ZENOBIA - Delayed
Mehr über Zenobia
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Quixote Music / Pängg
- Release:
- 24.10.2006
- The Ballad Of Billy The Brain
- Moonstone Sky
- The Living Element
- Try To Wake Up
- Meet Your Maker: Part I - Steps Ahead
- Meet Your Maker: Part II - Prologue
- Meet Your Maker: Part III - Challenge Your Fate
- Meet Your Maker: Part IV - Where It All Starts
- Meet Your Maker: Part V - Power From Within
- Meet Your Maker: Part VI - Me King - You King
- Meet Your Maker: Part VII - Epilogue
- Moonstone Sky (Remix)
ZENOBIA war vor 1800 Jahren Königin von Palmyra in der römischen Provinz Syrien. Nach außen gab sie sich zunächst loyal gegenüber der Großmacht, doch sie versuchte von Anfang an den römischen Einfluss im Nahen Osten zu mindern und sich der ihrem Volk aufgedrängten Kultur der fremden Herren zu widersetzen. Im Jahre 272 startete Kaiser Aurelian, gereizt von der Unbotmäßigkeit ZENOBIAS, einen Feldzug gegen Palmyra. Die eigensinnige Königin wurde nach Rom gebracht und im Triumphzug vorgeführt. Später soll sie in einer kleinen Villa auf dem Land nicht weit von Rom noch einige Jahre gelebt haben. Als aufrichtige, tapfere Frau ging sie in die Geschichte ein und wurde besonders im Mittelalter zum Vorbild in Sachen Charakterstärke und Mut stilisiert, so zum Beispiel in den berühmten "Canterbury Tales".
Einen schönen Bandnamen haben sie sich also ausgesucht, die fünf Musiker aus Berlin, die heute als ZENOBIA mit stilvollen Progressive-Rock-Platten ein Zeichen gegen die oberflächliche McDonald's-Kultur zu setzen versuchen. Deren erstes Album erschien 1999 unter dem Titel "October"; ganze sieben Jahre haben sie gebraucht, um einen Nachfolger an den Start zu bringen. Der ist nun seit einigen Monaten erhältlich und sollte auf diesen Seiten nicht unerwähnt bleiben.
ZENOBIA klingen auf "Delayed" um einiges rockiger, kraftvoller und direkter als auf dem Debüt. Die Stärke und Einzigartigkeit dieses Quintetts liegt definitiv in den faszinierenden, unkonventionellen Rhythmik-Spielereien. Das ist so manches Mal recht ungewohnt, gerade für das Hardrock und Metal gewohnte Ohr, und verlangt ein wenig Geduld und genaues Hinhören. Doch hat man die komplexen rhythmischen Welten von ZENOBIA erstmal für sich erschlossen, entdeckt man wahnsinnig viele liebevoll ausgearbeitete Details, spannende Klangfiguren und paradoxerweise irgendwie logische und doch immer wieder überraschende Wendungen in der Musik. Straighte Rock-Parts münden in verschachtelten Instrumentalorgien, wie Blumen aus dem Erdboden im Frühling schießen aus allen Ecken mal zarte, mal eindringliche Gesangsmelodien hervor, ausdrucksstarke, prägnante Gitarren und Orgel-Soli fräsen sich durch diese Landschaften, die in fast schon symphonisch zu nennenden, großflächigen Arrangements ruhen.
Besonders hervorheben sollte man auch die überaus interessanten und intelligenten Texte; hier lohnt sich wirklich mal der aufmerksame Blick ins Booklet. Es passiert also unheimlich viel auf "Delayed", die Scheibe verlangt sehr viel vom Hörer. Unter anderem auch, sich von gewohnten Songwriting-Schemata zu lösen, denn nach konventionellen Maßstäben gemessen, könnte man manchmal etwas den Spannungsbogen in den Songs vermissen. Die Platte hält eine konstant hohe Ereignisdichte, die schon etwas anstrengend sein kann. Durch den Mangel an echten Erholungsphasen oder besonders betonten Fixpunkten in der Musik fehlen diesem Album ein bisschen die Struktur und die Dynamik. Doch das wird der neugierige, aufmerksame und anspruchsvolle Prog-Hörer wahrscheinlich anders sehen. Er wird sich an den tausend tollen kleinen, aber feinen Ideen erfreuen, dem extrem variablen Schlagzeugspiel und den permanenten Drehungen und Salti der Musik, die auf einer energischen Rockbasis immer zwischen Jazz, Blues, Seventies-Prog-Rock und allem Möglichen und Unmöglichen hin- und herpendelt. Ganz besonders intensiv nachzuhören ist das alles beim siebenteiligen Herzstück der Platte, einem halbstündigen Opus namens 'Meet Your Maker'.
ZENOBIA sind somit eine wirklich einzigartige Erscheinung in der Prog-Rock-Szene und sollten von aufgeschlossenen, belastbaren Musikliebhaber unbedingt mal in Augen- und Ohrenschein genommen werden. Aber ich habe euch gewarnt; man kann sich mächtig die Gehörgänge verknoten mit diesem Soundtrack zur multiplen Persönlichkeit.
Anspieltipps: The Ballad Of Billy The Brain, Try To Wake Up, Meet Your Maker: Part V - Power From Within
- Redakteur:
- Martin van der Laan