Chocolate - süss und tödlich
- Regie:
- Pinkaew, Prachya
- Jahr:
- 2008
- Genre:
- Action
- Land:
- Thailand
- Originaltitel:
- Chocolate
1 Review(s)
23.10.2009 | 23:30Dass aus Südost-Asien nicht nur billige Elektronika kommen, weiß man spätestens seit der Bollywood-Welle. Doch anders als bei den Schmachtschinken aus Indien, dreht man in letzter Zeit in Thailand das, was die Kultur dort entscheidend mitgeprägt hat: Martial Arts. Regisseur Prachya Pinkaew landete mit "Ong Bak" und "Revenge of the Warrior" Achtungserfolge. Selbst im Mainstream blieben diese Klopp-Orgien nicht unbemerkt. Diesmal jedoch wollte er seinen bislang favorisierten Hauptdarsteller Tony Jaa offensichtlich nicht noch weiter verschleißen. Ebensowenig wie das, sagen wir es mal vorsichtig: stets sehr ähnliche Rezept. Mit "Chocolate", welcher in Deutschland noch den RTL-kompatiblen Zusatz:"Süß und tödlich" von den Marketingleutchen bekam, hat er diesmal auf einen weibliche Kämpferin umgeschwenkt. Und jenes Frollein Vismitananda schlägt sich, auch dem besten Wortsinne nach, dabei erstaunlich wacker.
Zur Story
Eigentlich ist Zin mit dem Unterweltboss "No. 8" liiert, doch wie das oft so ist im Leben, lernt sie einen Anderen kennen: Den Yakuza Masashi, welcher unerlaubt im Revier der Thai-Mafia wildert. Natürlich verliebt sie sich in ihn und serviert ihren Ex daraufhin ab. Der ist alles andere als begeistert, lässt seine einst so tüchtige rechte Hand und Geliebte jedoch ziehen - mit der Auflage sich zukünftig nicht mehr in seine Geschäfte - sprich: Syndikatsangelenheiten - zu mischen. Das hat Zin auch gar nicht vor, sie will ihre Ruhe haben. Ihr Glück mit Masashi währt aber nicht sehr lang, er wird von seinen Bossen nach Japan zurückbeordert und lässt Zin hochschwanger in Thailand zurück. Schon bald nach der Geburt wird ihr klar, dass mit ihrer Tochter Zen irgend etwas nicht stimmt. Die Ärzte diagnostizieren Autismus und gehen davon aus, dass Zen ihr Leben lang geistig zurückbleiben wird.
Fürderhin kümmert sich Zin nur noch um die Kleine und versucht sich, sowie ihren Neffen Mangmoom, der bei ihnen lebt, so gut es eben geht mit der stets knappen Kohle durchzubringen. Die Jahre gehen ins Land. Es stellt sich heraus, dass die wortkarge Zen - wie praktisch jeder Autist - besondere Begabungen hat. Sie ist mit unglaublichen Reflexen ausgestattet, hat ein außergewöhnlich gutes Gehör und die Fähigkeit sich auch komplizierte Bewegungsabläufe exzellent merken und nachahmen zu können. So langsam beginnt sie die Thai-Boxer im benachbarten Kampfsportstudio zu beobachten und kopieren. Später als Teenager hat sie sich durch unzählige Martial Arts Filme im Fernsehen sozusagen eine reichhaltige Datenbank angelegt und wird immer besser. Bislang nutzt sie ihre Begabung allerdings nur zum Abreagieren im stillen Kämmerlein. Zin erkrankt derweil an Krebs und die Chemotherapie ist sehr teuer.
Mangmoom nutzt die Chance den nun extrem klammen Haushalts-Etat aufzupeppen und tingelt mit Zen im Schlepptau durch die Straßen und Märkte, wo er Zens Fähigkeiten zur Schau stellt. Als eine Straßengang sich ihrer spärlichen Bettel-Einnahmen bemächtigen will, entdeckt Zen, dass sie auch ausgesprochen wehrhaft ist. Die dunkle Vergangenheit Zins kommt plötzlich ebenfalls wieder hoch: Mangmoom findet zufällig ein altes Schuldenregister seiner Tante, worin feinsäuberlich vermerkt ist, welche "ehrenwerte" Geschäftsmänner ihr noch wieviel Geld aus alten Zeiten schulden. Das ist eine ganze Menge. Er beschließt dort überall die Außenstände einzutreiben, logischerweise mit Zen als Ausputzer. Die ersten erfolgreichen Male beflügeln die naiven Jugendlichen die Liste nach und nach abzuarbeiten. Das erregt unweigerlich die Aufmerksamkeit von No.8, der darüber verständlicherweise alles andere als amused ist, dass die beiden die Unterwelt aufmischen.
Eindrücke
Die Entscheidung mal wieder eine Frau als Hauptdarstellerin eines asiatischen Martial-Arts Streifens zu casten bringt mal wieder etwas frischen Wind ins Genre. Seit Michelle Yeoh und Zhang Ziyi (u.a. "Tiger & Dragon") erfolgreich sehr elegant und akrobatisch einwandfrei kämpfende Heldinnen etabliert haben, hat sich auf diesem doch eher männlich dominierten Sektor (zu) wenig getan. Dachte sich, laut Bonusmaterial, auch Prachya Pinkaew und engagierte die junge Newcomerin Yanin Vismitananda, die sich zwei Jahre lang auf diese Rolle vorbereitete. Keine leichte Aufgabe, denn "JeeJa", wie sie eigentlich nur gerufen wird, muss im Laufe des Films eine ganze Reihe an verschiedenen und höchst unterschiedlichen Kampf-Stilen adaptieren, so will es die - zumindest auf den ersten Blick - vergleichsweise originelle Grundstory. Autismus in dieser Form darzustellen, das gab’s bislang tatsächlich noch nicht. Das ist soweit schon mal eine Überraschung.
