Alexander
- Regie:
- Oliver Stone
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Alexander
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07.05.2005 | 10:07Groß, größer, Alexander. In dieser schon fast mythischen Verklärung schildert Regisseur Oliver Stone den Lebensweg des legendären griechischen Königs im gleichnamigen Film "Alexander". Die Marschrichtung des Films wird schon am Anfang deutlich, wenn Stone den einstigen Alexander-Berater Ptolemaios (Anthony Hopkins) über seinen früheren Herrn erzählen lässt. Worte wie "übermenschlich" fallen da, Alexander wird als "Vereiner der Menschen" bezeichnet. Zum Beweis schildert Stone im Anschluss Alexanders (Colin Farrell) kurzes Leben von 356 bis 323 vor Christus in chronologischen Episoden. Die klare Abfolge verhilft dem Film zwar zu historischer Klarheit, doch führt sie bei knapp drei Stunden Dauer zu einer gewissen Langatmigkeit.
Doch was hätte Stone weglassen können? Die zerrüttete Beziehung Alexanders zu seiner Mutter Olympia (Angelina Jolie), die für ihres Sohnes Thron wohl auch seinen Vater Philipp (Val Kilmer) ermorden ließ? Oder Alexanders gleichzeitige Liebe zu seiner Frau Roxane (Rosario Dawson) und seinem besten Freund Hephaistion (Jared Leto)? Oder eine seiner zahlreichen Großtaten wie der Sieg über das 250000 Köpfe zählende persische Heer mit nur 40000 Griechen? Die titanenhaften Legenden um das Leben von Alexander stellten Oliver Stone vor eine gigantische Herausforderung - die er nur zum Teil schultern konnte.
So besitzt Stones "Alexander" nicht die raffinierte Kunstfertigkeit, die den oscarprämierten Regisseur noch bei Filmen wie "JFK", "Platoon" oder "Natural Born Killers" auszeichnete. Zudem fehlen trotz der Länge wichtige Aspekte wie etwa die Zerschlagung des gordischen Knotens durch Alexander vor seiner Eroberung von Phrygien: Der Legende nach prophezeite ein Orakel, dass nur derjenige den Knoten lösen könne, der die Herrschaft über Asien erringen würde. Im Frühjahr 334 vor Christus soll Alexander diesen Knoten einfach mit seinem Schwert durchschlagen und damit seinen Siegeszug durch Asien eingeläutet haben - warum gerade diese Szene nicht?! Auch Colin Farrell ist vor allem am Anfang wenig davon anzumerken, dass er quasi einen lebenden Gott spielt. Besonders die Anfeuerungsrede an sein Heer vor der entscheidenden Schlacht mit den Persern wirkt in ihrer patriotischen Art schon fast lächerlich - wer will einem solchen Milchbubi-Typ folgen?! Erst im zweiten Teil des Films bekommt Farrell die Rolle in den Griff, wirkt mehr und mehr in seiner Gestalt als rastloser, schwer romantischer König, den sein inneres Feuer immer weiter treibt, auch wenn er dabei mehr und mehr vereinsamt. Solche Aspekte streicht Stone schön heraus. Ebenso sind die Schlachten toll inszeniert, die Optik des Films generell ist ein Genuss, der Soundtrack von Vangelis auch.
Doch bleibt Stone unter seinen Möglichkeiten. Weder traut er sich, die Bisexualität von Alexander zu zeigen, die in der dem Film zugrund liegenden Biografie von Robin Lane Fox beschrieben wird. Grund hierfür: Griechische Anwälte drohten dem Warner Studio und Regisseur Oliver Stone schon im Vorfeld der Dreharbeiten mit einer Klage, sollte ihr Nationalheld als Homosexueller dargestellt werden. Dazu kommt, dass der erklärte Bush-Feind Stone zu viel Patriotismus-Pathos verbreitet. Bei all der Glorifizierung von Alexander und seinen Taten kommt die andere Sichtweise zu kurz: dass hier einfach ein Mann die Erde eroberte, die Menschen mit seinem Weltbild "beglückte" und dabei sein eigenes Reich gnadenlos überdehnte. Dass der Regisseur keine Wertung zu seinem Helden geben wollte, war wohl neben der schleppenden Inszenierung ein Grund dafür, dass der Film an den Kinokassen floppte. Trotzdem ist "Alexander" auf der durchschnittlich ausgestatteten Kauf-DVD allemal sehenswert, ein guter Historienfilm eben. Mehr aber (leider) nicht.
- Redakteur:
- Henri Kramer