Columbus Day
- Regie:
- Burmeister, Charles
- Jahr:
- 2008
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Columbus Day
1 Review(s)
23.02.2009 | 17:06Viele ehemals erfolgreiche Darsteller der Achtziger und Neunziger verschwinden zunehmend von der Bildfläche. Zumindest von der Großen. Nun ist Val Kilmer keiner aus der obersten Liga der Mega-Stars, konnte aber in seiner Karriere mit einer Reihe von erfolgreichen Blockbuster Einsätzen aufwarten. Die meisten dürften ihn in den Hauptrollen bei "Willow" und "The Saint" in Erinnerung behalten haben oder vielleicht sogar seinen Auftritt als Bruce Wayne in Tim Burtons zweiter Batman-Verfilmung. Dann wurde es relativ still um den als recht schwierig geltenden Mimen. Nun taucht er nach einigen kleineren Produktionen dieser Tage im Independent-Streifen "Columbus Day - Ein Spiel auf Leben und Tod" auf, welcher ursprünglich als Drama konzipiert, jedoch lieber im verkaufsträchtigeren Actiongenre platziert wurde.
Zur Story
John Cologne ist ein Gauner und ein geschickter noch dazu. Allerdings nagen in letzter Zeit, offensichtlich von der beginnenden Midlife-Crisis inspiriert, arge Zweifel an ihm, ob er in seinem Leben immer den richtigen Weg gewählt hat. Er kommt zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist und beschließt es nach einem spektakulären Diebstahl endgültig gut sein zu lassen und sich endlich mit seiner Ex-Frau und speziell seiner Tochter auszusöhnen. Diese hat mittlerweile selbst Nachwuchs, er ist also unlängst Großvater geworden - wenn dieser Umstand auch noch nicht so ganz in sein Bewusstsein eingedrungen ist. Mit dem Erlös aus dem finalen Coup plant er also seine Ex zurück zu gewinnen und mit ihr nach Florida zum Töchterchen zu ziehen. Friede, Freude, Familienglück. Soweit der Plan. John hat immer einen Plan. Meist funktionieren diese auch perfekt. Dieser jedoch nicht. Das Debakel fängt damit an, dass er aus Sentimentalität das Leben eines Mitwissers schont.
Das geklaute Köfferchen unbekannten Inhalts erweist sich als heißere Ware, als gedacht und überhaupt könnten die Begleitumstände wirklich besser sein. Der ursprüngliche Kaufinteressent springt spontan und unerwartet ab, danach bekommt sein treuer Kumpel und Komplize eine schwere Bleivergiftung Kaliber 45. Alle Versuche das Diebesgut anderweitig zu verhökern und abzutauchen schlagen fehl, das Ding klebt wie Pech an John. Niemand will sich mit dem rechtmäßigen Besitzer Jimmy Espinosa - einem der führenden Gangsterbosse von Los Angeles - anlegen. Der ist nicht unbedingt für seine Barmherzigkeit bekannt. Es bleibt dem sonst so kaltschnäuzigen Cologne nichts anderes übrig, als dem Mafioso sein Eigentum zum Kauf anzubieten, denn scheinbar ist diesem der Inhalt des Koffers so immens wichtig, dass er tatsächlich zu Verhandlungen bereit zu sein scheint. Das Ultimatum: John hat eine Stunde eine brillante Idee zu entwickeln, seinen Kopf noch irgendwie aus der Schlinge zu ziehen.
Es ist ihm nämlich vollkommen klar, dass er ganz oben auf der Todesliste steht. Zu allem Überfluss sind die Herren Ordnungshüter auch noch auf seine Spur gelangt. Seine einzige Sicherheit ist sich an diesem Feiertag - dem "Columbus Day" - unters Volk zu mischen, sprich ein öffentlicher Park, in welchem er als einer von vielen Besuchern relativ inkognito bewegen, telefonieren und den Überblick behalten kann, auf dass ihm niemand von Espinosas Handlangern zu nahe kommt, 'ne Knarre an die Rübe hält und abdrückt, oder die Cops ihn kassieren. Bei seinen Bemühungen möglichst unauffällig zu bleiben und sein weiteres Leben in geordnete Bahnen zu lenken, freundet er sich langsam mit dem schwarzen Jungen Antoine an, der im Echo-Park herumlungert. Obwohl der nervige, kleine Racker ihm am Anfang doch schon gehörig auf den Senkel geht und seine Tarnung sogar ein ums andere Mal gefährdet. Die Uhr tickt.
Eindrücke
Lässt man sich vom Cover zum Kauf verführen, macht sich ziemlich schnell herbe Enttäuschung breit. "Columbus Day" ist nämlich nicht wie angegeben ein Action-Reißer, sondern viel eher ein Laberfilm aus dem Drama-Segment. Und ein langatmiger noch dazu. Dazu muss man allerdings anmerken, dass es offenbar zwei Versionen gibt, wobei es sich bei dieser hier um die ruhigere und von Regisseur sowie Cast bevorzugte Variante handeln dürfte. Produzent Kevin Spacey verkaufte (aus nicht näher zu recherchierenden Gründen) die Rechte dieser Trigger Street Produktion an einen anderen Produzenten und dem war der Stoff und der Werdegang des Films so nicht recht, sprich: unblutig, sodass er einen anderen Schnitt und zusätzliche Action-Szenen einforderte. Als er bei Drehbuchautor und Regisseur Charles Burmeister und den Darstellern - speziell Kilmer - auf Widerstand stieß, ließ er diesen kurzerhand doubeln.