Dass der Rest der an sich schön schrägen Geschichte dann eher flach, voller logischer sowie erzähltechnischer Löcher ist, und letztendlich nur wieder mal dazu dient die Brücke zwischen den Fights irgendwie zu schaffen, wundert den mit entsprechender Erwartungshaltung gewappneten Zuschauer nicht. Und doch ist es ein wenig schade, denn das Potential ist sichtlich vorhanden gewesen hier mehr heraus zu kitzeln. So jedenfalls läuft es auf stetig steigende Gegnerzahlen hinaus, bis in der final-opulenten Massenklopperei der böse Endgegner niedergestreckt ist. Noch dazu, dass trotz unglaublich zahlenmäßig erdrückender Überlegenheit der Thai-Mafia stets immer nur zwei bis maximal drei böse Buben (und Mädel) gleichzeitig (und wohl der Übersichtlichkeit halber, brav nacheinander) angreifen, fällt insbesondere beim, überdies übertrieben in die Länge gezogenen, Endkampf schon eklatant ins Auge. Das hat eher etwas von einem Videospiel, plausibel ist anders.
Nichts zu rütteln gibt es dagegen an der artistischen Leistung. Kaum zu glauben zu welchen Verrenkungen der menschliche Körper fähig ist. Hierbei ist anzumerken, dass in Thailand - speziell bei Pinkaew - möglichst mit buchstäblich handfester Life Action, gearbeitet wird. Fast schon in der Tradition von Jackie Chan, dessen Technik übrigens ebenso mit einfließt, wie die des Altmeisters Bruce Lee und diverser anderer Stile bis hin zu einer sehr sehenswerten Capuera-Variante. Allgemein macht JeeJa ihre Sache ausgezeichnet, man vermeint lediglich zu bemerken, dass ihre Wurzeln eher beim "robusteren" Taek-Won-Do und/oder Thai-Boxen liegen. Das feinnervigere Kung-Fu ist zwar durchaus ansehnlich geraten, doch fehlt ihr ein wenig die dafür nötige, flüssige Eleganz, sodass der Cutter gelegentlich barmherzig eingreifen musste. Ein paar sehr deutlich als solche zu erkennende CGI-Shots gibt’s dann übrigens auch noch. Überhaupt: Die Kameraführung bietet keine wirklich atemberaubenden Einstellungen.
DVD und Bonusmaterial
An Bild- und Tonqualität gibt's wenig zu beanstanden, nur gelegentlich zeigt sich Artefaktbildung und Farbkompression, insbesondere bei dunklen Flächen. Man muss dafür allerdings schon recht genau hinschauen. Das Making Of hat zwar den faden Beigeschmack üblicher, gegenseitiger Schulterklopferei und Eigenwerbung, dennoch fließen ein paar wissenswerte Fakten in Richtung Zuschauer. Insbesondere die (unkommentierte und somit authentische) B-Roll vom Set entpuppt sich als der eigentlich interessante Beitrag. Hier sieht man, dass die Darsteller es sich bei den Kampfszenen im Eifer des Gefechts zuweilen ganz schön hart und dreckig geben - bis zum zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt der Hauptdarstellerin. Einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommt man schon bei den Pannen-Outtakes - á la Jackie Chan - im Abpann
Fazit
Das Teil ist trotz gewisser Schwächen unterhaltsam. Die sehenswerten Kloppereien sind zwar gnadenlos überzogen, aber durchweg sauber choreographiert und der Film weist sogar ein paar originelle Ideen auf. Die reichen zwar am Ende bedauerlicherweise nicht aus die offensichtlich selbst auferlegten Fesseln des Genres zu sprengen, hinterlassen aber einen doch überraschend positiv gefärbten Gesamteindruck. Behält man im Hinterkopf, dass "Chocolate" grundsätzlich für den ostasiatischen Filmgeschmack und Markt konzipiert wurde, relativieren sich die mitunter schweren Vergehen an westeuropäischen Ansprüchen. Martial Arts Liebhaber dürften aber keinesfalls enttäuscht sein, sie bekommen exakt das, was sie erwarten und noch ein wenig mehr: Die DVD ist recht ordentlich produziert und bietet dank akzeptablem Bonusmaterial einen gewissen Mehrwert, was im angepeilten Preissegment mittlerweile selten geworden ist.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
Internationaler Einheitstitel: "Chocolate"
Thailand 2008
Genre: Martial Arts / Action
DVD 2008, E-M-S
Version: Single Disk Edition, FSK 16
EAN: 4049834001377
Laufzeit: ca. 89 Min.
Bildformat: 16:9 Widescreen (1,85:1)
Soundformat: DD 5.1, DTS (Deutsch und Thai)
Bonus: Making Of, B-Roll, Trailer und Bildergalerie
Produktion: Prachya Pinkaew, Somsak Techanatanaprasert
Drehbuch: Napalee, Chukiat Sakveerakul
Musik: Nimit Jitranon, Rochan Madicar, Korrakot Sittivash
Kamera: Decha Srimantra
Regie: Prachya Pinkaew
Darsteller u.a.: Yanin "JeeJa" Vismitananda (Zen), Ammara Siripong (Zin), Taphon Popwandee (Mangmoom), Hiroshi Abe (Masashi), Pongpat Wachirabunjong (Syndikats-Chef "No. 8")
- Redakteur:
- Jürgen Pern