Asylum - Irrgarten des Schreckens
- Regie:
- Roy Ward Baker
- Jahr:
- 1972
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Asylum
1 Review(s)
03.06.2008 | 14:29Come and go mad - guter Psychohorror
Eine abgelegene Anstalt für Geisteskranke. Hier bewirbt sich der junge Dr. Martin für eine freie Stelle. Die Aufnahmeprüfung gestaltet sich jedoch als abenteuerlich - sie besteht darin, sich von vier verschiedenen Wahnsinnigen jeweils eine Geschichte erzählen zu lassen und so den ehemaligen Anstaltsleiter zu erkennen. Wenn er das schafft, dann bekommt er die Stelle. Zu spät muss er erkennen, dass er gefangen ist ... im Irrgarten des Schreckens.
Horrorlegende Peter Cushing, Bondgirl Britt Ekland sowie Charlotte Rampling ("Angel Heart") in einem britischen Gruselklassiker aus den legendären Amicus Studios. Nach dem Drehbuch von Robert Bloch ("Psycho").
Filminfos
O-Titel: Asylum (GB 1972)
Dt. Vertrieb: e-m-s (27. März 2008)
FSK: ab 16
Länge: ca. 85 Minuten
Regisseur: Roy Ward Baker ("Dracula - Nächte des Entsetzens", "Gruft der Vampire")
Drehbuch: Robert Bloch ("Psycho")
Musik: Douglas Gamley mit Motiven von Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung"
Darsteller: Peter Cushing (Dracula, Krieg der Sterne), Britt Ekland (The Wicker Man, Get Carter), Herbert Lom (Nachts, wenn Dracula erwacht, Hexen bis aufs Blut gequält), Patrick Magee (Clockwork Orange, Satanas - Das Schloß der blutigen Bestie), Charlotte Rampling (Der Nachtportier), Robert Powell (The Jigsaw Man) u. a.
Handlung
Der junge Dr. Martin bewirbt sich im düsteren und einsamen Dunsmoor-Institut für die Stelle eines Psychotherapeuten. Doch Dr. Rutherford (Magee) informiert ihn, dass es sich nicht um eine Privatklinik, sondern um eine Anstalt für unheilbar Wahnsinnige handle. Selbst der Eigentümer Dr. B. Starr sei inzwischen unter den Patienten gelandet, denn eine fremde Persönlichkeit verrate sich in seinen letzten Aktionen. Wenn es Martin gelingt, Starr unter den vier Patienten herauszufinden, dann bekomme er die Stelle. Aber es ist ja nicht gesagt, dass Dr. Starr ein Mann sei, nicht wahr?
Schon auf der Treppe zum Trakt mit den abgeschlossenen Zimmern der Patienten fallen Martin die Zeichnungen von Irren auf. Der Pfleger Max Reynolds gewährt ihm Zutritt zu dem extra gesicherten Trakt und schließt ihm nacheinander die vier Zimmer auf.
~ Episode 1: Frozen Fear ~
Die erste Patientin ist die attraktive Bonnie, doch sie weigert sich, Martin ihr Gesicht zu zeigen. Sie erzählt ihre Geschichte. Alles begann an jenem Tag, als sie mit ihrem Geliebten Walter die Trennung von dessen Ehefrau Ruth vollziehen und in den Urlaub fliegen wollte. Doch weil sich Ruth nicht scheiden lassen wollte, musste Walter sie beseitigen - auf welche Weise, war Bonnie einerlei. Als Walter sie anrief, um sie zu sich zu rufen, dachte sie, die Luft sei rein, doch dann sah sie im Haus statt ihres Geliebten nur ein zerbrochenes Whiskyglas auf dem Boden. Wo war Walter?
Die Kellertür öffnete sich einladend von selbst, und sie ging hinunter. Doch in der neuen Kühltruhe lag nicht wie vorgesehen die zerstückelte Leiche Ruth, sauber in Packpapier eingehüllt, sondern Walter selbst! Die Leichenteile hatten sich vielmehr im ganzen Keller versteckt und lauerten auf Bonnie. Sie wusste nicht, dass Ruth durch ein Voodoo-Amulett geschützt wurde. Sie holte die Axt, um sich gegen die erstaunlich lebendigen Körperteile zu verteidigen ...
