WYTCHCRAFT - I Taste Your Fucking Tears Of Sorrow
Mehr über Wytchcraft
- Genre:
- Doom Metal
- Release:
- 12.04.2005
- I Taste Your Fucking Tears Of Sorrow
- Prayer's Night
- Winterland
- Lass mich gehen
- Pathway Into Eternity
- Lost
- Entities From An Unknown Plane
- Apocalyptic Visions
Die Bottroper, welche kürzlich ihr erstes vollständiges Studioalbum veröffentlicht haben, sind ein weiterer Beleg für die enorme Vielfältigkeit der aktuellen Doomszene. Sie sind nämlich keiner der vordefinierten Schubladen des Doom eindeutig zuzuordnen, obwohl sie durch die schweren Riffs und das meist getragene Grundtempo sowie die melancholisch-düstere Ader der Kompositionen schon irgendwie doomig sind. Dazu treten allerdings vielfältige andere Einflüsse, die von Death über Gothic und Power Metal bis hin zu mittelalterlicher Folklore reichen.
Manchen Zeitlupenfetischisten wird die oft recht verspielte zweistimmige Gitarrenarbeit, wie man sie etwa beim schönen Titelstück vernimmt, vielleicht ein wenig irritieren, doch dieses Element des traditionellen Metals ist ja auch diversen epischen Doomlegenden nicht fremd, so dass man sich als toleranter Doomkopf schon auch dafür begeistern können sollte. Die Glaubensfrage wirft dann allerdings Kai Tubbesings sehr theatralischer, klarer Klagegesang auf, der sehr gewöhnungsbedürftig und eigenständig ist und dabei manchen sicher überfordern wird, der aber andererseits einen großen Teil der Einzigartigkeit der Band ausmacht und in seiner Vielseitigkeit bei 'Prayer's Night' besonders gut wirken kann.
Eine weitere schöne Facette der Bottroper Doomsquad enthält das sehr epische 'Winterland', dessen ohrenscheinlich von keltischer und germanischer Folklore geprägte Melodieführung und teils akustische Instrumentierung das Stück klar in die Richtung des epischen Viking Metal drücken, was auch der kurze Growl-Part am Schluss unterstreicht. Das in deutscher Sprache dargebotene 'Lass mich gehen' ist sehr zäh und düster, die bühnenreife Theatralik des Klargesangs hat meinem Eindruck nach zunächst was von romantischem Kunstlied und der deutschen Folklore des 18.-19. Jahrhunderts, erhält jedoch später auch streckenweise eine recht moderne Phrasierung, während die Growls mir hier nicht ganz so reinpassen, doch das ist sicher Geschmackssache. In jedem Fall sorgen sie für Abwechslung und verhindern, dass das Stück vor sich hinplätschert. 'Pathway Into Eternity' hat mit einigen Cello-Passagen ein weiteres interessantes Element zu bieten, während 'Lost' zunächst traditionellere Doom-Vibes versprüht, dann aber mit sehr aufwändigen Gitarrenpassagen ankommt. Auffällig ist der Refrain, der durch die aggressiven Shouts durchaus etwas Thrashiges hat. Das Highlight schlechthin ist für mich das intensive und sehr flüssige 'Entities From An Unknown Plane', und auch das Finale in Gestalt des dramatischen, leicht orientalisch angehauchten 'Apocalyptic Visions' mit seinem tollen Refrain macht zum Abschluss eine sehr gute Figur.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass "I Taste Your Fucking Tears Of Sorrow" ein ganz gutes und vor allem vielseitiges Album geworden ist, das musikalisch und produktionstechnisch überzeugen kann. Allerdings ist der Stil der Band, vor allem im gesanglichen Bereich, doch sehr eigenwillig und gewöhnungsbedürftig. Ich befürchte, dass Kai mit der sehr offen zur Schau gestellten Theatralik doch bei einigen Fans die Toleranzschwelle überschreiten wird. Aber die Band wird sich dessen sehr wohl bewusst sein und geht eben einen eigenen und variantenreichen Weg, den manche Leute nicht werden mitgehen wollen. Doch gerade das macht ja den Reiz von Bands wie WYTCHCRAFT aus. Es ist eben keine Musik von der Stange, die man andernorts schon oft gehört hat, sondern Kunst mit Ecken und Kanten, und vor allem mit eigenem Charakter. Ob es gefällt, muss dann jeder selbst herausfinden. Gebt der Band eine Chance und holt euch auf der Bandhomepage weitere Informationen.
Anspieltipps: Winterland, Lost, Entities From An Unknown Plane, Apocalyptic Visions
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle