Blutige Seide
- Regie:
- Mario Bava
- Jahr:
- 1964
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- Sei donne per l'assassino
1 Review(s)
12.10.2005 | 12:30Mario Bava ist jedem, der sich auch nur ein wenig mit dem Krimi-Genre auseinandergesetzt hat, garantiert ein Begriff. Der italienische Regisseur, der sich selber als bekennender Alfred-Hitchcock-Fan geoutet hat, erschien 1963 mit einer eigenwilligen Form des italienischen Kriminalfilms, dem Giallo, zum ersten Mal auf der cineastischen Landkarte. Bereits ein Jahr später erregte er mit seinem damals aktuellen Film "Blutige Seide" zum ersten Mal das Interesse der breiten Öffentlichkeit und konnte sich so als einer der wichtigsten Regisseure seiner Zeit etablieren. Das Vermächtnis von Mario Bava ist heute einzigartig. Bekannte Regisseure beziehen sich gerne auf die Werke des Italieners, und diverse Shocker-Reihen wie beispielsweise "A Nightmare On Elm Street" gehören zu den Streifen, bei denen Bavas Giallo als Inspirationsquelle diente.
Anolis und e-m-s haben nun einige der alten Klassiker wieder ausgegraben und sie zum ersten Mal in Deutschland auf DVD veröffentlicht. Einer davon ist der eben erwähnte Krimi "Blutige Seide".
Story:
Die strenge Contessa Cristina Como (Eva Bartok) lebt seit dem Tod ihres Mannes sehr zurückgezogen. Ihren Modesalon, in dem sich nur die Reichen und Schönen aus ganz Rom, aber auch die Verruchten treffen, hat sie aber dennoch nicht aufgegeben. Eines Tages wird vor diesem Salon die junge Isabella, eines der Models, auf grauenvolle Art und Weise umgebracht. Noch mehr schockiert als über den eigentlichen Tod sind die Herren und Damen jedoch, als plötzlich das Tagebuch der hübschen Verstorbenen auftaucht. Offenbar enthält dieses kleine Büchlein einige Geheimnisse, die so manchen Besucher der Contessa in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnten. Als schließlich die Finderin des Buches ebenfalls dem maskierten Mörder zum Opfer fällt, gerät die Polizei um Inspektor Silvester (Thomas Reiner) unter Druck. Die Ermittlungen schreiten überhaupt nicht voran, und als man glaubt, durch die Gefangennahme aller vermutlichen männlichen Täter zumindest die Fortsetzung der Mordserie zu verhindern, entdeckt man auch schon das nächste Opfer ...
Auch wenn so mancher Schauspieler (vor allem Thomas Reiner als Inspektor Silvester) in seiner Rolle sehr steif und ohne wirkliche Leidenschaft agiert, ist "Blutige Seide" ein sehr interessanter Krimi geworden, den man getrost als eines der Pionierwerke des modernen Horrorkinos bezeichnen darf. Mario Bava ist es gelungen, ein farbenfrohes und doch sehr spannendes Spektakel zu inszenieren und gleichzeitig eine ziemlich gute Charakterisierung der scheinheiligen Nobel-Gesellschaft zu kreieren. Bava hat Charaktere ins Leben gerufen, die allesamt etwas zu verbergen haben, weshalb man schon nach kurzer Zeit gar nicht mehr weiß, wem man trauen darf und wem nicht. Im Prinzip kommen fast alle Beteligten als potenzielle Mörder in Frage, und von Minute zu Minute wechselt der aktuell heißeste Verdacht wieder. Schade ist lediglich, dass die Geschichte schon ein ganzes Stück vor dem eigentlichen Ende aufgelöst wird und der Regisseur in den letzten Minuten die Beweggründe des Täters aufarbeitet und die Moral schließlich wieder ins rechte Licht rückt. Dies ist vielleicht nicht die beste Lösung, ändert aber nichts an der fesselnden Spannung dieses Streifens.
Andererseits hat Bava bei der Darstellung des Mörders ein sehr gutes Händchen bewiesen. Lediglich mit einer simplen Maske und einem Zylinder ausgestattet, ist diese Person furchterregender als so manches billige Monster, ist aber auch gleichzeitig sinnbildlich dafür, mit welche einfachen Mitteln der Regisseur hier ein atemberaubendes Ergebnis erzielt hat.
In der Folgezeit hat Bava sicher noch modernere und bessere Filme als Regisseur begleitet (einige davon erscheinen parallel zu dieser DVD), jedoch hat er hier bereits einen wichtigen Grundstein sowohl für die eigene Laufbahn als auch für das gesamte Genre mitsamt seiner Sub-Genres gelegt. Zweifelsohne ist "Blutige Seide" einer der einflussreichsten Filme seiner Zeit und daher auch unbedingt sehenswert.
Die DVD ist - man behalte dabei das Erscheinungsjahr des Films im Auge - insofern sehr gut geworden, als dass die Mängelerscheinungen beim Bild sich wirklich in Maßen halten. Es rauscht zwar ständig, aber da gibt es wahrhaftig schlimmere Neuauflagen, und in diesem Fall dient dieses Knistern sogar an manchen Stellen auch der Atmosphäre des Films. Der Ton hingegen ist ziemlich gut, weist zwar auch die üblichen Schwankungen auf, aber im Prinzip gilt hier das Gleiche wie fürs Bild: Hier hat man wirklich das Bestmögliche herausgeholt.
In Sachen Extras sieht es hingegen recht dünn aus. Lediglich ein Trailer (Wahnsinn, wie unspektakulär solche Filme damals angepriesen wurden) und eine leider etwas verschwommene Bildergalerie dienen als Bonus.
Nun, trotz allem: Im Endeffekt zählt nur der Film, und der ist in diesem Fall wirklich sehr gut!
- Redakteur:
- Björn Backes