WOODS OF YPRES - 4 - The Green Album
Mehr über Woods Of Ypres
- Genre:
- Doom/ Black Metal/ Rock/ Klassik/ Akustik
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Earache Records
- Release:
- 22.03.2011
- Shards Of Love (Hurt Forever)
- Everything I Touch Turns To Gold (Then To Coal)
- By The Time You Read This (I Will Already Be Dead)
- I Was Buried In Mount Pleasant Cemetery
- Into Exile: "Can You Get Here In 10 Days?"
- Pining (For You)
- Wet Leather
- Suicide Cargoload (Drag That Weight!)
- Halves And Quarters
- You Are Here With Me (In This Sequence Of Dreams)
- Retrosleep In The Morning Calm
- Don't Open The Wounds / Skywide Armspread
- Natural Technologies
- Mirror Reflection & the Hammer Reinvention
- Our Union (In Limbo)
- Move On! (The Woman Will Always Leave The Man)
Endlich, endlich, endlich...
Das ist eine dieser nicht nachvollziehbaren Geschehnisse des eigentlich so dicht vernetzten globalen Dateninfoaustausches. Dass diese kanadische Band WOODS OF YPRES nicht viel tiefer in das Bewusstsein der metallenen Gesellschaft eingedrungen und vor allem verblieben ist. Es senden rumänische Krautrocker, israelische Folker, indonesische Crustcorer ihre Ergüsse in das fettgedampfte Weltweitnetz. Und dieser Vierer aus einem der durchtechnologisiertesten Staaten des Erdenrunds sind nach nunmehr vier Alben immer noch Dornröschen.
Aber mit herrlichen Rosen drumherum. Mit einer wäldernen Vergangenheit, Gegenwart und bestimmt auch Zukunft in der schnellstens erreichbaren Abgeschiedenheit tiefster unberührter Waldungen. Dass diese Anblicke und Gerüche schon unüberblickbaren Herrscharen von Wurzeltrollen, Gothikelfen, verdrehten Norwegern oder Eremiten zu künstlerisch-poetischen Ausdrücken verhalfen ist bekannt und nicht verwunderlich. Hier kann sich Zeit gelassen werden, jeder Farn auch mal dreimal gewendet und sich in Moos und Rinde gewandet werden.
Als Nebeneffekte dieser selbst gewählten Abkehr vom Trubel der urbanen Molocheien verhelfen sie uns, der Restwelt, manchmal zu tollen "Elben"-Alben. Um mal eines dieser folkigen Klischees zu bemühen.
Eigentlich ist das hier aber vorgestern schon passiert. Denn in Eigenregie schon wurde dieses der Bande viertes Album bereits 2009 veröffentlicht - nach zwei reinweg schwarzmetallenen Sammlungen und einem Drittling, der die Öffnung zu weiteren Stilistiken wie dem Doom, der Klassik vielleicht, dem Pathos auf jeden Fall, sogar manchmal dem Classic Rock schon auch andeutet. Die selbst nennen das noch "Folk Metal". Rütteln wir nicht dran.
Dann wird irgendwie Earache Records 2010 auf David Gold, die Madden-Brüder und Schlagzeuger Bryan Belleau aufmerksam und somit endlich auch Aufmerksamkeit nach Europa und in die weitere Welt geholt. Gross war die Verwunderung im Winter 2009, als ich bei nächtlicher Schnüffelei auf der Myspace-Seite von WOODS OF YPRES landete, vier entspannte, kurzhaarige, etwas abgerissene Typen in Familienausflugs-Shirts auf Waldwegen herumlungern sah und aus dem Musikwiedergeber dann reinster Black Metal entgegenschwoll. Sogar das Angebot aus dieser Jungphase der Band gefiel mir als Black-Metal-Skeptiker ausnehmend gut, deuteten die doch schon hier eine etwas andere, weitsichtigere und experimentierfreudigere Herangehensweise an.
"4-The Green Album" dagegen ist von Beginn an ein Erlebnis. Nicht weniger. Da raunen Dir sechzehn Beiträge in achtzig vollgepackten Minuten entgegen, die es in sich haben, die sämtlich spannend sind und das gesamte Potential (hoffentlich noch nicht) ausgeschöpft haben (werden).
Ein sehr kreativwilder, aber auch seltsamer Typ scheint dieser David Gold zwar schon zu sein, denn es kursierten und kursieren da hartnäckig Exil-Aussteiger-Gerüchte nach Asien und es hielten sie sich diese in den kanadischen Metalnachrichten lange lange Zeit. So richtig ausgeräumt hatte der Sänger, Kopf und Hauptkompositeur diese Absichten wohl nie, aber seltsamerweise auch immer darauf beharrt, dass das offiziell nun auch bei uns vorliegende Album "4 - The Green Album "bei einem grossen Major" unter Vertrag veröffentlicht werden würde. Komische Geschichten, vielleicht auch typisch für das Tückische an Internetgerüchten.
So oder so, kann mann und frau einen frisch rasierten David Gold an den Drumssticks der südkoreanischen Death-Metal-Band NEKRAMYTH bestaunen. Wahrscheinlich hat dem das dort dann so gut gefallen, dass der längere Aufenthalt in Asien von den nordamerikanischen Fans als bedrohlich für das Weiterbestehen von WOODS OF YPRES empfunden wurde. Und nun? Ist sogar schon "Woods 5" in der Mische und wird auch schon live präsentiert. Na also. Dabei muss erst mal die "Vier" ausreichend gewürdigt werden.
Das ist einfach, denn wir haben das schon mehrmals betont: die Stilbreite, die experimentelle Weitschweife der Kanadier ist phänomenal, gesanglich könnte ich mich durchaus dazu versteigen, dass hier die Lücke nach Pete Steele von TYPE O' NEGATIVE so langsam zugesungen werden könnte. So viel Chorales tut gut und wird hier ebenso zelebriert wie kürzer gehaltene Schnellformatierungen aus der gesichtsbemalten Vergangenheit der Waldbewohner. So sollte 'Wet Leather' dieser Worte Beweis genug sein. Oder 'Don't Open The Wounds / Skywide Armspread', welches dann letztendlich in einer Black-Metal-Knütterei endet, dass die Tannen bersten.
Wer sich von der frechfrivolen Klarinette ganz zu Beginn dieses bisherigen Geheimtipps nicht vermärchen läßt, dem zarten Eingesang weiterhin folgt um in einer gelungenen Hymne zu münden, dem werden die beiden Nachfolger ebenso zusagen wie die derber lärmenden Knacker, die jedoch immer und wieder den Pfad zur Melodie zurückfinden. Was die Stücke zu kleinen Kunstwerken formt. Denn der Wildheit, der ur-metallenen, werden so richtig durchdacht-probierte Melodien eingegeben und auch die teilweise schweinerockene Trockenheit in der Rifferei - 'Suicide Cargoload (Drag that Weight!)' - steht da und wird alsbald von tränenreichen und rotweinigen Strudeleien übersungen.
Durch diese viel zu späte Nachveröffentlichung dieser wunderbar-wundersamen Gesamtsumme an einfachen Ideen, ausufernen Epen und immer wieder klanglichen Überraschungen ergibt sich doch hoffentlich eine erregte Aufmerksamkeit für diese mutige Band, die das so verdient hat.
Bedauerlicherweise reißen übrigens die Auflösungsgerüchte um die Band nie gänzlich ab - insgesamt ist das aber nur noch verwirrend: Gerade nämlich haben die laut Earache Records eine Record-Release-Tour für "The Green Album" durch Kanada absolviert. Aber David Gold ist "neben Korea" auch ein Bestandteil des Kreuzfeuer-Duetts THE NORTHERN ONTARIO BLACK METAL PRESERVATION SOCIETY, das uns wahrscheinlich mit ebenso durchgedachtem Schnick das Leben versüßschwärzen will und wird. Das bleibt spannend.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben