Brainiac - Science Abuse/Best Of (2 DVDs)
- Regie:
- Eyre, Peter
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- GB
- Originaltitel:
- Brainiac
1 Review(s)
24.02.2009 | 16:09In Zeiten wo PISA scheinbar ganz Europa in Atem hält, fühlt sich manch Fernsehmacher dazu berufen den Bildungsauftrag auszuführen. Wissenschaftsshows waren und sind voll im Trend. Nicht von ungefähr haben Wigald Boning und Barbara Eligmann mit "Clever! - Die Show, die Wissen schafft" einen respektablen Erfolg vorzuweisen. Die Vorlage dazu stammt allerdings nicht aus Deutschland, sondern von unseren ohnehin als exzentrisch bekannten, britischen Insel-Nachbarn. Dort heißt es seit 2003 passenderweise: "Brainiac - Science Abuse". Der Name ist Programm. Kranke Hirne missbrauchen in der Tat die Wissenschaft für durchgeknallte Experimente. Hierzulande kannten bislang meist nur DMAX und Viva-Zuschauer die Show, was sich nun ändern könnte. Ascot Elite stellte unlängst ein Best Of auf zwei bonusfreien DVDs zusammen.
Zum Inhalt
Getreu ihrem Motto: "Wir machen die Experimente, damit Sie sie nicht machen müssen" veranstaltet das "Wissenschaftler"-Team einen Haufen schräger Versuche. Das heißt die feste Gruppe aus menschlichen Versuchskaninchen, genannt "Brainiacs" müssen zumeist allerhand über sich ergehen lassen, was Moderator Richard Hammond und die Zuschauer (via Zuschrift an den Sender) an ungewöhnlichen Experimenten auf der Pfanne haben. Dabei geht es in der Regel um ganz alltägliche aber ungewöhnliche Fragen auf die kaum ein Mensch kommt, da sie unter die Kategorie "needless knowledge" sowie puren Nonsens fallen. Gerne jagt man irgendwelche Sachen in die Luft oder hantiert mit Thermit herum. Vorzugsweise Mikrowellen, Pkw und besonders Wohnwagen werden, von flotten Sprüchen unterlegt, spektakulär pyrotechnisch zerbröselt.
Die Gliederung der 8 Folgen á 45 Minuten ist hierbei fast identisch und prinzipiell aus den gleichen Rubriken mit stets denselben Protagonisten gestrickt. Da ist "Doktor" Killcoin, mit seinem "Fizzy Bangy Stuff"-Köfferchen, der jedes Mal fragt: "zischt oder knallt es?", wenn er in seinem Geräteschuppen mit irgendwelchen Chemikalien hantiert. "Dr. Bunhead" (zu Deutsch: Doktor Knallkopp) tingelt mit einem ehemaligen Eiswagen durch die Lande, nervt Schüler und Pub-Besucher mit flüssigem Stick-, Sauer- und Raketentreibstoff oder verwüstet mit selbigem auch mal sein Heim. Bei "Professor" Mei Wei heißt es dagegen "Macht's Knacks oder Boing?" - sie lässt in jeder Show einen x-beliebigen Gegenstand (Vom Fernseher bis zur Konzertgitarre) aus etwa 3 Meter Höhe auf den Boden der Tatsachen knallen. "Oma Brainiac" weiß hingegen Rat im Haushalt, zumeist bei Flecken aller Art und die "47 Sekunden Wissenschaft" klärt mehr oder weniger interessante Alltagsmysterien in eben jener Zeitspanne.
Den Anfang macht bei einigen Shows die Rubrik "Elektrizität Unterwegs", wo Vertreter verschiedener Berufsgruppen mit einem ElektroTens-Gerät (wird zur Muskelstimulation in Sport und Medizin verwendet) verkabelt und während ihrer Arbeit mit Elektroschocks drangsaliert werden. Zwischendurch dürfen ein paar in England offensichtlich bekannte Persönlichkeiten Helium einatmen und einige Worte sagen. All das ist - zumindest für den halbwegs mit gesundem Humor bewährten Kontinentaleuropäer - auf Dauer minderwitzig und schnell abgegriffen, da sich an diesen Ablaufmustern nichts wirklich ändert. Das gilt auch für die obligatorische, sinnfreie Zerstörung von Haushaltsgeräten unter dem Vorwand, dass in der Gebrauchsanleitung z.B. nicht steht, dass man kein Dynamit toasten darf, mit dem Rasenmäher besser nicht über Quecksilber-Bomben fährt oder man kein reines Kalium in die Waschmaschine stopft. Is' wahr?