~ Episode 2: The Weird Tailor ~
Vielleicht ist aber Bruno der ehemalige Anstaltsleiter? Der ältere Mann sitzt im Schneidersitz und näht mit unsichtbarem Faden an einem unsichtbaren Stück Stoff. Er verrät nicht, was das werden soll, aber wenigstens erzählt er Dr. Martin seine Geschichte.
Eines Montags konnte Bruno seine Miete nicht mehr an Mr. Stebbins entrichten, denn das Geschäft lief schlecht. Auch die Liebe Annas, seiner Frau, konnte ihn nicht trösten. Immerhin gab ihm Stebbins Aufschub bis Samstag.
Just am gleichen Tag gibt ihm ein geheimnisvoller Unbekannter (Cushing) den Auftrag, aus einem ungewöhnlichen Stoff einen Anzug für dessen Sohn zu schneidern, aber er dürfe nur nach Mitternacht arbeiten. Der fürstliche Lohn für den Job: 200 Pfund! Kein Wunder, dass Bruno diesen Auftrag übereifrig erfüllen will, doch er darf nicht länger als bis fünf Uhr morgens dran arbeiten. Am Freitag liefert er den Anzug an die Adresse des Auftraggebers in einer düsteren Gegend.
Doch Smith weigert sich zu zahlen. Er sei genauso arm dran wie Bruno, sagt er. Erst wenn sein Sohn zurückgekehrt sei, könne er ihn auszahlen. Doch ein erzwungener Blick in das Nachbarszimmer offenbart Bruno die schreckliche Wahrheit. Der Sohn ist dort in einem Sarg aufgebahrt. Wie soll also ein simpler Anzug ihm helfen können? Da zeigt ihm Smith ein äußerst wertvolles Buch, in dem alle Anweisungen stünden, wie die Rückkehr des Sohnes von den Toten vonstatten gehen müsse.
Doch Bruno will darauf nicht warten und verlangt wütend seinen Lohn. Erst später erkennt er, wie ungewöhnlich der Anzug wirklich ist ...
~ Episode 3: Lucy Comes to Stay ~
Barbara (Charlotte Rampling) entpuppt sich für Dr. Martin als harter Brocken. Sie verlangt, ihren Anwalt zu sprechen, denn sie sei völlig unschuldig in dieser Anstalt gelandet. Alles sei nur die Schuld von Lucy ...
Sie erzählt, wie sie von ihrem Mann George aus dem psychiatrischen Krankenhaus geholt und nach Hause gebracht wurde, wo sich die Pflegerin Mrs Higgins um sie kümmern sollte. Dabei fühlte sie sich völlig in Ordnung. Nur ein paar Pillen brauchte sie eben. Ab und zu, okay?
Da erscheint ihre treue "Freundin" Lucy (Britt Ekland), um ihr zu helfen. Es dauert nicht lange und Barbara ist sowohl von George befreit als auch von Mrs Higgins. Gift und Schere sind ihre zuverlässigen Werkzeuge. Und selbst noch in Dr. Starrs Anstalt ist die treue Lucy weiterhin bei ihr. Dumm nur, dass nur sie allein sie sehen kann ...
~ Episode 4: Mannikins of Horror ~
Der vierte und wichtigste Patient ist ein Mann, der sich laut Reynolds "Dr. Byron" nennt. Der Mann, der völlig vernünftig spricht (Herbert Lom), bezeichnet sich als Physiker, Neurologe und Orthopädiespezialist. Außerdem sei er ein ausgezeichneter Figurenbauer, wie die Kollektion von Figuren in seinem Schrank deutlich beweise. Die Männchen weisen die Gesichter seiner früheren Kollegen auf, sagt er. Schade, dass seine Kunst nicht von Dr. Rutherford anerkannt werde.
Seine neueste Figur sei nämlich am besten gelungen, denn schließlich zeige sie ihn selbst. Er brauche sich nur entsprechend zu konzentrieren und seine Seele in die Figur zu transferieren - schon beginne sie, sich zu bewegen. Dr. Martin ist nicht amüsiert und überlässt Dr. Byron sich selbst.
