Tatort: Manila
- Regie:
- von Kamienski, Nikolaus Stein
- Jahr:
- 1998
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
31.01.2010 | 16:42Nach ziemlich genau 40 Jahren wird Deutschlands wohl dienstälteste und bekannteste Krimi-Serie flächendeckend auf DVD portiert. Der TATORT. Den Vertrieb übernimmt niemand geringeres, als der |Disney|-Konzern in Gestalt seiner Tochter |Buena Vista Home Entertainment|. Der erste Schwung Veröffentlichungen geschah am 3.12.2009, die zweite Tranche folgte im Januar 2010. Dabei gliedert sich das quer durch alle Ermittlerteams und Jahre bunt zusammengestellte Portofolio in Einzel-Folgen, Kommissar-, sowie Städte-Boxen á 4 DVDs. "Manila" ist der dritte gemeinsame Fall der Kölner Ermittler Max Ballauf und Freddy Schenk und wurde im April 1998 erstmals ausgestrahlt.
Zur Story
Die Kölner Polizei fahndet mit einem Großaufgebot inklusive Straßensperren und allem Pipapo nach einem irren Gangsterpärchen, welches die Region in Atem hält und insbesondere an Tankstellen Angst und Schrecken verbreitet. Max Ballauf hält grade auf einen der zahlreichen Polizei-Kontrollposten auf der Autobahn zu und wird Zeuge, wie ein kleiner asiatischer Junge aus dem Wagen vor ihm flüchtet und ihm dabei fast ins Auto läuft. Der betreffende Wagen gehört Staatsanwalt Wehling, der angibt, dass der Junge namens "March" getrampt sei und er ihn lieber mitgenommen habe, bevor er noch in falsche Hände gerät. Doch irgendetwas schmeckt Ballauf daran nicht. Er nimmt sich des Jungen erst einmal an.
Viel Zeit über die Sache nachzudenken hat er nicht. Schenk und er stecken schließlich mitten im Fall der beiden Flüchtigen, die immer dreister und brutaler werden. Längst ist die Fahndung zur Chefsache geworden, die Boulevardpresse knausert nicht mit bitterbösen Kommentaren. Zu seinem Ärger bekommen sie daher Franziska Berger von der Abteilung für Inneres als Unterstützung zugewiesen - mit der scheint Ballauf überhaupt nicht grün zu sein. Er zickt herum, während Kollege Schenk geradezu begeistert von ihr ist. Irgendwie fühlt sich auch niemand, um diese inzwischen weit vorangeschrittene Uhrzeit, so recht für den kleinen Phillipino verantwortlich, sodass Ballauf ihn schlussendlich in seinem Hotelzimmer unterbringt.
March zeigt indes wenig Dankbarkeit - er bemächtigt sich bei der ersten passenden Gelegenheit Ballaufs Waffe, flüchtet aus dem Hotel und streift durch die Straßen Kölns. Er versucht verzweifelt die Waffe zu verhökern, um sich ein Ticket nach Hause leisten zu können. Er wird glücklicherweise recht schnell gefunden, ohne dass jemand zu Schaden kommt - und wieder hat Wehling seine Finger im Spiel. March wird zunächst in einem Heim untergebracht und kurz darauf meldet sich seine angebliche Mutter, die ihn zurück nach Manila bringt. Ballauf beobachtet die Szenerie am Flughafen eigenmächtig, wobei ihm ein verdächtiger Mann auffällt. Dieser wird kurz darauf tot aufgefunden und gehörte, wie sich herausstellt, einem Kinderschänderring an. Nun ist es doch ein Fall für die Mordkommission.
Eindrücke
Der TATORT ist schon fast traditionell darauf ausgelegt auch immer wieder bestimmte Themen mit gesellschaftlicher Brisanz aufzugreifen und somit in den Fokus der Zuschauer zu rücken. "Manila" beschäftigt sich mit der katastrophalen Lage der Kinder in Südostasien, welche häufig leichte Opfer von Menschenhändlern werden, welche sie dann an Pädophilennetzwerke auch ins reiche Deutschland verhökern. Mit diesem Komplex beschäftigt sich der Haupterzählstrang dieser eigentlich zweigleisig ausgelegten Story. Vielleicht wirkt sie deshalb ein wenig überladen. Spannend sind beide Parts - sowohl der von Ballauf als auch der von Schenk. Wobei die beiden Fälle angenehmerweise direkt nichts miteinander zu tun haben. Beim Finale schlägt man dann wieder gemeinsam zu. Ehrensache.
