WOLFREDT - Tides
Mehr über Wolfredt
- Genre:
- (Post) Rock / Instrumental
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Moment Of Collapse
- Release:
- 18.09.2020
- The Flood
- Walrus Song
- Colossus
- Ghost In The Machine
- The Forgotten Man
- Moebius Strip
- The Ebb
Das Auf und Ab der Gezeiten als Postrock mit Metallanstrich.
Aus Tallinn, der Hauptstadt Estlands, stammt diese Band, die ursprünglich als Projekt von Margus Voolpriits begonnen hat und mit dem dieser bereits zwei Alben veröffentlicht hat. Im Laufe des kreativen Prozesses für "Tides" wurde das Fundament jedoch um drei weitere Musiker erweitert. Ob sich das wirklich so stark niedergeschlagen hat, kann ich nicht beurteilen, ist aber auch nebensächlich, was zählt, ist, dass "Tides" ein wirklich gelungenes Dreiviertelstündchen moderner Postrock geworden ist.
Auch wenn es mit 'The Flood' relativ brachial beginnt und dabei nur deswegen nicht in Noise oder Sludge abdriftet, weil es einfach zu sauber produziert ist, ist dies nicht charakteristisch für das Album. Was auch gut ist, denn ich muss zugeben, dass 'The Flood' leider zu den weniger gelungenen Kompositionen zählt und mit seiner Unnachgiebigkeit sein Willkommen überstrapaziert, da es deutlich über fünf Minuten lang ist. Nach der Hälfte ermüdet der Hörer und sehnt sich nach Melodie. Hilfe bringt das Walross in 'Walrus Song'. Immer noch heavy schleicht es sich an und sorgt für die gewünschten harmonischen Bögen und genretypischen Riffrepetitionen, doch im zweiten Teil kehrt WOLFREDT wieder zurück zum Noise.
Nach den ersten beiden Liedern dachte ich, wir passen nicht zusammen, "Tides" und ich, aber mit 'Colossus' schafft es die Band, ihre doomige Heavyness mit den von mir erhofften Post-Rock-Melodien zu kombinieren. Jetzt agieren die vier Esten feinfühliger und schaffen erstmals, schwelgerische Soundteppiche über einem Ambient-Boden zu weben. Auch hier wird es zwischendurch wieder heavy, aber eben mit stärkeren Melodien.
Dass WOLFREDT im Herzen eine Metal-Band ist, zeigt auch 'Ghost In The Machine', aber mit 'The Forgotten Man' nimmt die Band dann den Fuß vom Gas und kreiert dabei fast beiläufig den gefühlvollsten Track auf dem Album. Ja, das klingt nach den Gezeiten, langsam anschwellend und in der zweiten Hälfte dann wieder kraftvoll bis zum lauten Höhepunkt. 'Moebius Strip' folgt zuerst einem ähnlichen Muster, wird aber von einem elektronischen Mittelteil unterbrochen und wandelt sich dann in eine zweite Hälfte, die wieder laut und ungestüm klingt, bevor das längste Stück 'The Ebb' langsam und unaufhörlich dem Ende entgegenwalzt.
WOLFREDT hat mit "Tides" ein sehr ordentliches Album geschaffen, dass sich nicht nur in den üblichen Postrock-Gefilden tummelt, sondern tatsächlich auch schwer rockt. Ich denke, live dürfte die Band noch eine Schippe drauflegen, aber auch auf Konserve verzerrt die Band in alle Richtungen und schafft einen interessanten Klangkosmos, der allerdings nicht so gefühlvoll daherkommt wie es andere Genrevertreter vermögen. Postrock also ja, aber der Samthandschuh bekommt hier ein metallisches Gerüst. Interessant!
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger