Broken Flowers
- Regie:
- Jim Jarmusch
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA, Frankreich
- Originaltitel:
- Broken Flowers
1 Review(s)
08.01.2008 | 14:43Jim Jarmusch ist ja einer der wichtigsten Intependent-Filmregisseure der heutigen Zeit. Seine Filme zeichnen sich dadurch aus, dass sie voneinander grundverschieden sind - zudem spielt immer auch die Creme de la Creme der Schauspielkunst mit. Grund genug, einmal einen Film von ihm näher zu betrachten.
Die Handlung:
Der ehemalige Computerspezialist Don Johnston (Bill Murray) lebt mit seiner jungen Freundin Sherry (Julie Delpy) in einem unterkühlt und geschmacklos eingerichteten Häuschen. Jegliche Euphorie und Liebe ist einer allgegenwärtigen Gleichgültigkeit gewichen und so ist es auch kein Wunder, dass Sherry ihn verlässt. Doch Don hat nicht allzu viel Zeit um Sherry - vorzugsweise auf seiner Couch - nachzutrauern. Er bekommt einen auf einer Schreibmaschine geschriebenen rosa Brief zugestellt, in dem eine anonym bleibende Frau behauptet, dass er Vater ihres Sohnes sei. Dieser Sohn hat sich nun auf den Weg zu ihm gemacht, weil er seinen Vater kennen lernen möchte. Ein großer Schock für Don Johnston!
Weil Johnston inzwischen alles egal ist, hat er Anfangs nur wenig Lust darauf einzugehen, doch sein gewiefter Nachbar Winston (Jeffrey Wright) ist ein Hobbydetektiv. Er überredet Don dann dazu, auf die Suche nach der Absenderin zu gehen. Als Anhaltspunkt dient der rosa Brief. Welche seiner Verflossenen hat ein Faible für die Farbe rosa? Und die Lettern der Schreibmaschine können ja auch zum Vergleich herangezogen werden. Er geht auf eine Reise in seine Vergangenheit und sucht alle Freundinnen seiner Jugend auf, welche für den speziellen Zeitraum in Frage kommen könnten.
Kritik:
Wer Jim Jarmusch kennt, weiß, dass man sich bei jedem neuen Film auf etwas Besonderes einlässt. So auch hier. Broken Flowers ist wieder ein typisch untypischer Jarmuschfilm, der einen etwas anderen Umgang mit dem Medium Film verlangt und nicht nur ausschließlich zur Unterhaltung genossen werden kann. Einige Menschen sagen der Film sei langweilig. Daher wage ich entgegen meinen Prinzipien nun doch mal eine kleine Deutung des Films (gleich mal so zur Warnung – es ist meine Deutung, man könnte das natürlich auch ganz anders sehen).
Jarmusch spielt in diesem Film mit der Zeit – mit der Zeit des Zuschauers ebenso, wie mit der Zeit der im Film handelnden Protagonisten. Es gibt minutenlange Szenen, in denen Bill Murray nur so auf der Couch sitzt und gar nichts tut. Der Zuschauer sitzt sozusagen wie einem Spiegelbild gegenüber und macht das Gleiche – eben nichts bzw. nur beobachten, wie man beobachtet wird. Allein aus diesen Szenen kann man schon sehen wohin der Film will. Er zeigt die Zeit optisch bzw. deren Auswirkungen auf das Leben - denn fühlbar ist sie ja nicht. Don Johnston (Bill Murray) begibt sich dann auf die Reise in seine Vergangenheit und den Geschichten der Personen, die er früher mal geliebt hat. Eine Art Zeitreise in die Vergangenheit.
Er hat sich und sein Leben nicht verändert – warum auch? Er ist in seinen jungen Jahren durch eine belanglose Erfindung sehr reich geworden und konnte sein Leben so weiterleben wie immer. Doch bei seinen Verflossenen sieht die Sache ganz anders aus. Bei ihnen hat das Leben nicht nur optische Spuren hinterlassen. Durch ihre Lebensgeschichten bekommt Johnston die Portion Realität verpasst, die ihn aufweckt. Hat er mit seiner Lethargie nicht etwas im Leben verpasst?
