DRIVE (Director's Cut - 2 DVDs)
- Regie:
- Wang, Steve
- Jahr:
- 1997
- Genre:
- Action
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Drive
1 Review(s)
08.07.2011 | 14:261997 erreichte "Drive" die Lichtspielhäuser - gedreht mit einem Minimalbudget aus der amerikanischen Filmförderung, und wegen des Termindrucks hastig und mehr schlecht als recht zusammengeschnippelt. Dennoch war ihm in den USA ein beachtenswerter Erfolg beschieden, während er hierzulande allenfalls ein Geheimtipp blieb. Das unerwartete Einspielergebnis und nicht zuletzt die Möglichkeiten, die DVDs heutzutage bieten, hat den Macher des Films noch einmal aktiv werden lassen. So steht seit Anfang 2003 der ungekürzte Director's Cut, bestehend aus einer Doppel-DVD zum Verkauf, welche nun endlich so aussieht, wie Steve Wang sich seinen Film immer schon vorgestellt hat - sagt er jedenfalls.
Zur Story
Wir schreiben das Jahr 2008 und werden Zeuge der Flucht eines geheimnisvollen, blinden Passagiers Tony Wong von einem chinesischen Dampfer, der aus Hong Kong kommend, in San Francisco fest macht. Offensichtlich hat man ihn dort bereits erwartet, ein nicht gerade friedlich gestimmtes Empfangskomitee versucht sein Entkommen zu verhindern, beachtenswerterweise will man ihn aber trotz reichlichem Einsatz von Martial-Arts und auch regem Gebrauchs von Schusswaffen augenscheinlich nicht töten. Auch der Gejagte verzichtet auf die Anwendung letaler Gewalt, wiewohl es ihm wohl ein Leichtes wäre - und auch eine logische Konsequenz: Würde sich damit die gegen ihn stehende zahlenmäßige Übermacht dadurch sicherlich rasch reduzieren.
Stattdessen weicht er Projektilen sowie Schlägen und Tritten, mit wahnsinnigen Reflexen geschickt aus - zahlt mit gleicher Münze zurück, huscht mit unglaublicher Geschwindigkeit zwischen den Angreifern her, entwaffnet diese und teilt ordentlich aus. Dennoch bleibt schlussendlich nur die Flucht über die Reling ins Hafenbecken. In einer Hafenkneipe geht die Klopperei etwas später weiter. Dort lungert der am Boden zerstörte Malik Brody herum, der soeben von Frau samt Tochter verlassen wurde. Toby schnappt sich Malik als "Geisel", um unbehelligt wegzukommen. Von diesem Moment der "Entführung" an beginnt für die beiden eine Odyssee und actionreicher Road-Trip nach Los Angeles, denn dorthin verlangt Toby von Malik in dessen klapprigem Auto gebracht zu werden.
Toby hat einen Bio-Drive in seiner Brust implantiert und ist ein Prototyp eines neuen, modifizierten Soldaten. Die federführende Leung-Coorparation hätte ihr abtrünniges "Spielzeug" gerne möglichst unbeschädigt (zumindest, was den Biomotor angeht) wieder, bevor er zur Konkurrenz überlaufen kann. Genau das hat er nämlich vor. Er will dort vorrangig den Bio-Drive loswerden, der ihm dank übler Nebenwirkungen längst nicht nur Freude bereitet. Und die Kohle kann er auch gebrauchen. Im Laufe dieser Jagd freunden sich Malik und Toby langsam an. Sie haben auch allen Grund zusammenzustehen, die Verfolger sind immer dicht auf und nicht zimperlich. Das wird erst richtig klar, als die Leung Corp. ihre neue Errungenschaft auf sie hetzt: einen Kämpfer der Marke Gnadenlos, mit einem weiter entwickelten Bio-Drive in der Brust, als Toby ihn trägt.
