Bowling for Columbine
- Regie:
- Michael Moore
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- USA
1 Review(s)
18.01.2005 | 07:46Woher kommt es eigentlich, dass die Amerikaner so vernarrt in Waffen sind? Hat es etwas damit zu tun, dass jeder Ami ein Recht darauf hat, eine Handfeuerwaffe zu besitzen? Und ist das der Grund dafür, dass an der Columbine High School in Littleton zwei Schüler ein Massaker anrichten konnten?
Filminfos
O-Titel: Bowling for Columbine (USA 2002)
Studio: Universal
FSK: ab 12
Länge: 112 Min.
Regisseur/Ausf. Produzent: Michael Moore
Drehbuch: Michael Moore
Darsteller: Michael Moore, Charlton Heston, Marilyn Manson u.a.
Inhalt
Michael Moore ist der Regisseur und Hauptdarsteller dieses Dokumentarfilms. Er ist auch der Autor des Bestsellers "Stupid White Men". Er stellte sich die oben genannten Fragen und begab sich in seinem Heimatland auf die Suche nach den Antworten. Er fragte eine Heimwehr, er fragte die Mutter eines kleinen Jungen, der zum Mörder geworden war. Er fragte Waffengegner und Waffenbefürworter wie etwa die National Rifle Association, die NRA. Moore ist selbst NRA-Mitglied und interviewte deren Vorsitzenden, den Schauspieler Charlton Heston.
Als Moore die Antworten - oder zumindest Theorien - herausgefunden hatte, verglich er sie mit den Erfahrungen, die man gleich jenseits der US-Grenze mit Waffen macht: in Kanada. Genauer gesagt, in Windsor, gleich Detroit oder Flint gegenüber, auf der anderen Seite eines Flusses, der die Großen Seen miteinander verbindet. In Windsor sind die Haustüren unverschlossen, und man lädt unangemeldete Besucher ein, hereinzukommen. Es gibt kaum Tote durch Waffeneinwirkung. Ein seltsames Land, dieses Kanada!
Und Moore ergreift Initiative. Er brachte die Supermarktkette K-Mart - wenigstens im Film - dazu, keine Waffenmunition mehr zu verkaufen. Sein bestes Argument: ein junger Mann im Rollstuhl, der durch einen Schuss an der Wirbelsäule verletzt worden war. Und die Presse, die beim Überreichen der Petition an K-Mart dabei war!
Mein Eindruck
"Bowling for Columbine" macht erst einmal Bestandsaufnahme. Moore zeigt die Überwachungsvideos vom Littleton-Massaker. Das haut den Zuschauer erst einmal um. Auch das Interview mit dem Bruder des Oklahoma-City-Bombenattentäters (Tim McVeigh) enthält einen Hammer: Der Mann schläft mit einem Revolver unterm Kopfkissen. Offenbar gibt es im "Land der Freien und Tapferen" eine Menge Paranoia.
Dass dies möglicherweise am latenten Rassismus liegen könnte, zeigen Statistiken und ein etwas überspitzter Animationsfilm im Stil von "South Park" (vom gleichen Macher). Moore setzt verschiedenste Stilmittel ein, um den Zuschauer durch ein Wechselbad der Gefühle zu jagen. An keiner Stelle kann Langeweile aufkommen. Vielmehr bleibt das Interesse auch dann erhalten, wenn Moore eine längere Geschichte erzählt, etwa die vom kindlichen Killer und seiner Mutter.
Am interessantesten und wohl auch am quälendsten ist hingegen der Höhepunkt des Films: das Interview mit NRA-Präsident Charlton Heston. Der alte Filmhaudegen weicht Fragen aus, flüchtet in Ausreden und verweigert schließlich die Antwort, steht auf und verlässt den Ort des Interviews. Zurück bleiben nur die Poster seiner Filme.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,78:1, 16:9
Tonformate: DD 5.1
Sprachen: Engl.
Untertitel: Dt.
