Paperhouse
- Regie:
- Bernhard Rose
- Jahr:
- 1988
- Genre:
- Fantasy
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Paperhouse
1 Review(s)
26.07.2004 | 00:16Malen kann ganz schön aufregend sein. Gefahr droht besonders, wenn man Anna Madden (Charlotte Burke) heißt, eine erschütternde Kurzhaarfrisur trägt und gerade elf Jahre alt geworden ist. So unspektakulär beginnt "Paperhouse" - und steigert sich bald zu einem wahnsinnigem Psychotrip. Denn plötzlich erwacht eine von Annas Zeichnungen zum Leben - in ihren Träumen taucht das Mädchen in ihr Bild eines verlassenen Hauses. Anna träumt immer öfter, hangelt sich von Ohnmacht zu Ohnmacht. Ihre Ärztin ist ratlos. Und Anna malt und malt an ihrem Häuslein weiter - etwa den Jungen Marc (Elliott Spiers), der in der Bilderwelt an beiden Beinen gelähmt ist und in der normalen Welt an Muskelschwund leidet. Anna freundet sich mit ihm an, doch dann passiert ein Missgeschick: Sie zeichnet ihren Vater in das Bild hinein und verpasst ihm einen etwas irren Gesichtsausdruck - und der Radiergummi versagt. Fiebernd schwebt Anna nun zwischen Traum und Realität, alles scheint sich zu vermischen, sie wacht nicht mehr auf, ihr Vater entpuppt sich in der Zeichenwelt als Psychopath...
"Paperhouse" möchte alles sein, leider zu viel auf einmal: Märchen, Fantasy-Schinken, Horrorgeschichte, Jugendfilm... Bei so vielen Genres verheddert sich der Streifen. Horror-Fans werden von dem märchenhaften Ambiente verschreckt, für Kinder ist der Film dagegen um Längen zu düster. Anfangs klingt die Geschichte sehr interessant, der ständige Wechsel zwischen Annas Träumen und der Realität sorgt für viel Dynamik. Doch leider ist da zum Beispiel dieses furchtbare Ende. Wo jedes normale Gehirn denkt, dass es nicht mehr kitschiger geht, setzt Regisseur Bernhard Rose noch eine Extra-Ladung Schmalz obendrauf und nimmt dem Streifen jegliche bis dato aufgebaute Mystik und Atmosphäre. Dagegen funktioniert "Paperhouse" in den ersten 60 Minuten noch recht reibungslos. Besonders die Bilder fesseln, könnten sie doch allesamt aus einem dieser bizarren ersten BJÖRK-Videos stammen. Zusammen mit der teils klaustrophobischen Kameraführung entsteht eine umwerfend düstere Fantasy-Atmosphäre, die auch auf DVD recht gut aussieht. Ebenso reizt die Geschichte, die durch den ziemlich gut komponierten Soundtrack von Hans Zimmer weiter dramatisiert wird - leider kommt der Ton von DVD etwas verwaschen aus den Boxen gequollen. Auch insgesamt wirkt die DVD etwas karg: Nur drei Trailer von anderen Filmen haben es als Bonus-Material auf die Scheibe geschafft. Störend bleibt den gesamten Film über die Figur der eigentlich umwerfend schauspielernden Anna: Das Mädchen ist von Film-Chef Rose als Albtraum aller Eltern angelegt, quasi als rotznäsige Besserwisserin mit unglaublichem Nerv-Potential. Sämtliche Sympathie für ihre verzweifelte Situation geht dadurch ziemlich schnell flöten, immer öfters denkt das Großhirn: "Klappe halten!" Und dann kommt eben dieser Schluss - und das schon leicht fragile Papierhaus kracht komplett zusammen und hinterlässt nur einen Gedanken-Schnipsel: Selten wurde eine eigentlich packende Idee so dolle verhunzt. Sehr, sehr schade...
- Redakteur:
- Henri Kramer