Children Of Men
- Regie:
- Alfonso Cuarón
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- Großbritannien / USA
1 Review(s)
11.11.2007 | 16:06"Verregnete, schmutzige Straßen auf denen das arsenalbepackte Militär in schwarzen Uniformen und mit Gewehren im Anschlag steht. Emigranten, die in quadratischen Käfigen festgehalten werden, um der Regierung als Sündenbock für die präkere staatliche Situation zu dienen, die verfolgt und in ghettoartige Behausungen gesteckt werden. Brennende Autos und Mülltonnen, die als Symbol für sinnlose Randale stehen. Trostlose Gesichter, die sich in der Menschenmenge vor grauen und farblosen Bauten gegenseitig den Platz wegnehmen. Busse und Züge, die vergitterte Fenster haben, um die Insassen vor den Wurfgeschossen der radikalen Aufständigen zu schützen. Menschen, die auf engstem Raum in den herunter gekommensten Wohnorten leben. Häuser, die durch terroristische Bombenanschläge in die Luft gejagt werden."
So sieht das zukünftige London im Jahr 2027 aus, das von Gewalt, Chaos, Terrorismus, Anarchie und staatlicher Unterdrückung geprägt ist. Ein dystopisches Horrorszenario, das weltweit in jedem Dorf, jeder Stadt und jeder Metropole sein Unheil treibt. Die Ursache für das weltweite Chaos ist der Untergang der menschlichen Spezies, die seit dem Jahr 2009 die Fähigkeit verloren hat, sich fortzupflanzen. Als Vorlage für Alfonso Cuaróns Science Fiction-Thriller dient der gleichnamige Roman "Children Of Men" aus der Feder der englischen Schriftstellerin P. D. James.
Großbritannien, 2027. Die Menschheit droht auszusterben, weil das letzte Kind vor 18 Jahren zur Welt gebracht wurde. Frauen können aufgrund ungeklärter Ursachen nicht mehr schwanger werden. Die Fortpflanzung scheint beendet - der Anfang vom Ende. Die daraus resultierende Anarchie und Zerstörung ist kaum einzugrenzen, die Kontrolle weitestgehend verloren. Nur Großbritannien, welches sich von allen anderen Kontinenten abgeschottet hat, versucht in Form eines Polizeistaats die Kontrolle wiederzuerlangen. Doch auch hier ist der tägliche Machtkampf zwischen Polizei, Aufständigen, Radikalen und Emigranten nicht weniger schlimm als die weltweite Situation selbst. Das ketzerische Verfolgen und Einsperren von Emigranten, die von der Regierung für das Aussterben als Sündenbock hingestellt werden, wird von der terroristischen Untergrundgruppierung Fishes bekämpft. Der desillusionierende Regierungsagent Theodore Faron (Clive Owen), von allen nur Theo genannt, der vor Jahren als Aktivist für eine bessere Welt kämpfte, ist seit dem Tod seiner zweijährigen Tochter der Schatten seiner selbst: Er trinkt, raucht, lebt alleine, hat finanzielle Probleme, einen bescheidenen Job, leidet unter Depressionen und kann nur den alten, isolierten Jasper (Michael Caine) zu seinen Freunden und Vertrauten zählen. Dieser aussichtslose Umstand ändert sich jedoch binnen Stunden, als er von seiner Ex- Freundin und "Fishes"- Anführerin Julian (Julianne Moore) um einen Gefallen gebeten wird. Er soll die afro- amerikanische Emigrantin Kee (Claire-Hope Ashitey) an einen sicheren Ort bringen. Was Theo (vorerst) nicht weiß: Kee ist schwanger.
Regisseur Alfonso Cuarón geht bei "Children Of Men" keine Kompromisse ein und zeigt ein Zukunftsbild, das pessimistischer und düsterer nicht sein könnte. Das fiktive London wirkt bis auf unzählige elektronische Reklametafeln, die Hochhäuser, Busse und Autos zieren, weniger futuristisch. Um genau zu sein, scheint die Welt einen Schritt zurück gemacht zu haben: renovierungsbedürftige Häuser, farblose Automobile, die sich die Straßen mit Rikscha ähnlichen Fahrzeugen teilen, und Menschen, die kein R-Gefühl mehr besitzen. Kurz: Eine triste, kalte Welt, die immerhin als einzige Zivilisation der Welt gilt.