Neben Hammond kümmern sich Jon Tickle und Charlotte Hudson vorwiegend um Zuschauerfragen. Der sympathische Tickle startet, im Gegensatz zu seinen beiden Moderator-Kollegen, auch gerne Selbstversuche und schreckt nicht davor zurück sich drei Tage hintereinander im Pub abzufüllen, um das effektivste Mittel gegen den morgendlichen Kater zu ermitteln. Er latscht mit reichlich Knoblauchbrei in seinen Gummistiefeln herum, um festzustellen, ob die Aufnahme über die Haut ebenfalls zur berüchtigten Fahne aus dem Hals führt. Etwas Ähnliches macht er mit Alkohol in Badewanne und sogar Sauna - mit erstaunlichem Ergebnis. Grenzwertig ist, wenn er bestimmte Früchte mampft, nur um hernach herauszufinden, ob der daraus resultierende Köttel schwimmt oder untergeht. Eine These, welche zu überprüfen ihm von einem Zuschauer angetragen wurde. Gezeigt wird das in der Kloschüssel dümpelnde, biologische Endprodukt dann aber doch nicht.
Solcherlei Dinge sind amüsant und zuweilen sogar interessant, wenn auch eigentlich fürs weitere Leben ziemlich belanglos. Befremdlich ist dagegen der Umgang mit Nahrungsmitteln, wenn auf dem Prüfstand steht, welche Speisen sich am besten für eine Tortenschlacht eignen oder welche Lebensmittel man besser nicht flächendeckend auf dem Küchenboden verschütten sollte - wegen der verheerenden Rutschgefahr etwa von Aal in Aspik. Das ist schon sehr Geschmack- und erst recht respektlos - Es gibt genug Hungernde (nicht nur weit weg in Afrika, sondern auch in Großbritannien), sodass es einem sauer aufstoßen muss, wenn in der Fernsehshow wiederholt komplette Mahlzeiten mutwillig für'n paar billige Lacher verschwendet werden. Das ist geradezu peinlich dekadent und das Deckmäntelchen des Mantra-mäßig wiederholten Satzes: "Alles natürlich im Namen der Wissenschaft" klingt wie purer Hohn. Damit verspielen die Macher eine gehörige Portion Sympathie.
Fazit
Very british, indeed. Das ursprünglich sicher originelle Konzept krankt daran, dass das ganze aufgesetzte, bestenfalls pseudowissenschaftliche, Getue und die teils sinnlos-blöden Sprüche (was nur zum Teil an der deutschen Übersetzung liegt) im Laufe der Zeit nicht mehr wirken. Einige Experimente sind zwar recht witzig aufbereitet, doch die gefühlte 1000ste publikumswirksam inszenierte Explosion ist irgendwann schlicht langweilig und kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass jede Show nach Schema F abläuft. Selten kann man aus dem Gesehenen wirklich nützliches Wissen ziehen, umso öfter jedoch wird die Grenze des guten Geschmacks hinter sich gelassen. Ansichtssache. Das deutsche Pendant "Clever!" ist für die hiesigen Zuschauer wesentlich besser geeignet und zudem einen Tick ernsthafter - sprich: wissenschaftlicher - als das eher skurrile Original.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "Brainiac - Science Abuse"
GB 2003 - 2008
Genre: Dokutainment
DVD 2008, Ascot Elite
Version: Best Of, Doppel-DVD, FSK 12
Laufzeit: 8 x 45 = 360 Minuten
Bildformat: 4:3 Fullframe
Soundformat: DD 2.0 (Englisch, Deutsch)
Bonusmaterial: Keins
EAN: 7613059800618
Produktion: Richard Greenwood
Regie: Peter Eyre
Mit: Richard Hammond, Jon Tickle, Charlotte Hudson, "Dr." Killcoin, "Dr. Bunhead", "Professor" Mei Wei und den "Brainiacs"-Versuchskaninchen
- Redakteur:
- Jürgen Pern