Eindrücke
Steve Wang, der Kopf und Regisseur dieser Inszenierung zieht hier alle Action-Register und würzt das Ganze mit einer Prise schwarzen und manchmal beabsichtigt-überspitzten Humor. Dabei hat er nur ein Schmalspurbudget der amerikanischen Filmförderung zur Verfügung gehabt, um seinen Traum einen Film in bester Hong-Kong-Martial-Arts-Tradition nach Amerika zu verlegen. Trotzdem handelt er nicht nur nach Muster 08/15, wie aus seinen beiden Erstlingswerken, den Anime-Adaptionen "Kung-Fu Rascals" und "Guyver", welche Genretypisch mit viel Poserei und für westliche Augen lächerlicher "Handlung" abgehen, sich jedoch in Asien - und speziell in Japan - allerhöchster Beliebtheit erfreuen.
Trotzdem war er nicht ganz mit der ursprünglichen Kinoversion zufrieden, da sie aufgrund von Zeitdruck und Zuschnitt auf den Massengeschmack arg umgeschnitten werden musste. Dann tat er etwas, was wenige andere Filmemacher (u. a. George Lucas) machen: Wegen des unerwarteten Kassen-Erfolgs in den USA und Japan überarbeitete er den Film mit dem verdienten Geld noch einmal, spendierte ihm einen neuen schmissigen, "richtigen" Score und befreit vom Erfolgsdruck vervollständigte/editierte er ihn so, wie er ihn immer gerne gesehen hätte. In der Tat kam dabei ein wesentlich besseres Werk heraus, dass eine ganz andere Grundstimmung verbreitet und die Story anders darstellt, als die Kinofassung
Kampfsportspezialist Mark Dacascos ("The Crow" TV-Serie, "Crying Freeman" und "Pakt der Wölfe") zu verpflichten, der ähnlich wie Jackie Chan zu den absoluten Koriphäen auf dem Gebiet anspruchsvoller Martial Arts gehört, war ein guter Griff. Das Schauspielergespann Dacascos/Hardison ist überdies vergleichbar mit Chan/Tucker in "Rush Hour 1 - 3". Auch hier arbeiten ein vermeintlicher Asiate (Dacascos ist eigentlich Hawaiianer und wuchs in Hamburg auf) und ein Schwarzer zusammen, mit dem feinen Unterschied, dass hier nicht nur dumme Sprüche am laufenden Meter von dem Alibi-Afro-Amerikaner geklopft werden. Hardison nervt wesentlich weniger als Dauerquasselstrippe Chris Tucker und spielt etwas ernsthafter, wenn man bei diesem Film überhaupt von "ernsthaft" reden kann.
Die Figuren haben durchaus einen gewissen Grad an Tiefe, was sich unter anderem an der Trockenheit der Gags widerspiegelt. Wo wir schon dabei sind, zwischen den beiden Teams zu vergleichen: Jackie Chan steht eher für klinisch reine Stunts & Filme, die man auch im Vorabendprogramm zeigen kann, das ist sein Markenzeichen, Dacascos aber haut in eine ganz andere Kerbe. In den Filmen, in denen er mitwirkt, splittern auch schon mal Knochen und es fließt Blut, sprich: Er ist auf die ernstere Martial Arts abonniert, dabei verkörpert er bislang immer recht sympathische Rollen. Das bringt ihn eher in die Nähe eines Jet Li, der für ähnliche Figuren steht und der ebenso elegant über die Leinwand bzw. Bildschirm wirbelt, kickt und boxt.
Kenner und Fans des Hong-Kong-Genres werden sich wohlfühlen, denn Wang balanciert sein Werk zwischen Action und Komik in allerbester Tradition aus. Die deftigen Kloppereien, fulminanten Explosionen und der rege Schusswaffengebrauch sind es dann aber auch, die dem Film die FSK 18 einbringen, die durchaus gerechtfertigt ist, denn nicht immer ist eine klare Grenze zwischen überzeichneter Action und Slapstickelementen zu erkennen. So ernst will und soll der Film nicht genommen werden und schon gar nicht den Eindruck vermitteln, dass Gewalt ausgesprochen cool ist. Nicht dass der Film ein bluttriefender Slasher wäre, doch der komödiantische Grundton sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Szenen doch zuweilen undifferenziert überzogen sind und somit nicht besonders jugendfreundlich.