Extras:
- Original-Trailer
- Interview mit dt. Journalisten (mit Untertiteln): ca. 11 Minuten
- Pressekonferenz (mit Untertiteln): 43 Minuten
- Kurzbio von M. Moore
- Statements zu "Bowling ..." von M. Moore und den Produzenten (Texttafeln)
- Trailershow
Das Erste, was einem an der nett aufgemachten DVD auffällt, sind die interessanten Menüs. Das Hauptmenü weist die bekannte Comiczeichnung des durch den Kopf geschossenen Kids auf. Die Figur wackelt nach einer Weile der Untätigkeit des Zuschauers ungeduldig übers Bild. Nicht so das Untermenü für die Extras: Hier läuft der berühmt-berüchtigte Werbespot eines Herstellers von Waffendetektoren für Schulen ab. Zu sehen ist der Junge, der ein komplettes Waffenarsenal aus seiner Jeans herausholt, inklusive Schrotflinte und Uzi. Ein Clip, der sich selbst ad absurdum führt.
Weniger lustig, dafür aber informativer sind das Interview, das Moore einem deutschen Journalisten gibt, und die Pressekonferenz, die Moore offenbar vor britischem Publikum abhält. Die intimere Atmosphäre des Interviews lässt Moore wesentlich engagiertere, weniger diplomatisch-vorsichtige Statements abgeben. Moore ist sehr gut über den Amoklauf von Erfurt informiert, wie sich herausstellt. Er will seinen Film ausdrücklich auch als an Deutsche gewandt verstanden wissen. Offenbar ist die Resonanz auf "Bowling ..." in Europa höher und offener, sprich: liberaler, als in Moores konservativer Heimat. Bei der Pressekonferenz hält sich Moore sichtlich zurück, und es ist anstrengend, dem langen Filmdokument zu folgen.
Die Statements der Produzenten bringen nur noch wenig Neues, sondern vielmehr Moore-Lob. Als ob es davon nicht schon genug gäbe. Besser sind da schon Moores eigene Statements auf den Texttafeln. Sie fassen manche seiner wichtigsten Ansichten nochmals zusammen oder erläutern bestimmte Aspekte der Folgen von "Bowling ...".
Seine Kurzbiografie stellt weniger Moores Leben vor als vielmehr seinen Werdegang zum OSCAR-Preisträger. So finden etwa "Roger and Me" (1989) und "Stupid White Men" Erwähnung. Moore startete eine Satire-Show namens "TV Nation", der von 1999-2000 "The Awful Truth" (Die grässliche Wahrheit) folgte. Er bereitet seinen nächsten Dokumentarfilm vor, erfahren wir: die mittlerweile allseits bekannte Doku "Fahrenheit 9/11".
Die DVD bietet einen gut abgemischten Sound in DD 5.1, der aber im Grunde nicht benötigt wird: Die Filmschnipsel beanspruchen das Soundsystem nicht mit ausgefuchsten Effekten oder Raumklang. Lediglich die Interviews und Trailer klingen in DD 5.1 gut - nämlich natürlich.
Unterm Strich
"Bowling for Columbine" ist eine Dokumentation, die von ehrlichem Engagement und tiefem menschlichem Mitgefühl getragen ist. Der Amerikaner Moore beweist Mut und Ehrlichkeit, er scheut vor unbequemen Fragen nicht zurück, formuliert Theorien überspitzt, nimmt seine Landsleute unter die Lupe und schaut mal über den Zaun nach Kanada und den Rest der Welt.
Der Film macht betroffen und nachdenklich, während er informiert und bewegt. Die Doku war ohne Zweifel eines der filmischen Highlights im sonst so flachen Jahr 2002. Kein Wunder, dass Michael Moores Film bei der Verleihung der OSCARs alle anderen Bewerber aus dem Feld schlug.
Die DVD lohnt sich also als Anschaffung - jedoch mehr als eine Art Kultobjekt und Kulturdokument statt als Unterhaltungsmedium, das man sich zwei-, dreimal pro Jahr reinzieht. Immerhin hat die DVD auch den Vorteil, dass man den extrem schnell ablaufenden South-Park-Comicfilm über Amis & Waffen zurückspulen bzw. langsamer ablaufen lassen kann. Ähnliches gilt für das Interview mit Marilyn Manson, bei dem ja auch sehr schnell geredet wird. Und anders als im Kino kann man auch mal eine Pause einlegen - vielleicht sogar zum Nachdenken.
- Redakteur:
- Michael Matzer