WITHOUT FACE - Astronomicon
Mehr über Without Face
- Genre:
- Progressive Gothic/Doom Metal
- Label:
- Earache / SPV
- Release:
- 01.07.2002
- Weird Places
- Pit And Pendulum
- ... In The Garden
- The Violin Of Erich Zann
- Talamasca
- Daimonion
WITHOUT FACE, die ungarische Combo, die uns mit Progressive Gothic / Doom Metal in wilder Kombination erfreuen wollen, hatten erst Ende letzten Jahres das Glück, bei einem amerikanischen Label unterzukommen und durften direkt ein Re-Release ihres ersten Albums erleben; wir berichteten darüber; getourt wurde an der Seite von THE GATHERING, ANATHEMA oder THE KOVENANT. Dieser Erstling der 1997 gegründeten, inzwischen nur noch sechsköpfigen Formation war nicht allzu erbaulich, allzu wirr und unharmonisch gestaltete sich der Versuch, verschiedenste Stile zu vereinbaren. Wie Sängerin Juliette – die übrigens eine Augenweide zu sein scheint, dem Bandfoto nach – sagte, schreiben alle an den Songs mit und bringen ihre Ideen ein, die dann vermengt werden; leider ist dieser Versuch nicht geglückt zuvor.
Wenn einem Opener „Weird Places“ des aktuellen Albums „Astronomicon“ um die Ohren schrebbelt, beschleicht den Hörer das unsanfte Gefühl, dass sich nicht viel gebessert hat; allzu trashig wirkt der Aufbau und das Geöle an Keyboards und Gitarren nervt selbst nach dem zigsten Durchlauf noch, nach meiner Ansicht war diese Eröffnung eine schlechte Wahl, auch wenn es das schnellste und kraftvollste Stück auf dem Album ist. Denn die nachfolgenden Songs können sich durchaus hören lassen, wenn man die Harmonie nach einigen Durchläufen verinnerlicht hat. Der Stil dieser Nachfolgestücke geht schwer in Richtung AFTER FOREVER, wobei der Anteil an Doom-Material wesentlich höher ist. Und so sind auch diese eher langsamen, intensiven Passagen die wahre Stärke von WITHOUT FACE. Hier gelingt auch das Zusammenspiel zwischen weiblich-atmosphärischem Gesang und männlichen Vocals, die zwischen cleanen Formen und aggressivem Grunting wechseln, in angenehmer Weise und immer wieder dringen unaufdringliche Melodien hindurch, die nach mehrfachem Hören hängen bleiben, wie beispielsweise bereits beim kraftvollen „Pit And Pendulum“ oder beim einprägsamen Refrainpart von „The Violin Of Erich Zann“. Gerade die Tatsache, dass die Musik erst nach und nach zugänglich wird, macht dieses Album so interessant.
Genanntes Stück geht nahtlos in „Talamasca“ über, und spätestens jetzt wird ein ab dem zweiten Song einsetzendes Gesamtbild offenbart, das erkennen lässt, dass die Phase des kompositorischen Strukturchaos’ durchlebt ist und ein sehr individueller Stil sich als roter Faden durch das Album zieht. Dummerweise leidet dieser fünfte Song an einer bereits beim Opener sichtbaren Schwäche: Dominante Passagen werden allzu oft wiederholt und strecken so manche Stelle bis zur Langeweile. Das sollte ausgebügelt werden, auch wenn die Songs dann nicht die erfreulichen acht Minuten Länge überspannen. Abgeschlossen wird das Album von der rein akustisch gehaltenen Ballade „Daimonion“, die sich wirklich hören lassen kann und das klassisch-musikalische Vermögen der Band aufzeigt. Wenn WITHOUT FACE noch an den Schwachstellen feilen, und eine Entwicklung zeichnet sich ab, dann könnte die Musik so einiges zu bieten haben, interessant genug ist der Stil allemal. Und bis auf den Ausrutscher mit dem ersten Stück bekommt man eine dreiviertel Stunde Musik geboten, die sich von der Masse abzuheben weiß.
Anspieltipps: Pit And Pendulum, The Violin Of Erich Zann, Daimonion
- Redakteur:
- Andreas Jur