WW I: War to end all Wars (4 DVDs)
- Regie:
- Feuerherd, Edward
- Jahr:
- 2008
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- USA
1 Review(s)
07.06.2011 | 23:36Der Erste Weltkrieg. Er ist oft als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet worden und galt damals als "Krieg alle anderen Kriege zu beenden", doch tatsächlich war er eigentlich nur der Auftakt zu einem viel umfassenderen Flächenbrand und Vorspiel zum Zweiten Weltkrieg 1939-1945. Doch das konnte 1914 noch niemand wissen. Die amerikanische Produktionsfirma "HotDoks" widmete dem Ersten 2008 eine großangelegte, 10-teilige Dokumentationsreihe, welche seit Februar 2011 auch in Deutschland als 4 DVD-Box im Vertrieb von Ascot Elite erhältlich ist.
Geschichtliches
Wie so oft begann alles mit einer Lappalie, sofern man einen Mordanschlag als eine solche mal einstufen darf. Verglichen mit dem folgenden, millionenfachen Tod, nimmt sich die Ermordung von Kronprinz Franz-Ferdinand und seiner Gattin Sophie im serbischen Sarajevo aber doch recht bescheiden aus. Schon lange brodelte es in Europa, Deutschland und Frankreich waren sich spinnefeind, ebenso hatte sich die K&K-Monarchie Österreich-Ungarn mit ihren Nachbarn im Balkan verkracht. Das zaristische Russland stand eindeutig auf der Seite Serbiens, England sympathisierte mit Frankreich (wiewohl ohne offiziellen Beistandspakt) und die wiederum hatten auch Russland auf der Verbündetenliste. Sie bildeten gemeinsam die so genannte Entente.
Dem entgegen standen die "Mittelmächte" Deutschland und Österreich. Kaiser Wilhelm II. machte den - aus heutiger Sicht - fatalen Fehler der K&K-Monarchie quasi einen Blankoscheck auszustellen, dass das deutsche Reich im Falle eines Krieges uneingeschränkt hinter Österreich-Ungarn stehen würde. Diesen löste letztere nach dem Mord am Kronprinzen durch serbische Attentäter justamente ein, als es Serbien darauf hin den Krieg erklärte. Wilhelm - gegenüber dem ehemaligen und diplomatisch-weitsichtigen Reichskanzler Otto von Bismarck - eher Kriegstreiber, träumte ohnehin den Traum von einem Großdeutschen Reich. Sogar einen Plan hatte man seit langem in der Tasche, den nach seinem adeligen Erfinder benannten "Schlieffen-Plan".
Dieser erschien als probates Mittel den gefürchteten (und nun tatsächlich eingetretenen) Fall des Zweifrontenkrieges zu vermeiden oder dessen Negativ-Effekte zumindest zu verringern zu können. Im Osten ging es gegen Russland, welches den Serben zur Hilfe sprang, diesen Part übernahmen hauptsächlich die Österreicher. Im Westen war es Frankreich, welches sich nicht auf einen Separatfrieden einlassen wollte. Die Mittelmächte - sprich Deutschland - mussten also Frankreich möglichst rasch überrennen (Zeitfenster: 40 Tage), was allerdings nicht gelang. Zum Einen weigerten sich die Benelux-Staaten, das deutsche Heer kampflos durchzulassen, zum anderen waren die östlichen Festungen in den Ardennen ein kaum zu überwindendes Bollwerk.
Der Schlieffen-Plan beinhaltete sowieso eine Menge Fehleinschätzungen und basierte zudem auf sehr optimistischen Annahmen des Jahres 1887. Oberbefehlshaber Erich von Falkenhayn litt zudem an Führungsschwäche, sodass er als zusätzlicher Verstärker für die vielen Macken und Unwägbarkeiten im Plan wirkte. Seine Heerführer gönnten sich zwangsläufig so manche Eigenmächtigkeit. Kurzum: Schon zu Beginn ging bei der deutschen Offensive sehr viel schief. Das sollte sich an der Westfront auch nicht großartig ändern, auch nicht durch deutlich verbesserte Waffensysteme und angepasstere Taktik. Flammenwerfer, Giftgas, Panzer, Jagdflugzeuge/Bomber - all das gab es auf früheren Schlachtfeldern nicht. Die deutsche Spezialität der "Sturmtruppen" ebenfalls nicht. Allesamt Konzepte die sich bis heute in allen Militärs etabliert haben.
