINDS seine unverwechselbare Stimme.
Wunderschöne, mal leise gebrochene, dann wieder kraftvoll anschwellende Vocals, ein dunkler und hohe Geschwindigkeiten nicht scheuender Bass, violinen- oder cellohaft gespielte Gitarren, hammerhartes und dennoch feinfühliges Highspeed-Drumming, Klaviere, Geigen - all das stürzt den Hörer sofort in überirdische Wirbelstürme, lässt ihn kurz ruhen, um ihn dann sofort wieder aufzunehmen und mitzureißen in Höhen und Tiefen, herauf zum Himmel, ins All, zu den Sternen und dann wieder zurück zur Erde. Das Ganze geschieht im Rahmen einer unmöglich guten Produktion. Auf ähnlich hohem kompositorischen Niveau bewegen sich zur Zeit wohl nur noch GREEN CARNATION und BORKNAGAR, wobei Letztere mit "Epic" bei weitem nicht an die Intensität von "Into The Imaginary Direction Of Time" heranreichen, weil sie zu viel Wert auf die Zurschaustellung ihrer Fähigkeiten am Instrument legen. Darum geht es WINDS nicht. Spielerisches Können ist für sie eine Selbstverständlichkeit und "nur" das Werkzeug, um der tosenden inneren Gefühlswelt einen Ausdruck zu verleihen. Ob nun klassisch, progressiv, metallisch oder weiß der Teufel was - hier geht's einfach um gute Musik. Und in dieser Hinsicht kann den "Winden" im Moment keiner das Wasser reichen.
Wer sich mit WINDS auf ihre Reise durch Zeit und Raum begibt, muss ja nicht gleich in Grübeleien über Quantenphänomene und Biophotonen verfallen. Es reicht auch, sich in die Sonne zu setzen und zu freuen, dass Licht allgemein gut ist fürs Leben. Letztlich geht's ja doch zurück in den Schatten: "I return to the shadow/ By which I am destined to dwell/ Beginnings and ends are the same here/ And everything else passes in silence".
Und wer sich jetzt fragt, was verdammt noch mal ein Lorenz-Attraktor ist: einfach mal hier anklicken und die neue WINDS dazu anhören! Dann wird man feststellen, dass ihre Musik zum Teil den selben chaotischen Schleifen folgt wie dieses Modell der Chaosforscher. In diesem dreidimensionalen Gebilde wird keine Bahn zweimal beschrieben und nie ist vorauszusehen, welcher Weg als nächstes eingeschlagen wird. Wie bei WINDS. Donnerwetter!
Anspieltipps: Jeder Takt. Das Scheibchen ist von vorne bis hinten durchkomponiert. Ausfälle gibt es nicht.
- Redakteur:
- Wiebke Rost