Todeskarten des Dr. Schreck, Die
- Regie:
- Freddie Francis
- Jahr:
- 1965
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Dr. Terror's House of Horror
2 Review(s)
02.06.2004 | 21:59Es ist ein ganz schön krasses Kartenspiel, dass der liebe Onkel Doktor da in seiner Reisetasche mit dabei hat. "Die Todeskarten des Dr. Schreck" sind nämlich ein echtes Tarot-Blatt, das die Zukunft zeigen kann. Die fünf jungen Männer, die sich am Anfang des Films in einem engen Zugabteil treffen, wissen natürlich nichts von ihrem sechsten Mitfahrer und seinen tollen Karten. Doch bald kommen die fünf mit ihm, der sich Dr. Schreck nennt, ins Gespräch. Und Herr Schreck blickt sogleich für jeden der fünf Fahrgäste prompt in die Zukunft. Getreu dem Motto: "No Future for you" sieht es für die Neugierigen ziemlich schlecht aus, jeder bekommt eine individuelle Todeswarnung, hübsch verpackt in einer Kurzgeschichte.
Da ist zum Beispiel der arroganter Kunstkritiker Franklyn March, gespielt vom jungen Christopher Lee. Dieser Typ hat zwar im Prinzip keine Ahnung, davon aber viel. So vernichtet er regelmäßig junge Künstler mit Worten, wie etwa auch Eric Landor. Doch March hat dieses Mal die Rechnung ohne den Wirt, also Landor gemacht. Der stellt March öffentlich bloß, seine weitere Karriere als Rezensent ist bedroht. Also überfährt er Landor, der verliert bei dem Unfall seine Hand, kann nicht mehr malen und bringt sich um. Aber, haha, Landors Hand lebt weiter und krabbelt auf der Suche nach Rache munter durch die Gegend.
Ein grausames Schicksal droht auch dem jungen Arzt Bob Carroll alias Donald Sutherland. Der zieht mit seiner süßen französischen Freundin gerade in eine neue Stadt. Kurz darauf bekommt ein Junge in der Nachbarschaft Blutarmut und gar seltsame Einstiche im Hals. Und Carrolls Mädel scheint in der Nacht einen seltsam unruhigen Schlaf zu haben...
Die drei anderen Geschichten führen zu einem Werwolf, in eine westindische Voodoo-Hölle und zu einer ziemlich mörderischen Weinranke. Klingt alles nicht unbedingt neu, ist aber jeweils sehr cool inszeniert und mit überraschenden Enden gesegnet. Die einzelnen Horror-Episoden werden von der geschickten Rahmenhandlung unterstützt: Die Atmosphäre im Zugabteil wird bei jeder weiteren Zukunfts-Vision bedrohlicher. Altmeister Peter Cushing spielt dabei einen formidablen und morbiden Dr. Schreck, im englischen Original besitzt er den noch originelleren Namen Dr. Terror. Auch die Trickeffekte, etwa die lustig umherwuselnde Hand, waren damals wohl eine kleine tricktechnische Revolution. Gekrönt durch die fantastische Schlusspointe ist "Die Todeskarten des Dr. Schreck" ein herrlicher B-Movie aus den 60ern, der auch heute noch für angenehme Gänsehaut sorgt.
- Redakteur:
- Henri Kramer
Die flächendeckende Durchsetzung des Mediums DVD bringt es mit sich, dass mittlerweile jeder irgendwann veröffentlichte Filmschnipsel entstaubt und frisch geduscht seinen Weg in die pits und lands der Silberscheibe findet. Während die Strategie einiger Firmen darin besteht, die Wühltische der Supermärkte mit einer Fülle an qualitativ minderwertigem Filmquark zu überfluten (drei Heimatfilme aus der 50ern für 10 Euro... Greifen Sie zu !), gibt es immer wieder Firmen, die längst vergessene Perlen, kultige B-Movies und absolute Geheimtipps dezent und heimlich in den etwas abseits gelegenen Regalen der Geschäfte platzieren. So auch Koch Media, die neben einigen ausgewählten italienischen Western und Polizeifilmen auch englische Horror-Leckerbissen wie "Frightmare" und "Die Todeskarten des Dr.Schreck" im Sortiment führen.
Letztgenannter, ein Episodenfilm unter der Führung des späteren "Geschichten aus der Gruft"-Regisseurs Freddie Francis, ist dabei ein besonderes Schmuckstück. Nicht nur, dass sich bereits hier deutlich die Auswirkungen, die dieser Film auf das spätere Konzept der "Geschichten aus der Gruft" haben wird, zeigen, auch die Schauspielerriege mit Größen wie Christopher Lee, Peter Cushing und Donald Sutherland, machen neugierig.
Die Geschichte, die sich im Hintergrund der einzelnen Episoden abspielt, ist schnell erzählt: Fünf gut gekleidete Männer sitzen im Abteil eines Zuges. Ein sechster (Peter Cushing), auffällig durch einen musternden Blick und ein äußert unheimliches Wesen, stößt hinzu. Als dieser während der Fahrt einnickt, fällt ihm seine Tasche zu Boden und den anderen Reisenden offenbart sich ein Satz Tarot-Karten. Der mysteriöse Fremde, der sich als Dr. Schreck (im Original: Dr. Terror) vorstellt, klärt seine Mitreisenden auf: Mit Hilfe seiner Tarot-Karten kann Dr. Schreck einen Blick in die Zukunft eines jeden Menschen werfen. Dieser Blick zeigt eine künftige Situation im Leben des Betroffenen, an der er an der Scheide zwischen Tod und Leben steht. Die Karten verraten ebenfalls wie, beziehungsweise ob, man aus dieser Situation lebendig herauskommen kann. Von dem mitreisenden Kunstkritiker Franklyn Marsh (Christopher Lee) als Scharlatan beschimpft, von den Übrigen belächelt, verbreitet seine Geschichte nicht allzu viel Glaubwürdigkeit.
Nacheinander entschließen sich jedoch alle Reisenden dazu, das Spiel des Dr. Schreck mitzuspielen und einen möglichen Blick in ihre eigene Zukunft zu werfen. Jede dieser fünf Geschichten wird einer eigenen, unabhängigen Episode gezeigt, immer mit offenem Ende.
Episode 1: "Werewolf"
Der junge Architekt Jim Dawson (Neil McCallum) soll sich um den Umbau des ehemaligen Familienhauses kümmern. Bei Arbeiten im Keller stößt er auf den eingemauerten Sarg des Werwolfes Cosmo, den Jims Großvater vor langer Zeit mit Silberkugeln erlegt haben soll. Kurz darauf häufen sich mysteriöse Ereignisse: Das Hausmädchen wird tot aufgefunden, eine blutige Spur zieht sich in Richtung Keller. Und auch für Jim wird für die Lage zunehmen ernst: Der Legende nach wird Cosmo eines Tages den Körper eines Menschen annehmen und Rache vollziehen.
"Werewolf" ist eine nette, leider etwas unsauber ausgearbeitete Episode, die zwar durchaus Spannung aufbauen kann, in den entscheidenden Momenten aber durch die missratene Komposition und die auf Teufel komm raus hineingepresste Werwolf-Geschichte deutlich verliert. Das alte Haus mit dem verdächtigen Sarg im Keller hätte alleine bereits die 15-minütige Episode brillant ausfüllen können. Der Werwolf (zwar nur in einer kurzen Szene zu sehen, aber ich habe schon Hamster gesehen, die furchterregender aussehen) wirkt hier leicht deplaziert. Schade...
Episode 2: "Creeping Vine"
Bill Rogers (Alan Freeman), der mit Frau und Tochter in einem schönen Haus lebt, muss bei der Gartenarbeit feststellen, dass sich eine Pflanze an der Hauswand beständig dagegen wehrt, beschnitten zu werden. Rogers Gartenschere wird ihm von der Pflanze aus der Hand gerissen, die Lage beginnt ernst zu werden, als der familieneigene Hund Rusky von Pflanzenstängeln erwürgt aufgefunden wird. Roger setzt sich mit örtlichen Biologen in Verbindung, die herausfinden, dass die Pflanze ein intelligentes, sich selbst von Feinden schützendes Wesen mit vielen kleinen, unter dem Mikroskop sichtbaren Gehirnen ist. Und das ist noch nicht alles: Das ultimativ böse Gewächs will offenbar die Weltherrschaft erlangen!
Yes! "Creeping Vine" ist eine Trash-Episode wie sie im Buche steht. Die Story ist vollkommen wirr, die Ausarbeitung der Charaktere muss irgendwann zwischen dem siebten und achten Bier erfolgt sein und man erwartet jeden Moment, dass Godzilla um die Ecke kommt, um sich einen spektakulären Zweikampf mit der Pflanze zu liefern. Selten so amüsiert: "Creeping Vine" ist ein definitiver Geheimtipp!
Episode 3: "Voodoo"
Biff Bailey (Roy Castle) bekommt mit seiner Band ein Angebot, auf den Antillen zu spielen. Dort wird er nachts Zeuge einer Voodoo-Zeremonie, bei der die Anhänger des Kultes zu einer geheimnisvollen Melodie tanzen. Biff notiert sich diese Melodie und beschließt, trotz Warnung des Voodoo-Priesters, eine eigene Version davon zu schreiben und damit in England groß rauszukommen. Dass er damit böse Geister erzürnt, wird ihm erst zu spät klar...
"Voodoo" ist, trotz oder gerade wegen der reichlich eigenartigen Story, eine sehr unterhaltsame Episode geworden. Roy Castle spielt seine Rolle sehr überzeugend, die musikalische Untermalung ist erstklassig und die Schauplätze wirken authentisch. Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack zurück, dadurch begründet, dass sich "Voodoo" nicht so recht für oder wider den Trash-Faktor entscheiden kann und somit einen recht wacklig anmutenden Balanceakt ausführen muss.
Episode 4: "Disembodied Hand"
Die Meinung des Kunstkritikers Franklyn Marsh (Christopher Lee) hat einen hohen Wert in der englischen Szene. Der von ihm verachtete Künstler Eric Landor (Michael Gough) stellt ihn eines Tages bloß und sorgt bei künftigen Auftritten des Kritikers dafür, dass dieser seiner Arbeit nicht mehr konzentriert nachgehen kann. Dies geht soweit, dass Franklyn eines Abends beschließt, Eric mit dem Auto zu überfahren. Dieser lebt nach dem Unfall zwar noch, seine rechte Hand jedoch war nicht mehr zu retten. Das Aus für den Maler, der sich daraufhin das Leben nimmt. Was Franklyn nun feststellen muss ist, dass die Hand von Eric noch weiterlebt und Rache üben will.
"Disembodied Hand" ist die wahrscheinlich ernsthafteste Episode des Films. Nach der kurz vorher dargebotenen sehr farbenprächtigen "Voodoo"-Episode bietet diese hier deutlich tristere Bilder. Die Idee mit der abgetrennten Hand, die ein Eigenleben führt, mag heute wenig spektakulär sein, die darum gebaute Geschichte und die schauspielerische Leistung von Christopher Lee und Michael Gough holen hier dennoch das Maximum heraus.
Episode 5: "Vampire"
Der Arzt Bob Carroll (Donald Sutherland) ist frisch verheiratet und kehrt mit seiner Frau Nicolle in seine Heimatstadt zurück. Nicolle, eine waschechte Vampirin, nimmt nachts unbemerkt von ihrem Mann den Körper einer Fledermaus an, fliegt aus dem Schlafzimmerfenster und stillt ihren Blutdurst. Bob kommt dem mit seinem Kollegen Dr. Blake (Max Adrian) auf die Schliche. Dr. Blake fordert seinen Kollegen auf, Nicolle einen hölzernen Pfahl in ihr Herz zu rammen.
Die letzte Episode, "Vampire", ist leider eine recht langweilige und viel zu belanglose Vampirgeschichte, die von Widersprüchen und logischen Fehlern nur so strotzt. Zwar wissen Donald Sutherland und insbesondere Max Adrian in ihren Rollen zu überzeugen, die Geschichte ist dennoch so eindimensional, dass man am liebsten den Schnelldurchlauf walten lassen würde.
Fazit: "Die Todeskarten des Dr.Schreck" ist insgesamt leider nur mittelmäßig. Zwar wissen einzelne Episoden oder wenigstens Teile von Episoden zu begeistern, wer die späteren "Geschichten aus der Gruft" kennt, weiß jedoch, dass man dieses Konzept auch besser umsetzen kann. Die Kompositionen sind meist hundsmiserabel und versäumen es, die jeweilige Geschichte zu unterstützen. Pluspunkte gibt es dafür für die sehr gute Kulisse, die sehr eigenwilligen Ideen im Drehbuch und die Schauspieler, allen voran Peter Cushing als Dr. Schreck und Christopher Lee als kühl berechnender Kunstkritiker Franklyn Marsh. Eine Empfehlung geht an diejenigen, die der Gedanke an eine nicht ganz gelungene Adaption der "Geschichten aus der Gruft" durch die Hammer-Studios nicht abschreckt.
Die DVD von Koch Media bietet den Film in englischer und deutscher Sprache (wahlweise die TV- oder die Kinotonfassung). Hinzu kommt der herrlich antike Original Kinotrailer und der Audiokommentar von Regisseur Freddie Francis.
- Redakteur:
- Christian Debes