I'm a Cyborg, but that's okay
- Regie:
- Park Chan-wook
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Saibogujiman kwenchana
1 Review(s)
04.06.2008 | 13:48Von der Liebe in der Klapse
Als Cyborg hat man es nicht leicht in der Menschenwelt. Missverständnisse, Irrungen und Wirrungen bestimmen den Alltag. Im oberflächlichen Familienidyll mag dieser Zustand noch tragbar sein - auf die Allgemeinheit losgelassen, ergeben sich aber große Probleme.
So kommt es, dass Cha Young-goon (Su-jeong Lim, "A Tale of Two Sisters") nach einem Versuch, ihre Batterien aufzuladen, in der Nervenheilanstalt landet. Sie hatte sich, von Maschinenstimmen befohlen, die Pulsader aufgeschnitten, um durch ein Stromkabel in der Wunde neue Energie zu bekommen. Für die Menschen in ihrer Umgebung sah dies wie ein Selbstmordversuch aus.
In der Nervenanstalt ergeben sich dann neue Probleme: Maschinen essen nicht, also verweigert Young-goon die Nahrungsaufnahme. Die Ärzte sind in diesem Tollhaus rat- und machtlos, Hilfe scheint nicht in Sicht. Doch sobald sie Ärzte weg sind, zeigt sich eine eigenwillige Solidarität zwischen den Insassen: Statt Hilfe von den Ärzten anzunehmen, helfen sie sich untereinander. Park Il-sun (gespielt von Koreas Popstar Rain) nimmt sich des Cyborgs an und verliebt sich hoffnungslos.
"I'm a Cyborg, but that's okay" ist eine eigenwillige Liebesgeschichte von Koreas Star-Regisseur Park Chan-wook. Statt um Gewalt wie in der Rache-Trilogie ("Oldboy", "Sympathy for Mr. Vengeance" und "Lady Vengeance") dreht sich in "I'm a Cyborg ..." alles um die zentralste aller menschlichen Emotionen, die Liebe. Der Handlungshintergrund wird dem asiatischen Kino-Stereotyp jedoch gerecht. Der eigentlich triste Anstaltsalltag wird bunt, die geistesgestörten Insassen werden als liebenswerte Sympathieträger präsentiert.
Ständig wechselt der Regisseur von der mental gesunden Realität zu den wahnwitzigen Fantasiewelten der Verrückten, rund um den titelgebenden Cyborg Young-goon. Diese Wechsel machen es dem Zuschauer aber schwer, der Handlung und dem näheren Sinn der Geschichte zu folgen. Aus vielen Lagen bildet sich ein Bild, das aus dem Wahnsinn ein kohärentes, verständliches Ganzes macht.
Im Kern sind die beiden Helden Young-goon und Il-sun schizophrene Menschen mit diversen Wahnvorstellungen. Durch ihre psychische Krankheit verweigert Young-goon jegliche Nahrung, was beinahe tödliche Folgen hat. Nur durch seine tiefe Liebe und viel Überzeugungskraft schafft es Il-sun, den Cyborg zum Essen zu bewegen.
In den glücklichen Momenten (wenn alle Akkus aufgeladen sind) zeigt sich dann aber eine menschenfeindliche Note, die man in klassischen westlichen Liebesgeschichten nicht findet. Young-goon redet sich ein, auf der Welt zu sein, um die Menschheit auszulöschen. Zuerst die Ärzte der Anstalt, dann die restliche Welt. Regisseur Chan-wook kehrt in diesen Momenten zur Rache-Trilogie zurück, bringt blutige Bilder von kugeldurchlöcherten Menschen auf den Schirm. Durch den allgemeinen Ton und die Handlung des Films wirken diese Szenen jedoch eher komisch als gewaltsam.
Am Rande der schönen Liebesgeschichte sickert auch allerlei Sozialkritik durch: Gesellschaftsdruck, Ellbogenmentalität, mangelnder Respekt anderen Menschen gegenüber. Übermittler dieser Kritik sind die Nebenfiguren, die wenig zur eigentlichen Beziehung der beiden Hauptdarsteller beitragen. Diese dürfen sich frei und hingebungsvoll einander widmen, sich entfalten und hin zum vermeintlichen Happy-End entwickeln.
Optisch und akustisch weniger opulent als seine Vorgänger, steht der Handlung von "I'm a Cyborg, but that's okay" wenig im Wege. Nicht zu viel Ballast soll ablenken, das Spiel der Protagonisten beeinträchtigen. Sterile Bilder wechseln sich mit wirren Kameraperspektiven ab, untermalt von einem schönen, aber eher funktionalen Score. Chan-wooks Handschrift ist durchaus erkennbar, wenn er hier auch kein cineastisches Feuerwerk abbrennt. Das komplexe, gar wirre Drehbuch steht allein im Mittelpunkt.
Die Technik
Das Bild (2.35 : 1) ist gut und liefert ordentliche Farben. Die Schärfe ist allgemein ordentlich gehalten, könnte aber gerade in Halbtotalen besser sein. Der Kontrast bewegt sich ebenfalls auf einem ordentlichen Niveau. Bildrauschen oder Defekte halten sich angenehm in Grenzen. Nicht optimal, aber durchaus gut.
Die Tonbewertung (Deutsch, koreanisch DD 5.1) fällt ähnlich aus. Beide Tonspuren halten sich bei Surround-Effekten zurück, lassen fast nur dem schönen Score Raum, um sich frei über alle fünf Lautsprecher zu entfalten. Das meiste tönt aus dem Center, was bei einer romantischen Komödie auch nicht verwundert. Der Bass dröhnt mitunter aber schon ordentlich. Für O-Ton-Muffel interessant: Die Synchronisation ist überaus gelungen und steht dem Original in wenig nach.
Wirklich gelungen sind die Extras der Scheibe aus dem Haus rem. Ein interessantes Interview mit Regisseur Park Chan-wook steht ebenso zur Auswahl wie ein Making-of und Deleted Scenes. Auch eine Featurette zur Berlinale-Auswertung des Films ist vorhanden. Sehenswert und gut.
Fazit
Ein Leben als Cyborg scheint nach Park Chan-wooks letztem Film wirklich okay zu sein. "I'm a Cyborg, but that's okay" ist eine etwas andere romantische Komödie, ein Liebesfilm unter erschwerten Umständen. Gut gespielt und ordentlich eingefangen, mühen sich die Protagonisten durch ein komplexes Drehbuch, das vielen Zuschauern vor den Kopf stoßen dürfte. Auch der massenkompatibelste Chan-wook bleibt ein Film für Liebhaber des asiatischen Kinos. Schlecht macht ihn das aber nicht.
- Redakteur:
- Martin Przegendza