Der Komödienanteil kommt nicht zu kurz, verzichtet aber glücklicherweise weitestgehend auf den Einsatz des berüchtigten Holzhammer-Humors. Durchhänger gibt es nur wenige. Eine Gesangsszene von Mark Dacascos in einer Bar, kurz vor dem knechtigen Hammer-Showdown mit dem japanischen Frauenschwarm Masaya Kato, ist vielleicht grenzwertig. Die anderen etwas actionloseren Momente des ansonsten temporeichen Road-Movies bringen die Story und die Charaktere voran, das war in der alten Kinofassung noch nicht so, da waren die Figuren wesentlich platter dargestellt und diese Szenen absolute Gähneinlagen - beim Director's Cut ist das zum Glück ganz anders.
DVD und Bonusmaterial
Die Haupt-DVD beeinhaltet neben dem Film auch noch den Audiokommentar. Es werden nur Deutsch und Englisch als Sprachen angeboten und der einzig verfügbare Untertitel beschränkt sich auf Deutsch, das mag auf den ersten Blick recht mager wirken, reicht aber eigentlich auch vollkommen aus. Der Sound ist in DD 5.1 abgemischt, in Englisch sogar DTS 5.1.
Die gleiche Akribie, die Wang beim Neuschneiden und -mischen hat walten lassen, spiegelt sich auch in der Machart der DVDs und des enthaltenen Bonusmaterials wieder: Die Zusatzfeatures auf der Extra-Disk halten für etwa zwei Stunden vorm Schirm. Leider wiederholen sich einige Interviewpassagen zwischendurch, stehen aber dann in einem anderen Kontext.
Die obligatorischen Cutscenes und Outtakes dürfen natürlich nicht fehlen. Zum Teil sind diese aber in der frühen Rohfassung vorhanden, vollkommen unbearbeitet und von nicht all zu hoher Qualität - Interessant sind diese Einlagen aber trotzdem anzuschauen. Insgesamt endlich mal wieder umfangreiches Bonusmaterial, welches diese Bezeichnung auch wirklich verdient.
Fazit
Der um- und ungeschnittene Director's Cut mit drastisch erweitertem Bonusmaterial ist auf jeden Fall der abgespeckten Version vorzuziehen. In der neuen, aufgebohrten ist nicht nur die unterhaltsame Story weitaus runder und schlüssiger geworden, sie profitiert ganz erheblich von der neuerlichen Überarbeitung, die den ursprünglichen Kinofilm nun technisch auf Hollywood-Level hebt und in einem Atemzug mit "Rush Hour" genannt werden kann, zu welchem sich so manche Parallelen finden. Auch bei der Martial-Arts-Choreographie braucht sich die vermeintliche B-Produktion nicht zu verstecken.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT : "Drive"
USA 1996
Genre: Martial Arts / SF
Lauflänge: ca. 112 Minuten + Bonus
Doppel-DVD, Director's Cut / FSK 18
EAN: 4042907100199
Vertrieb: Mediacs / Al!ve 2002
Bildformat: Widescreen (2,35:1 - anamorph)
Soundformat: DTS 5.1 (Englisch), DD 5.1 (Deutsch und Englisch)
Produktion: Michael Leahy
Regie & Drehbuch: Steven Wang
Musik: Walter Werzowa
Darsteller u.a.: Mark Dacascos (Tony Wong), Kadeem Hardison (Malik Brody), Brittany Murphy, Masaya Kato
Bonusmaterial
- Audiokommentar (Disc 1)
- Making Of inklusive Interviews (Disc 2)
- Einzel-Interviews mit Regie und Darstellern (Disc 2)
- Entfallene Szenen (Disc 2)
- Zusätzliche Szenen des Director's Cut (Disc 2)
- Outtakes / Pannen und Patzer (Disc 2)
- Redakteur:
- Jürgen Pern