Liebesdrama von Venedig, Das
- Regie:
- Diane Kurys
- Jahr:
- 1999
- Genre:
- Drama
- Land:
- Frankreich
- Originaltitel:
- Enfants du siècle, Les
1 Review(s)
30.06.2004 | 09:04Im Allgemeinen haben (dramatische) Liebesgeschichten einen zweifelhaften Ruf. Die Gründe und Ursachen sind unterschiedlicher Natur, und sollen auch gar nicht näher erörtert werden. Wichtig ist die dennoch unsterbliche Zeitlosigkeit dieses Themas, wie unzählige Versionen solcher Werke aller Epochen der Menschheitsgeschichte nachhaltig beweisen. Kein Wunder, denn auf dem schmalen Grat zwischen Liebe und Leid berührt dieses Genre empfindliche Punkte der größten menschlichen Sehnsucht, und wird daher immer hochaktuell sein.
Die vorliegende Geschichte beruht auf der Grundlage literarischer Hinterlassenschaften der französischen Schriftsteller George Sand und Alfred de Musset. Inspiriert von deren Büchern schuf Regisseurin Diane Kurys mit einem hervorragenden, hochmotivierten Team 1999 ein historisches Meisterwerk mit dem Orginaltitel "Die Kinder des Jahrhunderts" ("Les enfants du siècle"), dessen deutsche Übersetzung leider abschreckend wirkt und falsche Erwartungen schürt. Wer sich davon nicht beirren lässt, wird allerdings ein überraschend gelungenes Filmerlebnis haben.
Ihren Anfang nimmt die Geschichte in den intellektuellen, literarischen Kreisen von Paris im Jahre 1830. Hintergrund ist die Epoche der Romantik. Nach einer gescheiterten Ehe verließ die talentierte und schöne Baroness Dudevant ihren Mann, um in Paris ein neues Leben als Schriftstellerin zu führen. Ihre freigeistigen Ergüsse sind ihrer Zeit weit voraus und sorgen für vernichtende Kritiken. Nach einer ihrer Lesungen für die Unabhängigkeit der Frauen lernt sie den rebellischen Romantiker Alfred de Musset kennen. Die beiden ungewöhnlichen Persönlichkeiten beginnen eine leidenschaftliche Affäre, fern von Moral und Norm, basierend auf ihrer gemeinsamen Leidenschaft für Literatur. Als sie sich kennenlernen, ist der junge Dichter gerade 23 Jahre alt, während George Sand, so ihr männliches Pseudonym, mit ihren 29 Jahren bereits Mutter zweier Kinder ist. Immer wieder blitzt Alfreds (großartig geschauspielert durch Benoit Magimel) extrem komplizierter Charakter durch. Er ist launisch, egoistisch, jähzornig, und vor allem äusserst destruktiv veranlagt. Was er liebt, zerstört er. Zunächst angedeutet durch seinen Bruder, bewahrheitet sich dies während eines Aufenthalts in Venedig. Längst ist klar, wie gefährlich nahe er seelisch am Abgrund wandelt. Prostituierte, Glücksspiele und andere Lustbarkeiten beanspruchen ihn vollends, während George (Juliette Binoche - "Chocolat", "Der englische Patient") weiterhin diszipliniert arbeitet. Stück für Stück entfernen sich die beiden unterschiedlichen Persönlichkeiten voneinander, doch die gegenseitige Leidenschaft lässt sie nicht mehr los. Als George erkrankt, zieht sich der exzentrische junge Mann völlig zurück und überlässt sie dem ansehnlichen und äußerst kompetenten Dr. Pagello. Sie ist zutiefst erschüttert über sein Verhalten, aber mit der Hilfe des fürsorglichen, verständnisvollen Doktors schon bald wieder auf den Beinen. Kaum genesen, ist Alfred auch wieder da. Die gegenseitige Eifersucht hat mittlerweile ein tiefes Loch in ihr gegenseitiges Vertrauen gefressen, ausgelöst durch Alfreds Bordellorgien. Als er schließlich durch Opiummissbrauch ein Nervenfieber bekommt und ins Delirium fällt, scheint alles verloren. George ist verzweifelt, und nur mit Unterstützung von Dr.Pagello gelingt es ihr, die schwere Zeit durchzustehen.
Musset erholt sich äußerlich wieder, doch innerlich ist er nicht mehr derselbe. Seine zerstörerischen, gewalttätigen Anlagen treten immer häufiger auf und entladen sich schließlich in einem lebensbedrohlichen Angriff auf die junge Frau, dem sie nur knapp mit der Hilfe des herbeieilenden Doktors entkommt. Alfred sieht ein, dass er Hilfe benötigt. Um den primitiven Nervenheilanstalten Italiens zu entgehen, kehrt er aus eigener Initiative nach Paris zurück. Doch ihre gemeinsame Geschichte ist nicht vorbei...
"Das Liebesdrama von Venedig" ist keine leichte Kost. Es ist faszinierend mitanzusehen, wie aus der wundervoll inspirierenden Begegnung bemerkenswerter Charaktere eine zerstörerische, aber dennoch endlose Liebe wird. Zusätzlich punktet der Film durch zwischendurch blitzartig auftretenden Humor. Anspruchsvolle Dialoge und die Authenzität vergangener Zeiten und besonderer Charaktere, eingefangen durch gefühlvolle Kameraführung, schufen ein historisch einwandfrei überzeugendes Gefühlsepos.
Der 103minütige Film ist jeden Cent wert. Die grandiosen, französischen Schauspieler füllen die außergewöhnliche, tiefgehende Beziehung der Figuren dieser innovativen, lebendigen Zeitepoche mit besonderem Leben, unterstützt durch atemberaubende und farbenreichen Kulissen und Kostüme. Letztere wurden für mehr als fünfzig Schauspieler, und Hunderte von Komparsen geschaffen.
Neben dem Hauptfilm beinhaltet die DVD ein übersichtliches Menü mit ansprechenden Extras, wie Filmografien von Diane Kurys, Juliette Binoche & Benoit Maginnel, Interviews, Soundtrack-Samples, dem Trailer, Hintergrundinformationen und einer Bildergalerie.
- Redakteur:
- Katrin Debes