WINGER - Seven
Mehr über Winger
- Genre:
- Hard Rock / Melodic Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Frontiers Music / Soulfood
- Release:
- 05.05.2023
- Proud Desperado
- Heaven's Falling
- Tears Of Blood
- Resurrect Me
- Voodoo Fire
- Broken Glass
- It's Okay
- Stick The Knife In And Twist
- One Light To Burn
- Do Or Die
- Time Bomb
- It All Comes Back Around
Der Espresso unter den Neuerscheinungen – dunkel, stark und mit einer Vielfalt an Aromen.<br />
In Deutschland war WINGER ja nie eine große Nummer, aber in den USA waren vor allem die beiden ersten Alben "Winger" (1988) und "In The Heart Of The Young" (1990) extrem erfolgreich und wurden mit Platin ausgezeichnet. Auch in Japan konnte die Band sehr viele Platten absetzen. Zu diesem Zeitpunkt stand Hair Metal hoch im Kurs, und WINGER entsprach auch optisch den Anforderungen an dieses Genre. Dieses Image haftet den Musikern wohl noch heute an. Zu Unrecht! Der dritte Langspieler "Pull" spielte dann nicht mehr die kommerzielle Karte und die Plattenverkäufe gingen entsprechend zurück, aber bei Fans und Kritikern gilt "Pull" als Meilenstein. Mitte der 90er wurde die Band von einem Bulldozer mit dem hässlichen Namen Grunge überrollt, der Erfolg blieb aus, und die Auflösung der Truppe 1994 war folgerichtig. Nach der Reunion wurden weitere Alben eingespielt, die aber nie an den kommerziellen Erfolg der frühen Phase anknüpfen konnten. Mit "Seven" präsentiert sich WINGER wieder in der Originalbesetzung des ursprünglichen Quartetts plus Gitarrist John Roth, der schon 1992 dazustieß. Und – was soll man sagen? – die Chemie stimmt einfach.
Der erste Song 'Proud Desperado' ist gleich ein echter Kracher mit großartiger Strophe und einem fantastischen Chorus. Kip Wingers charismatische Stimme überglänzt diesen Opener der Extraklasse. Das leicht melancholische 'Heaven's Falling' ist auch ganz wunderbar. In den Refrain möchte man sich fallen lassen, und auch das Solo ist grandios. Beim Anfangsriff von 'Tears Of Blood' dachte ich zuerst, dass SLAYER einen Gastauftritt hätte. Neben 'Proud Desperado' ist dies definitiv einer der besten Hard-Rock-Songs, die ich in den letzten Jahren hören durfte. Nach diesen drei Granaten fällt die Qualität der meisten folgenden Tracks zugegebenermaßen ein wenig ab. Die schleppenden und irgendwie ausgebremst wirkenden Sücke 'Voodoo Fire' und 'It's Okay' gefallen mir am wenigsten, aber selbst hier sitzt jeweils der Refrain, und einen gewissen Groove kann man WINGER nicht absprechen. Mittlerweile sind beide Titel in meiner Gunst aber etwas gestiegen. Vielleicht brauchen sie noch etwas Rotationszeit.
'Stick The Knife And Twist' beginnt ähnlich wie 'Blackout' von den SCORPIONS – ein waschechter Rocker im Stil von WHITESNAKE auf dem künstlerischen Höhepunkt. Die Gitarren duellieren sich auf höchstem Niveau.Natürlich darf auch eine Ballade nicht fehlen. 'Broken Glass' ist schon recht kommerziell, hat aber die richtige Balance zwischen sanften und dynamischeren Passagen. Der Chorus ist ein echter Ohrenschmeichler. 'Broken Glass' sollte in keiner Kuschel-Playlist fehlen. Einen weiteren Glanzpunkt markiert das abschließende 'It All Comes Back Around', das eine ganze Palette an Emotionen bereithält.
Die Arrangements der zwölf Stücke machen klar, dass hier fünf Profis mit viel Erfahrung musizieren. Die Chöre, die ab und zu sogar in Richtung Gangshouts tendieren ('Do Or Die'), werten die Songs auf. Auch die knackige Produktion macht richtig Spaß. Die Gitarren klingen satt und aggressiv, die Drums wuchtig, aber nie künstlich. Hinzu kommt, dass den Stücken eine gewisse Dunkelheit innewohnt. Das kommt ihnen unbedingt zugute, denn dadurch haben sie immer Tiefe.
"Seven" ist in seiner ganzen Anlage sehr abwechslungsreich. Kein Song gleicht dem anderen, und selbst innerhalb der Tracks passiert eine ganze Menge. Bestes Beispiel ist das schon erwähnte 'Do Or Die', das balladesk beginnt und sich dann in eine ganz andere Richtung entwickelt. Bei Hard Rock lege ich immer sehr großen Wert auf den Gesang, und so macht sich Kip Wingers großartige Performance auch in der Note bemerkbar. So, und jetzt gönne ich mir noch einmal 'Proud Desperado'.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Jens Wilkens