Übrigens basiert die Geschichte des kleinen "March" und seiner Schwester "June" auf wahren Erlebnissen. Dass sich Ballauf sich entgegen direkter Weisung des (wie üblich Spaß bremsenden) Oberstaatsanwalts mit (wie immer zu viel) persönlichem Engagement so sehr in die Sache reinhängt, dass er im Alleingang in Manila auf Kinderschänderjagd geht - und natürlich (!) prompt in die Falle tappt - passt zwar zu seiner Rolle des Fettnäpfchensuchers mit Herz, entbehrt jedoch jeder Vernunft und Realismus. So leichtsinnig, ja geradezu dumm, dürfte kein Mensch sein, schon gar nicht ein mittlerweile so erfahrener Hauptkommissar.
So waren sie halt, die Fernsehfilme der Neunziger: Bemüht neben der Unterhaltung auch eine Message zu transportieren, aber auch noch ein wenig naiv. Das sieht heute anders aus, der moderne TATORT hat generell an Realismus gewonnen. Bei den Kölner Ermittlern hat sich diesbezüglich seit dieser dritten gemeinsamen Folge einiges geändert. Speziell Max Ballauf wurde seit seinen Zeiten als heißsporniger HiWi von Kommissar Flemming in Düsseldorf stetig zu seinem Besten weiterentwickelt. Auch die Supporting-Roles sind heute anders und treffender verteilt - etwa Joe Bausch als Gerichtsmediziner Dr. Roth und Franziska Lüttgenjohann als guter Geist im Vorzimmer. Hier ist es noch Anna Loos alias Lissy Pütz. Schauspielerisches Highlight dieser Episode ist aber sicherlich Mathieu Carrière als dubioser Staatsanwalt.
DVD und Bonusmaterial
Bild- und tontechnisch ordentlich aber nicht überragend, so wie der Rest der vergleichsweise "alten" Fälle, gehört "Manila" jedoch zu den TATORT-DVDs, welche neben den obligatorischen Kommissar-Profilen auch noch weiteres Bonusmaterial aufweisen. Zum einen wäre da ein Beinahe Making Of bzw. ein Fernsehbeitrag zu den Dreharbeiten, der die Akteure vor Ort begleitet und in welchem die Problematik der Kinderprostitution in Südostasien noch einmal eindringlich aufgegriffen wird. Das zweite Feature zeigt, dass - und wie - sich Dietmar Bär nach Fertigstellung dieser Episode auch privat weiterhin für Kinder in Not engagiert.
Fazit
Ein durchaus sehenswerter und spannender TATORT mit bestürzendem Realitätsbezug, bei dem jedoch das Setup nicht ganz nachvollziehbar erscheint bzw. die Geschichte mit dem in zwei unterschiedliche Richtungen ermittelnden Erfolgsduo Ballauf/Schenk (und dem theatralischen Showdown auf den Philippinen) dann doch sehr konstruiert wirkt. Gut unterhalten wird man trotzdem. Die DVD ist solide produziert und weist sogar ein wenig mehr Bonusmaterial als die meisten seiner Vettern aus der Reihe auf.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
"Tatort: Manila"
Genre: TV-Krimi / Serie
ARD/WDR © 1998 - Erstausstrahlung: 19.04.1998
DVD: © Disney / Buena Vista Home Entertainment
VÖ: 03.12.2009
EAN: 8717418229351
Laufzeit: 89 Min.
Bildformat: 16:9 (1,78 : 1)
Soundformat: DD 2.0 Stereo
FSK 12
Bonus: Gott und die Welt-Reportage: Tatort "Manila", Dietmar Bär hilft Straßenkindern
- Ein Hintergrundbericht, Kommissar-Profil (Interaktive Tafeln), Trailer
Buch und Regie: Nikolaus Stein von Kamienski
Kamera: Arthur W. Ahrweiler
Musik: Ullrich Spiess und Jackie Engelken
Darsteller u.a.: Klaus J. Behrendt (KHK Max Ballauf), Dietmar Bär (KHK Alfred "Freddy" Schenk), Anna Loos (Lissy Pütz), Mathieu Carrière (Johannes Wehling), Antje Schmidt (Franziska Berger), Tom Taus (March), Nikolaus S. v. Kamienski (Swoboda), Walter Gontermann (Vanderfelde)
- Redakteur:
- Jürgen Pern