Uhrwerk Orange
- Regie:
- Stanley Kubrick
- Jahr:
- 1971
- Genre:
- Drama
- Land:
- UK
- Originaltitel:
- A Clockwork Orange
1 Review(s)
21.07.2004 | 08:58Alex ist ein echtes Herzchen. Er raubt, plündert und vergewaltigt zusammen mit seinen drei Droogs(=Slang für "Kumpels") durch das abendliche London, wie es vielleicht geworden wäre, hätte die Rote Armee England besetzt. Er ist ein durchaus kluger Bursche, der seine Intelligenz aber vorrangig dazu benutzt, sich auf den kreativsten Wegen davor zu drücken, mit ehrlicher Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seinen Eltern erzählt er, dass er Gelegenheitsjobs neben der Schule betreibt, doch in Wahrheit rafft er zusammen, woher er es kriegen kann. Die einzelnen, kleinen Gruppen stehen miteinander in Feindschaft und neigen dazu, sich mit Messern, Ketten und Knüppeln blutig zu schlagen.
Doch Alex' Gewalt richtet sich nicht nur gegen feindliche Gruppen sondern auch gegen einen Bettler, der zufällig besoffen im Straßengraben liegt und singt. In einem abgelegenen Haus überfällt die Gruppe einen Schriftsteller und seine Frau, welche sie auch brutal vergewaltigen und ihren Mann zur Demütigung zusehen lassen. Erstaunlicherweise kommt Alex weitestgehend ungeschoren davon, bis zu jenem schicksalhaften Abend, als eines seiner potentiellen Opfer ihn nicht hereinlässt und die Polizei ruft. Bei einem kleinen Handgemenge mit der Frau rammt er ihr einen übergroßen Plastikpenis in den Schädel, so daß sie kurz darauf verstirbt. An der Flucht vor der Polizei hindern ihn schließlich seine angeblichen Verbündeten, die ihn mit einer Flasche KO schlagen und einfach liegen lassen.
Zwei Jahre verbringt er als verurteilter Mörder in einem Gefängnis damit, dem Pfarrer und allen anderen den Geläuterten vorzuspielen, bis ihm schließlich ein Experiment der Regierung zu Hilfe kommt. Die sogenannte Ludovico-Technik macht aus einem Schwerstkriminellen innerhalb von wenigen Wochen einen braven und vor allem angepassten Bürger, indem sie in seinen Denkmustern Sex und Gewalt mit Brechreiz und körperlichen Schmerzen assoziiert.
Alex, der nur die kurze Zeit bis zur Wiederentlassung sieht, ahnt nicht einmal, welche weiteren Konsequenzen seine Entscheidung nach sich ziehen wird...
Anthony Burgess' ohnehin schon beklemmende Zukunftsvision in Form der Romanvorlage "A Clockwork Orange" hat Stanley Kubrick in diesem Film noch zig Mal beängstigender, bedrückender und schockierender umgesetzt. Kubrick beweist, dass Gewalt nicht zwangsläufig blutig sein muss, um brutal zu wirken. Ohnehin ist die physische Gewalt, die Alex und seine Gesinnungsgenossen ausüben, nur der kleinere Teil der Gewalt, die in diesem Film vorhanden ist. Offensichtlich geht es um die Gewalt, die der Staat ihm und den anderen Bürgern angedeihen lässt.
Zu den wesentlichen, beängstigenden Faktoren des Films gehören die zahlreichen Parallelen, die sich zu realen, teilweise aktuellen Geschehnissen ziehen lassen.
Uhrwerk Orange ist eine bedrückend umgesetzte Zukunftsvision. Brutal, abstrakt und anklagend aber ohne einen störenden moralischen Zeigefinger.
Malcolm McDowell spielt alle anderen schlicht und simpel an die Wand. Seine Verkörperung des aufsässigen Rebellen Alex, der schließlich zum braven Bürger und dann doch wieder er selbst wird, ist ungeheuer glaubhaft und beeindruckend gut. Jede Veränderung, die in seiner Persönlichkeit passiert, wird für den Zuschauer ersichtlich und damit nachvollziehbar. Seine sarkastische Haltung durch den Film hindurch und die Art, wie er sich verhält, runden das Ganze ab.
Etwas enttäuschend an der filmischen Umsetzung ist, dass ein ganzes Kapitel aus Burgess' Roman schlicht fehlt. Das 21. und letzte nämlich, in welchem die Schlussszene des Films, als sich Alex plötzlich mit seinem Peiniger bestens versteht, relativiert wird. Alex trifft einen seiner ehemaligen Droogs und dieser ist seit einigen Wochen verheiratet. Da wird Alex klar, dass auch er jetzt im Jobalter ist und es vielleicht Zeit wird, sich häuslich niederzulassen...
Fazit: Die Idee hinter Uhrwerk Orange ist schlicht großartig. Durch die Nachdrücklichkeit, die Filmbilder gedruckten Worten voraus haben, kann dieser Film sogar noch weitaus mehr bewegen und beeindrucken als die Vorlage. "Uhrwerk Orange" gehört wirklich zum Pflichtprogramm, nicht nur für Kubrick-Fans.
Der Film ist auf der DVD in deutscher, englischer und spanischer DD-5.1-Tonspur zu finden, dazu kommen 19 optionale Untertitel, u.a. isländisch, ungarisch, kroatisch, türkisch und andere. An Extras findet sich leider lediglich ein Trailer auf der Scheibe.
- Redakteur:
- Sebastian Hirschmann