Cuarón setzt bei seiner Inszenierung auf eine nahezu authentische Visualisierung, die dank des hohen Tempos, der wenigen Schnitte und der verwackelten Kameraführung eine dichte, beklemmende Atmosphäre verspricht. "Children Of Men" setzt zwei Prioritäten: Authentizität und Intensität. Die Kulissen sind perfekt gewählt und geben die ausweglose Situation und Grundstimmung des Films in jedem einzelnen Frame wieder. Die Spezialeffekte der Firma Millennium FX Ltd. tragen ihr Übriges zu diesem visuell opulenten Meisterwerk bei, sorgen für die eine oder andere Gewaltdarstellung und treiben in Kombination mit John Taveners komponierter Musikuntermalung den Spannungsbogen auf seinen Höhepunkt. "Children Of Men" verbindet Kriegsfilm, Science Fiction und Thriller, und das auf überaus extreme Art und Weise. Diese Bildkompositionen werden dem Zuschauer noch lange in Erinnerung bleiben.
"Children Of Men" kann jedoch nicht nur auf eine spannungsvolle, interessante und hoch aktuelle Handlung zurückgreifen, die Cuarón ohne Zeitsprünge geradlinig und linear erzählt und mehr Fragen hinterlässt als Antworten gibt, sondern auch auf komplexe Charaktere, deren Beziehungen zueinander eine wichtige Rolle spielen. Theo ist der Antiheld Widerwillen, der sich selbst und sein Leben nur mit einem kräftigen Schluck Schnapps ertragen kann. Ein ambivalenter Charakter, der eine große Entwicklung durchmacht und erkennt, dass es noch nicht Zeit ist, aufzugeben. Seine Ex- Freundin Julian, mit der Theo ein gemeinsames Kind hatte, ist ihrem Engagement für die Welt treu geblieben, wenn auch als Anführerin einer terroristischen Untergrundorganisation. Sie ist nach außen stärker als Theo, doch innerlich ebenso verwundbar. Theos bester Freund Jasper, der isoliert mit seiner Frau in einem Haus im Wald lebt, ist ein Hanf anpflanzender Revoluzzer und mitunter der einzige ehrliche Charakter des Films. Ironischerweise ist gerade eine von der Regierung verhasste Emigrantin namens Kee der Hoffnungsträger der Menschheit.
Alfonso Cuarón hat seinen Endzeitthriller mit brillanten und namhaften Schauspielern besetzt: Der britische Schauspieler Clive Owen ist derzeit einer der gefragtesten Darsteller überhaupt. Neben "Sin City", "Entgleist" und "Inside Man" ist "Children Of Men" die vierte Rolle innerhalb von zwei Jahren. Owen schlüpft in die Rolle des ambivalenten Charakaters Theodore Faron. Sein schauspielerisches Talent ist bekanntermaßen unumstritten. Das beweist er mit seiner Charakterdarstellung einmal mehr und macht unmissverständlich klar, dass ihm viel zuzutrauen ist. An seiner Seite spielt Julianne Moore Theos Ex-Freundin Julian mit einer wie immer beeindruckenden Szenenpräsenz. Michael Caine, der 2006 unter anderem für Christopher Nolans "The Prestige" vor der Kamera stand, spielt den Alt-Hippie Jasper mit viel Ironie und Witz, ohne seiner Figur die Ernsthaftigkeit zu rauben. "Children Of Men" zeigt bis in die Nebenrollen eine Fülle schauspielerischer Glanzleistungen und setzt dem Film somit das Krönchen auf.
Fazit:
"Children Of Men" begeistert mit einer hoch aktuellen und intelligenten Handlung, die dank ihrer komplexen Charaktere nicht an der Oberfläche kratzt. Regisseur Alfonso Cuarón, der schon bei der Verfilmung des "Harry Potter"-Sequels einen düsteren Ton anschlägt, lässt einige Fragen offen, zieht alle Register, eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen, die den Zuschauer bis zum Finale und sogar darüber hinaus festhält, und veranschaulicht eine fiktive Welt, die grausam, hoffnungslos und verloren scheint. Die Kulissen hätten nicht besser ausgewählt werden können und unterstützen die "schmutzige", aber dennoch authentische und intensive Visualisierung, die dank dem Einsatz von diversen Farbfiltern und der verwackelten Kameraführung ihren Zweck erfüllt. Alfonso Cuarón hat mit "Children Of Men" einen der besten Endzeitthriller auf die Leinwand gezaubert, den man so schnell nicht wieder vergessen wird. Diesen Regisseur werden viele Cineasten im Auge behalten.
- Redakteur:
- A. C.