ZEAL & ARDOR - Live In London
Mehr über Zeal & Ardor
- Genre:
- Black Metal / Gospel
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Radicalis / MVKA
- Release:
- 22.03.2019
- Sacrilegium I
- In Ashes
- Servants
- Come On Down
- Blood In The River
- Row Row
- You Ain't Coming Back
- We Never Fall
- Waste
- Fire Of Motions
- Hold Your Head Low
- Ship On Fire
- Stranger Fruit
- Cut Me
- Coagula
- Gravedigger's Chant
- Children's Summon
- Built On Ashes
- We Can't Be Found
- Don't You Dare
- Devil Is Fine
- Baphomet
Black Metal mit Gospel - Live.
ZEAL & ARDOR hat gehörig Staub aufgewirbelt in der Szene. Das Konzept, dass unterdrückte Sklaven in den USA nicht im christlichen Glauben, sondern beim Gehörnten Trost finden, und ihre Gospel-Musik im Black Metal ankommt ist zumindest eigenständig. Mit "Live In London" kommt nach zwei (starken) Studioalben schnell das Live-Debüt, auf dem neben den meisten bekannten Songs auch vier neue Tracks vertreten sind. Das Artwork ist unspektakulär, aber das passt ja zum Hipster-Metal des Schweizers Manuel Gagneux. Das letzte Album "Stranger Fruit" erreichte immerhin Platz 27 der deutschen Albencharts, so dass die Band auch in Deutschland bekannter werden dürfte. In vielen Publikationen räumten sie bei den Jahresendcharts auch ordentlich ab. Geboten werden 97 Minuten auf zwei CDs, oder natürlich als Download.
Wie würde diese Musik live funktionieren? Das ist sicher die größte Frage, die sich mir vor dem Anhören der Live-Scheibe stellte. Der Einstieg 'Sacrilegium I' ist auch stark elektrolastig ausgefallen. Das passt natürlich hervorragend ins Gesamtkonzept. Der wummernde Bass nimmt sofort mit. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in einer dunklen Halle enorm intensiv ist. Das Publikum wird auch gut abgeholt, die Keyboards würden auch gut in manche Disco passen, aber ich meine das nicht despektierlich. Für alle Underground-Trad-Metal-Fans ist die Scheibe aber sicher mit dem Intro schon gestorben. Mit 'In Ashes' vom Debüt geht es dann mit sägenden Riffs in die Vollen. Die Band lässt sich mit ihrer Monotonie genügend Zeit, um wirklich durchzustarten. Die Stimmung im Publikum dürfte dadurch weiter angeheizt werden. Der Gesang klingt beschwörend, aber auch aggressiv. Black-Metal-Atmosphäre kommt hier nicht auf. Mir gefällt es aber, wie schon beim Hören der Alben, wirklich gut. Mit 'Servants' folgt dann ein gospellastiger Track des Zweitlings. Die Live-Umsetzung ist gut gelungen. Mit 'Come On Down' wird es ruhiger, bis der Track Tempo aufnimmt. Hier wird auch mal richtig gekeift. Schwarzmetallisch ist das vom Feeling her zwar nie, aber die musikalischen Zutaten sind klar erkennbar. Wer solche Tracks hört, merkt, dass es sich um eines der eigenständigsten Projekte in der aktuellen Metalszene handelt.
'Blood In The River' beginnt richtigen Gospelgesängen (abgesehen vom düsteren Text) und ist großartig gemacht. Sicher einer der Titel, der auch jedem Hörer vom Erstling sofort im Ohr ist. Mit 'Row Row' folgt auch einer der besten Tracks des letztjährigen Drehers. In meinen Ohren ist die Nummer klar schneller als auf dem letzten Album eingetrümmert worden. 'You Ain't Coming Back' gewinnt mit schönen Klavierklängen, bringt den Sänger aber auch an die Grenzen seiner Fähigkeiten. Musikalisch ist der Song aber weiter klasse.
Mit 'We Never Fall' wurde dann ein neuer Song ins Programm eingebaut. Hoffentlich dürfen wir den rockigen, depressiven Track auf dem nächsten Studioalbum hören, die sehr harten Gitarren und bösen Keifgesänge machen sich enorm gut. Feines Teil! 'Waste' im Anschluss ist bekannt und besteht die Live-Feuerprobe. "Oho" geht auch ohne nach HAMMERFALL zu klingen. Der Titel dürfte zu den infernalischsten Nummern des Albums gehören. Nie klingt die Band sonst so norwegisch, so schwarzmetallisch. Auch 'Fire Of Motion' gehört zu den radikalsten Tracks, verwebt die Gospelelemente aber großartig. Neu ist 'Hold Your Head Low', der sich von den Gitarren her auch am Blues der Sechziger und frühen Siebziger orientiert. Der Bass ist hier fast überpräsent. Mit 'Ship On Fire' wird sofort die nächste neue Nummer hinterhergeschossen. Ganz schön mutig. Noch mal gospellastiger wird gestartet. Mit 'Stranger Fruit' folgt dann der dissonante Titeltrack des zweiten Albums.
'Cut Me' ist noch mal neu, geht schnell nach vorne los, gefällt. Was für ein Gitarrensound! 'Coagula' ist dagegen bekannt und beginnt mit eher europäischen Mönchschören, die weniger an Gospel erinnern. Das verspielte 'Children's Summon' ist ein schönes Zwischenspiel (trotz des Gesangs), das auch auf der Studioplatte gefiel. Mit 'Built On Ashes' folgt der bisher letzte Track, der auf eine Studio-CD gebrannt wurde. Für mich eine der etwas schwächeren Nummern. 'We Can't Be Found' gefällt wieder mit bluesigen Gitarren und feinen Gesängen, aber auch harten Black-Metal-Momenten. Auch 'Don't You Dare' kennt ihr schon, vorausgesetzt, ihr beschäftigt euch nicht erstmals mit ZEAL & ARDOR. Es geht hart in die Schlussphase, die mit 'Devil Is Fine' eingeläutet wird. Mit diesem Track haben sicher viele die Band kennen gelernt, man packt also zum Ende bekanntes Material aus. Das macht Sinn. Für mich ist es ein guter Track, aber die Anspieltipps sind noch eine Spur besser. Klar ist aber: Wer den Titel hört, wird vieles von der Identität der Band miterleben. Mit 'Baphomet' gibt es zum Schluss noch mal eine unbekannte Nummer, die aber hart und mitreißend ist. Ich glaube, damit kann man ein Konzert schon gut beenden.
Was bleibt? Erst mal ein prallvolles Livealbum, keine 40-Minuten-Alibi-Geschichte (wie die letzte ARMORED SAINT-Live-Scheibe). Das ist fein. Die Live-Atmosphäre wird vor allem an den Übergängen gut eingefangen, in den Songs ist eher deutlich, dass es live eingespielt wurde, das Publikum geht da aber etwas verloren. Das Songmaterial ist großartig. Sicher wird ZEAL & ARDOR für viele ein No-Go bleiben, aber wer sich auf das Projekt einlässt, wird seine Freude haben. Ich finde das Projekt wirklich spannend, und es ist enorm mutig, so viele neue Titel einzubauen. Für Fans natürlich eine Kaufempfehlung, alle, die das Material noch nicht kennen, sollten sich erst Mal die beiden hochklassigen Studioalben zulegen.
Anspieltipps: Blood In The River, Row Row, Fire Of Motion, Stranger Fruit, Children's Summon, We Can't Be Found.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Jonathan Walzer