WOUNDED, THE - Atlantic
Mehr über Wounded, The
- Genre:
- Gothic Rock
- Label:
- Ebony Tear / Alive
- Release:
- 14.06.2004
- The Hollow
- 18 Carat Dust
- Running On Empty
- Day Of Joy
- Northern Lights
- Prelude
- Smells Like Teen Spirit
- We Are Darker
- Atlantic
Erinnert sich jemand an den Auftritt NIRVANAs bei "Top Of The Pops", bei dem Kurt Cobain seinen Überhit 'Smells Like Teen Spirit' absichtlich langsamer und mit tieferer Stimme sang, als eine Art ironischen Witzes gegen die Kommerzgeilheit der TV-Anstalten? Nun, THE WOUNDED machen aus genau diesem Witz Ernst und covern den größten Hit der Grunge-Lichtgestalten in einer Gothic-Metal-Version, die von dem damaligen Cobainschen Scherz (bestimmt in den unendlichen Weiten des Internets immer noch zu finden) gar nicht mal so weit entfernt ist. Und damit ist eigentlich das Programm festgelegt, auf das die Dänen mit ihrem dritten Album hinauswollen. Pop und Melodie: gern; Herzschmerz: jede Menge. Nur bitte kein HIM-Effekt, sondern ernsthaftes Pendeln zwischen dem, was man landläufig unter Gothic versteht und einem Massenappeal, der vor allem in den ansprechenden und stückweise vorhersehbar arrangierten Songs seine Inkarnation findet.
Bands, deren Programm man schon weiß, noch bevor man die CD einlegt, sind meistens problematisch. THE WOUNDED und ihr drittes Album "Atlantic" sind so ein Fall: Das Cover zeigt mit schwarzer Schrift das Bandlogo vor blutrotem Hintergrund, als Motiv eine stilisierte silberne Rose. Die Burschen machen außerdem nach eigener Definition Gothic Rock. Nach dieser Beschreibung dürfte jeder, der sich auch nur ein klein bisschen mit Musik über die einschlägigen Medien hinaus beschäftigt, wissen, wie die Band klingt. Das Schlimme: Sie klingen wirklich genau so. Das Gute: Macht nichts, denn sie haben Ahnung davon.
'Hollow World', Laut-Leise-Dynamik inklusive, bestätigt alles, was Mama einfällt, wenn das Wort "Gruftimusik" fällt, ertrinkt in Schwermut, schüttet Melodien aus, ohne allzu eingängig zu werden und, das ist der eigentliche Punkt, wirkt, wie es gedacht ist, ohne allzu sehr klischeehaft zu sein. THE WOUNDED, so scheint es fast, tanzen leichtfüßig (im metaphorischen Sinne) und dennoch trunken von Schwermut auf dem schmalen Grat, den HIM in die eine Richtung irgendwann überschritten haben und auf dessen anderer Seite TYPE O NEGATIVE seit Jahren die Stellung halten. Kann das gut gehen? Wenn man "Atlantic" zugrunde legt, muss die Antwort "ja" lauten: '18 Carat Dust' ist die Umsetzung von 'Join Me' ohne den Schmalz, 'Running On Empty' nutzt genau diesen zu seinem Vorteil und hat fast die klassischen Rocksongqualitäten beispielsweise eines MEAT LOAF, bei 'Day Of Joy' und 'Northern Lights' übertreiben sie es dann im Mittelteil des Albums ein kleines bisschen, kommen aber spätestens beim zehnminütigen Titelsong wieder dort an, wo sie angefangen haben: Im grünen, oder besser: schwarzen Bereich.
Wer eine Band sucht, die eigentlich archetypisch alle Klischees zu bedienen scheint und trotzdem musikalisch damit bestehen kann, der kann gar nicht richtiger liegen mit THE WOUNDED und diesem Album. Ich werde jedenfalls zukünftig diese Platte einlegen, falls eine musikalisch unkundige Vertreterin des weiblichen Geschlechts mich fragen sollte: "Gothic Rock? Wie klingt das denn?" und ihr antworten: "Im Grunde etwa so." Die alten TIAMAT und ANATHEMA kann ich später immer noch alleine hören.
Anspieltipps: 18 Carat Dust; Smells Like Teen Spirit; We Are Darker
- Redakteur:
- Sebastian Baumer