Doch der fruchtlose Stellungskrieg - insbesondere in den Gräben - zermürbte die Streitkräfte auf allen Seiten. Auch auf See war der große Wurf ausgeblieben und die britische Seeherrschaft trotz anfänglicher Erfolge ungebrochen. Mehr noch: Durch Ausrufung des uneingeschränkten U-Bootkrieges, und damit einhergehend auch der Versenkung amerikanischer Schiffe, traten nun auch die Yankees in den Krieg ein - das Zünglein an der Waage und der Anfang vom Ende. Obwohl die russische Revolution die Ostfront obsolet machte, war die Niederlage der Mittelmächte 1918 besiegelt. Der Krieg mit seinem millionenfachen Tod hatte beinahe eine komplette Generation ausgelöscht. Der Krieg war inzwischen jeglicher Moral und Menschlichkeit verlustig gegangen - so er denn je welche hatte ...
Die Dokumentation
Die 10 Episoden verteilen sich auf 4 DVDs und sind jeweils in Akte unterteilt, welche halbwegs thematisch sortiert sind. Meist wird pro Episode entweder ein politischer, zeitlicher oder lokaler Abschnitt behandelt - gelegentlich wird auch noch nach Waffengattung unterschieden. Da das Heer die Hauptlast zu tragen hatte, ist speziell dem Grabenkrieg an der Westfront, auch der Löwenanteil gewidmet. Luft- und Seekrieg sind eher stiefmütterlich vertreten. Allerdings gerät die Chronologie des Öfteren etwas durcheinander und man endet im Vorgriff auf Ereignisse, die sich erst sehr viel später offenbaren sollen. Bei einem so komplexen, eng verschachtelten Thema (selbst die russische Revolution wird recht ausführlich beleuchtet) ist das aber weder verwunderlich noch verwerflich.
Die Doku bemüht sich um einen neutralen Tonfall und heroisiert sowie verteufelt keine Seite, was angesichts einer amerikanischen Produktion durchaus positiv anzumerken ist. Auch die sonst auf den dortigen Markt mit Werbeeinblendungen abgestimmten Breaks und geradezu typisch nervös-hastige Schnitte sind wenig bis gar nicht feststellbar. Allerdings ist das "seltene Archivmaterial" sehr häufig mehrfach zu sehen - noch dazu immer wieder in anderem Kontext, so als Platzhalter für das Gesagte, wenn dafür keine entsprechenden Aufnahmen vorhanden waren. Irgendwann ist man den immer gleichen Einstellungen von Gesichtern, Szenen von Granateinschlägen, Artilleriefeuer und See-, Luft-, und Landgefechten überdrüssig und schaut nur noch mit einem Auge hin.
Gelegentlich werden die Sequenzen und Standbilder zum Kaschieren einfach mal spiegelverkehrt gezeigt. Die Qualität des Film- und Bildmaterials ist dem Alter entsprechend. Das heißt oft wackelig, unscharf und meist in der Helligkeit pulsierend was dem Auge, respektive dem Hirn ein gewisses Maß an Anstrengung abnötigt. Ruhe findet man diesbezüglich nur, wenn Kartenmaterial oder Stillimages eingeblendet werden. Natürlich ist eine solche Doku keine 16:9 Schlacht, daher muss man auch mit 4:3 TV-Format auskommen. Ob die Soundabmischung in DD2.0 wirklich nötig war? Na ja, das ist heute schon Quasi-Standard - nötig wäre es sicher nicht, um die (ganz offensichtlich nachträglich) unterlegten Soundeffekte zu Gehör zu bringen. Die sind übrigens auch oft asynchron/unpassend zum Gezeigten und wiederholen sich zudem ständig.
Fazit
Sicherlich eine der umfangreichsten, wenn nicht DIE umfangreichste, Dokumentation zum Thema "Erster Weltkrieg" auf DVD. Zu gefallen wissen dabei die Sachlichkeit und Neutralität der Betrachtungsweise, sowie der Umfang der gebotenen Informationen auch, und gerade, was das politische Umfeld betrifft. Das macht die Box zu einem guten Entertainment-Begleitmaterial zum Geschichtsunterricht in der Schule. Nervig sind hingegen die immer wiedergekäuten Filmsequenzen und Stillimages sowie die zum Teil ziemlich überflüssigen Soundeffekte. Bonusmaterial findet sich auch keins, was angesichts dieses sehr komplexen, realen Themas bestimmt mehr anbieten würde als bei manch fiktivem Actionreißer. Schade, das hätte die ansonsten sehenswerte Dokumentation etwas weiter aufgewertet.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
WW1 - War to end all Wars - Der Erste Weltkrieg 1914-1918
10-teilige Dokumentation
USA 2008
Regie: Edward Feuerherd
Produktion: HotDoks
Vertrieb: Ascot Elite, 2011
4 DVD-Box / Wendecover, FSK 12
EAN: 7613059801554
Laufzeit: 420 Minuten
Bonus: Trailershow
Bildformat: 4:3
Ton: DD 2.0 (Deutsch und Englisch)
- Redakteur:
- Jürgen Pern