Doch als er sich mit Rutherford über seine Eindrücke unterhält, ist es der Figur Byrons gelungen, Martin zu folgen und sich mit dem Servierwagen für den Tee in die unmittelbare Nähe Rutherfords zu schleichen. Hinter dessen Kopf liegt zufällig ein Skalpell, wie man es für Hirnoperation verwendet, griffbereit. Die Figur zögert nicht mit dessen wirkungsvollem Einsatz an Byrons größtem Feind ...
~ Epilog ~
Martin hat zu spät herausgefunden, wer der wahre Dr. Starr ist und den Preis dafür bezahlt. Schon trifft der nächste Bewerber in Dunsmoor ein. Er wird von einer bekannten Person eingelassen, die sich bereits ins Fäustchen lacht ...
Mein Eindruck
Wie schon mehrfach seit 1964 stellten die beiden Amicus-Produzenten Milton Subotsky und Max J. Rosenberg ein Potpourri von Gruselhäppchen zusammen, die der einschlägig durch "Psycho" bekannte Autor Robert Bloch geschrieben hatte. Bloch ist durchaus kompetent, konzentriert die Story auf zwei, drei Effekte und überschreitet nie seine zugemessene Zeit.
Die erste Episode dreht sich um Liebe und Eifersucht, eine klassische Dreiecksgeschichte. Alles würde für die beiden Ehebrecher gutgehen, wenn nur das Opfer endlich Ruhe gäbe. Dieses aber, die vermeintlich tote Ruth, ist durch Voodoo zu unheiligem Leben erwacht.
Ebenfalls um einen seltsamen Fall von Wiederauferstehung scheint es in "The weird tailor" zu gehen, der zweiten Episode. Doch nicht Jesus, der Sohn im Sarg, tut seinen Schöpfern - Schneider oder Smith, einerlei - den Gefallen, vom Tode zurückzukehren, sondern ein völlig anderer Körper. Mehr soll nicht verraten werden. Aber hier wird bereits ein Motiv der vierten Episode vorweggenommen: Belebung toter Materie.
Zu den gar nicht so Toten muss wohl auch die hübsche Lucy in Episode 3 gerechnet werden. Wieder eine Dreiecksgeschichte, mit dem armen George als unerwünschtem Dritten neben Barbara und Lucy. Diesmal aber lässt sich die Erscheinung Lucys rational erklären: Sie ist die andere Hälfte einer schizophrenen Persönlichkeit - Gut und Böse sind hier sauber getrennt, aber im Grunde im gleichen Körper vereint. Und was für Körper! Britt Ekland, die Geliebte Mick Jaggers, sieht ebenso betörend aus, wie Charlotte Rampling verstört und abgründig aussieht.
Die vierte Episode bringt eine erhebliche Steigerung des durchgehenden Themas der Aufhebung des Todes und der Verdoppelung des Bewusstseins, aber auch dessen Übertragung auf unbelebte Materie. Wenn Dr. Byron per Geisteskraft (Telekinese) seine Figur als Alter Ego auf Rachefeldzug entsendet, so führt dies zu mehreren drastischen Folgen - auch für ihn selbst.
Außerdem garniert Robert Bloch die vier Episoden mit ein paar ganz schön fiesen Scherzen und Seitenhieben. Unten ist oben, unscheinbar ist wichtig - und schließlich: Jeder ist ersetzbar. Der Nächste bitte!
"Asylum" ist einer der seltenen Fälle, in denen die britische Zensurbehörde einen Film völlig ohne Schnitte freigab. Es fließen weder Blutströme noch werden erotische Körperstellen entblößt. Der Streifen lief im Sommer 1972 in den englischen, im November 1972 auch in den US-Kinos. Der deutsche Zuschauer musste sich bis 1980 gedulden, als sich der Kora-Verleih des Films annahm.
~ Die Musik ~
Kenner der klassischen Musik werden gleich von Anfang an hellhörig. Die Filmmusik kopiert auf dreiste, aber zulässige Weise die lizenzfrei verfügbare Musik des russischen Komponisten Modest Murssorgsky. Aus dessen Suite "Bilder einer Ausstellung" wird der zweite Track bzw. das erste Bild "Der Gnom" mit ziemlicher Originaltreue zitiert und sogar auf mehrfache Weise variiert, aber nie mit den heiter-verspielten Momenten, sondern stets mit den schrägen Intervallen, die so bedrohlich wirken. Im Epilog gibt es sozusagen "Gnom light". In Episode eins erklingt eine langweilige Hammondorgel, in "Lucy" hingegen ein düsteres Streichquartett.