Das alles verpackt Jarmusch bewusst in hypnotisch ruhige Bilder, welche noch mit einer sehr ungewöhnlichen Musik unterlegt sind. Die äthiopische Jazzmusik rückt den Film in ein surreales Licht und gibt der Szenerie etwas Mystisches, das man schlecht beschreiben kann. Immer wieder werden kleine Gags eingestreut, um den Zuschauer aus der sonst herrschenden Ruhe zu reißen. Denn die Grundstimmung des Films ist eher neutral – vielleicht auch ein wenig depressiv.
Mit Bill Murray hat Jarmusch wieder einmal den besten für die Rolle geeigneten Schauspieler verpflichten können. Wirklich – so ein belangloses, neutrales Gesicht bekommt nicht jeder Schauspieler hin. Auch die sonstige Schauspielerriege liest sich wie das "Who is Who" Hollywoods. Sharon Stone, Jessica Lange etc. etc. Aber das war ja auch in den anderen Jarmusch-Filmen so. Scheinbar empfinden es Schauspieler als Ehre, bei diesem Independent-Filmmacher spielen zu dürfen.
Kommen wir zur Technik. Hier zeigt sich wieder einmal die Klasse Jarmusch's. Statische Kamera, reduzierte Farbwahl (es herrscht natürlich rosa vor), tolle künstlerische Einstellungen – nichts ist hier dem Zufall überlassen. Er ist eben ein Künstler mit der Kamera.
Wem soll ich diesen Film nur empfehlen? Ich würde mal sagen, allen die schon "Jarmuscherfahrung" haben. Auch allen, die sich auf ruhige, poetische Filme einlassen können und ihren Kopf nicht nur dazu haben, damit es nicht in den Hals regnet. Alle anderen können mal einen Blick riskieren und die DVD wenigstens mal ausleihen.
Die DVD:
Die DVD von Universum Film / Tobis kommt als schicke Special Edition im Digi daher. Bei der Bildqualität muss ich allerdings sagen, dass wohl nicht alles Mögliche gemacht worden ist – oder es gab eben kein besseres Master. Die leichte Unschärfe und ein immer vorhandenes Farbrauschen in den bunten Bildteilen nerven vor allem Zuschauer mit großen und hochwertigen Ausgabegräten. Schade, hier wäre wohl mehr drin gewesen. Auch werden so manche Details einfach verschluckt.
Der Ton in Dolby Digital 5.1(Deutsch / Englisch) hingegen ist sehr gut gelungen und breitet gerade bei den Jazzstücken einen schönen Klangteppich im heimischen Wohnzimmer aus. Natürlich gibt es bei diesem ruhigen Film keine Effekte zu hören. Aber das dürfte ja klar sein.
Die Extras:
- Outtakes Featurette "Girls on the Bus"
- Behind the Scenes Featurette "Start for Finish"
- Behind the Scenes Featurette "Farmhouse"
- USA-Kinotrailer
- Internationaler Kinotrailer
- Englischer Kinotrailer mit deutschen UT
- Deutscher Kinotrailer
- Trailer weiterer Filme
...und als besonders schönes Schmankerl ein wirklich gelungenes 12-seitiges Booklet im Stil einer Briefes mit einigen Information zum Film und einem ausführlichen Interview mit Jim Jarmusch. Toll, endlich mal eine Special Edition, die ihren Namen auch (ansatzweise) verdient.
Fazit:
Wieder einmal ein typischer Jarmusch, der wohl wie alle seine bisherigen Werke die Zuschauer polarisiert. Der Film ist poetisch, ruhig und kann mit seinen situationsbedingten Gags durchaus manchmal zu einem Lächeln anregen – allerdings nicht zu lautem Lachen. Wirklich 100%ig empfehlen kann ich den Film aber nur Zeitgenossen, die sich auf so eine ruhige Erzählweise einlassen können. Mir hat der neueste Geniestreich Jarmusch's natürlich sehr gut gefallen – aber ein wenig Bereitschaft über so ein kleines Kunstwerk nachzudenken, sollte vom Zuschauer schon mitgebracht werden. Die Schauspieler sind im Übrigen auch ein Grund diesen Film zu gucken. Hier konnten sie ihr ganzes Können zeigen - vielleicht waren die Stars deswegen so zahlreich vorhanden.
- Redakteur:
- Detlev Ross