Mit der Urfassung heimste Burmeister auf verschiedenen Independent-Festivals Lob ein. Dabei ist die Idee nicht wirklich neu und oft fühlt sich der Zuschauer an "Nicht Auflegen!" erinnert. Als Stilmittel verwendet Burmeister Split-Screens, nicht chronologische Flashbacks und eine exzessiv eingesetzte Steadycam, welche dem immerhin würdevoll spielenden Val Kilmer mit fast permanenten Close-Ups ständig auf den Pelz rückt, um seinem Gesicht auch die allerletzte Sorgenfalte zu entreißen. Doch trotz flottem Schnitt sprüht "Columbus Day" nicht grade vor Energie oder Rasanz. Das Gegenteil ist der Fall. Langatmige, wiederholte Anrufe bei der Ex und den Informanten mit immer der gleichen Leier, oder ein ans Groteske grenzender, surrealer Telefonsex-Dialog mit der Liebhaberin mögen von künstlerischem Anspruch inspiriert sein, den Zuschauern hängt's jedoch nach kurzer Zeit zum Hals raus, dass Kilmer unentwegt Jan und Mann anruft. Insofern kann man den Wunsch des neuen Produzenten schon irgendwie verstehen, dort mehr Pep rein zu bringen.
Ob allerdings ein simples Anheben des Gewalt-Levels und ein geänderter Schnitt die ideale Lösung sind, darf bezweifelt werden. Der Stoff ist einfach zu abgedroschen und kommt ohne wirklich interessante Twists daher. Hinzu kommt, dass die örtliche Begrenzung auf den Park und die dadurch fast durchgängig gleichbleibende Szenerie einem irgendwann zu viel wird. Zwar mag das die klaustrophobischen Momente, welche der Hauptcharakter während seiner Reflektion mit sich selbst zu durchleben hat, unterstreichen, doch dann sollte man storytechnisch schon ein paar Asse mehr im Ärmel haben, als gelegentliche Flashbacks mit ein wenig Ballerei. Mit überladener Metaphorik allein kann man sich schwerlich über anderthalb Stunden retten, schon gar nicht bei der angepeilten Zielgruppe. Erfrischender sind dagegen die kleinen verbalen Rangeleien zwischen Cologne und dem naseweisen Antoine. Allerdings verläuft deren Beziehungsentwicklung wie der Rest der Handlung in vollkommen vorhersehbaren Bahnen - mitsamt dem 08/15-Ende.
DVD und Bonusmaterial
Das Cover und die Teasertexte gaukeln der potentiellen Käuferschaft etwas anderes vor, als dieser dann bekommt. Die betont coole Pose mit Sonnenbrille und Mantel, sowie den beiden imposanten Plempen in der Hand. Das hat rein gar nichts mit der Filmhandlung zu tun. Die Hauptfigur verwendet zum Beispiel ausschließlich einen sehr archaisch anmutenden Trommelrevolver, statt chromblitzender, halbautomatischer Hardware. Davon ab ist die DVD ordentlich produziert, bietet sauberes Bild und Ton, sowie zwei Hintergrund-Beiträge mit insgesamt immerhin 45 Minuten Spielzeit. Besonders interessant ist hierbei nicht das Interview, sondern die mittels Handkamera aufgenommene B-Roll vom Set, wo ziemlich deutlich wird, dass Kilmer manchmal ein recht schräger Vogel ist, was man ihm im Filmbusiness ja auch nachsagt.
Fazit
Sortiert man "Columbus Day" dort ein, wo die Marketingleute ihn gerne sehen würden, dann ist es eine Mogelpackung. Der Film ist nichts anderes, als ein tiefenpsychologisches Kammerspiel bei dem sich ein sündiger Saulus schlussendlich zum (halbwegs) reuigen Paulus wandelt. Was ja prinzipiell auch für eine gute Geschichte taugen kann. Leider ist das Ganze derart öde und abgeschmackt inszeniert, dass nicht nur die geprellten Action-Jünger ihre Fernbedienung wutentbrannt in die Ecke feuern, sondern auch der metaphergeile Independent-Schöngeist nach dem Abspann vermutlich gewaltsam aus dem Tiefschlaf geweckt werden muss. Kurzum: Ein Film den man nicht kennen muss auf einer DVD, deren Besitz nicht zwingend erforderlich ist.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
Internationaler (Einheits-)Titel: "Columbus Day"
USA 2008
Genre: Drama
DVD 2008, Koch Media
Version: Single Disk, FSK 16
EAN: 4020628980634
Laufzeit: ca. 87 Min.
Bildformat: 16:9 Widescreen (2,35:1)
Soundformat: DTS, DD 5.1 (Deutsch, Englisch)
Bonusmaterial: Behind the Scenes (30 Min.), Interview mit Val Kilmer (12 Min.)
Produktion: Bert Marcus, Kevin Spacey u.a.
Drehbuch: Charles Burmeister
Musik: Michael A. Levine
Kamera: Julio Marcat
Regie: Charles Burmeister
Darsteller u.a.: Val Kilmer (John Cologne), Bobb'E J. Thompson (Antoine "AT"), Marg Helgenberger (Alice), Ivana Milcevic (Cheryl), Ashley Johnson (Alana), Wilmer Valderrama (Max), Lobo Sebastian (Jimmy Espinosa)
- Redakteur:
- Jürgen Pern