Die DVD
Technische Infos:
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: Dolby Digital 1.0 (deutsch, englisch)
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras:
Originaltrailer
Bildergalerie
Booklet
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des Bildes ist überraschend gut, wenn man mal das zeitbedingt grobkörnige Filmmaterial berücksichtigt. Doch es sind erfreulich wenige Artefakte wie etwa Streifen oder Punkte (für den Schnitt) anzutreffen. Das sah doch auf "Brennender Tod" ganz anders aus.
Der Ton ist in seiner Monoqualität reichlich bescheiden und liefert nur das Nötigste. So wird aus der gewaltigen Mussorgsky-Musik nicht die erhoffte Wirkung, sondern lediglich deren Behauptung - was etwas völlig anderes ist. Die Untertitel liegen für beiden Tonspuren in Deutsch vor, wobei sie auf der englischen Tonspur nicht ausgeblendet werden können. Da viele Szenen der Rahmenhandlung nachträglich ergänzt wurden, war sowieso einiges an Untertiteln notwendig. Das erscheint mir daher nicht so schlimm.
~ Extras ~
Der Originaltrailer (ca. 1:22 min), unterlegt mit mit dramatischer Kirchenorgelmusik, streift nur die Oberfläche der Story und der vier Episoden. Zwei kuriose Radiospots werden auf einer 45-RPM-Schallplatte präsentiert, einer so gruselig und reißerisch wie der andere (60 plus 30 Sekunden). Auch hier ist wieder das Mussorgsky-Motiv hinterlegt.
Die selbstablaufende Bildergalerie (3:17 min) weist das gleiche musikalische Motiv auf wie der Film und präsentiert Standbilder, Aushangbilder und ein Filmplakat. Die Trailershow umfasst Trailer und Kurzbeschreibungen von EMS-DVDs wie "Petroleum-Miezen", "Die Schlangengrube und das Pendel", "Blutige Seide" sowie "Der Dämon und die Jungfrau".
Das achtseitige Booklet besteht zur Hälfte aus Information, zur anderen aus Werbung. Hier erfährt der Leser mehr über die Hintergründe, aber leider nichts über die Darsteller und den Regisseur. Dafür muss man schon selbst ein Filmlexikon wälzen. Durch Quellen wird schließlich die Rezeption des Films dargestellt. Sogar die sonst so kritischen Autoren Hahn/Jansen loben in ihrem Horrorlexikon (|Schwarzkopf & Schwarzkopf|, 2002) diesen Streifen für seine Charakterdarstellungen.
Unterm Strich
Vier Episoden sind in das makabere Ratespiel des Dr. Rutherford eingefügt, um so auf preisgünstige Weise eine durchgehende dramatische Handlung zu ersetzen. Durch die effektvolle und straffe Inszenierung kommen die vier Charaktere, welche die Stars Peter Cushing, Herbert Lom, Charlotte Rampling und Britt Ekland darstellen, einerseits gut zur Geltung, andererseits können sie ihren Starstatus nicht übertreiben. Das kommt den Figuren und ihrer Wirkung zugute. Wir haben es fast durchgehend mit psychologischem Horror zu tun, besonders in Episode zwei und drei.
Am beeindruckendsten ist zweifellos Altstar Peter Cushing, der mit seinem hageren Doktor-Frankenstein-Gesicht durchaus als Praktikant teuflischer Auferstehungskünste durchgehen kann. Erstaunlich, wie hier das typische Motiv der teuflischen Versuchung (der Anzugauftrag) erst mit dem neutestamentarischen Motiv der Auferstehung verbunden und dann ironisch gebrochen wird.
Der deutsche Verleih präsentiert eine Silberscheibe in der Aufmachung einer Sammlerausgabe, die diese Bezeichnung diesmal durchaus verdient. Leider wurden weder Bild noch Ton digital aufbereitet.
- Redakteur:
- Michael Matzer