Con Game
- Regie:
- Wolf Wolff
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Thriller
- Land:
- BRD / LUX
1 Review(s)
30.07.2005 | 08:03Big Brothers Leichenschau: Gewaltorgie in der Provinz
Drogendealer Snowy D. White hat eine paar sehr schräge Erlebnisse auf dem Bauernhof von Josef und Maria, nicht zuletzt entdeckt er in der Scheune eine Galerie aufgehängter Leichen. Dass Maria ihn vergewaltigt, macht das Leben nicht wirklich einfacher, aber vielleicht kann die Polizei helfen? Wir würden nicht darauf wetten.
Filminfos
O-Titel: Con Game (D / LUX 2000)
FSK: ab 18
Verleih: 16.06.2005
Verkauf: 14.07.2005
Länge: ca. 101 Min. (+ Abspann)
Regisseur/Drehbuch/Produzent: Wolf Wolff
Musik: Max Würden und Dominik Schultes
Darsteller: Tom de Bruin (Snowy), Viola Kunze (Maria), Axel Neumann (Bauer Josef), Nicole Schöfmann (Snowys Frau Marion) u. a.
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Handlung
Snowy D. White (Bruin) ist ein kleiner Drogenhändler, der eine Menge Pech hat. Als er eine Lieferung übergeben soll, will ihn der Mittelsmann linken. Als es zum Faustkampf kommt, erschießt Snowys Frau Marion (Schöfmann) den Gegner. Alles muss man selber machen, murrt sie, sogar das Verbuddeln des Toten. Dann zieht sie Snowys eins über den Schädel. In einer Rückblende erfahren, wie das alles anfing - unwichtig bis auf die Tatsache, dass die Mafia hinter Snowy her ist. Ach ja, und dass Snowy meistens impotent ist. Kein Wunder, dass Marion murrt.
Halb begraben erwacht Snowy im Schlamm und torkelt zu einem nahen Bauernhof, wo ihm Bauer Josef (Neumann) Hilfe und Unterschlupf gewährt. Josef hat eine erwachsene Tochter, Maria (Kunze), die ihm in ihrem schwarzen Outfit überhaupt nicht ähnlich sieht, und seine eigene Vorstellung davon, wann Snowy wieder weg darf: Erst soll er arbeiten. Ein erster Fluchtversuch endet im Wald, wo er in einem Auto Marion tot findet. Aber was sind das für weiß gekleidete Kerle, die sich aus dem Staub machen? Snowy entdeckt solche Typen wieder, als sie in einen Wohnwagen hineingehen, aber darin nirgends zu entdecken sind. Rätselhaft (aber wichtig).
Für seinen Fluchtversuch wird Snowy dergestalt bestraft, dass Josef ihn ankettet und Maria ihn vergewaltigt. Letzteres lässt er sich offenbar gern gefallen, und als Belohnung nimmt sie ihm die Ketten ab. Als zwei Polizisten in Zivil (ihr Dienstwagen ist von ehrwürdigem Alter) auftauchen, um Marions Mörder zu suchen, unternimmt Snowy erfolgreich einen Kontaktversuch. Er verrät, er habe in der Scheune Blut gefunden und eine ganze Galerie von Leichen. Die Inaugenscheinnahme bestätigt Snowys gruselige Behauptung.
Als der Bulle weg ist, bearbeitet Maria Snowys Augen mit einem merkwürdigen Hightech-Gerät. Plötzlich sieht er über sich im Zimmer eine seltsame Apparatur schweben. Maria behauptet, dies sei eine fliegende Webcam und er, Snowy, sei der Star einer interaktiven Web-Show mit Pay-per-View-Programm. Ja, sind jetzt alle durchgeknallt?, fragt sich Snowy.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 4:3; 16:9
Tonformate: DD. 2.0 und 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D, Englisch
Extras:
- Audiokommentar von Regisseur, Kameramann und Set-Designerin
- Impressionen vom Filmset (7:40)
- Roughmix der Originaltöne (gesamte Länge)
- Entstehung des Soundtracks (5:44, mit den Komponisten)
- Zwei Trailer-Versionen (3:20, 1:52)
- Musikclip von Crematorys Song "Tick Tack" (4:10)
- Trailershow: Sisters - Schwestern des Bösen; American Nightmare; Clubland; The Big Empty; Themroc; UFO; Attack of the Killer Hog; Lovesick - Sick Love; Penetration Angst.
Mein Eindruck
Der "No-budget-Streifen" von Wolf Wolff wurde im kühlen Dezember 2000 innerhalb von 17 Tagen in der Region Trier abgedreht. Und dass dabei eine ganze Menge improvisiert werden musste, merkt man dem Streifen deutlich an. Man kann aber selbst einen verunglückten Rohstoff noch durch einen cleveren Schnitt retten, und das ist auch diesmal fast gelungen. Gerade im letzten Drittel, wenn sich die Ereignisse auf Josefs Hof überschlagen, fesselt die Handlung durch einen flüssigen Ablauf, der auf eine professionelle Handhabung des Schnitts zurückzuführen ist. Das pfiffige Ende mitsamt obligater Explosion bildet da nur das i-Tüpfelchen.
Auch sonst gibt es einige Schauwerte, wozu nicht zuletzt Viola Kunze als Maria gehört. Da ich schon weiß, wie Frauen unterhalb des Schlüsselbeins gebaut sind, fand ich die antiken Opel-Autos und die fliegende Kamera viel interessanter. Nicht nur, weil es sich um einen netten visuellen Effekt handelt, sondern weil die Kamera eine besondere Art der Optik erzeugt: Falschfarbenbilder, die zudem mit einer rasanten Kamerafahrt durch ein Tunnel-Labyrinth kombiniert wurden. (Dieses Labyrinth gibt es in Trier wirklich: Es handelt sich um die Kaiserthermen. Selbstverständlich darf man dort nur mit Lizenz drehen.)
Weniger schön fand ich dann die demütigende Vergewaltigung Marias durch einen Pseudo-Bullen (Helmut Rühl), bei der der angeschossene Snowy hilflos zusehen muss. Äußerst zynisch wirkt diese fiese Sache noch dadurch, dass Maria wenige Minuten zuvor selbst von Snowy gevögelt worden ist und behauptet hat, sie würde sich nur von Männern ficken lassen, die sie mag ...
Ansonsten lässt sich für den Streifen nur wenig Positives sagen. Die Dramaturgie ist schleppend und wird noch weiter verlangsamt durch die allgegenwärtigen Bilder aus der idyllischen Natur. Wie deplatziert diese Pausen-Bilder mitunter sind, zeigt eines, das den Sonnenuntergang im Sommer darstellt, während es in der entsprechenden Haudraufszene gerade Dezember ist.
Wenn Wolf Wolff etwas mehr Geld hätte auftreiben können, könnte man sich vorstellen, dass aus dem großteils improvisierten und mit Amateuren gedrehten Streifen - Tom de Bruin ist von Beruf eigentlich Sänger - eine nette, dichte Gewaltorgie geworden wäre. Aber so ertappte ich mich mehrmals beim Betätigen des Schnellvorlaufs, weil einfach nichts zu sehen war als ein herumirrender Snowy. Snowy D. White alias Schneewittchen alias Kokaindealer sowie "Josef und Maria auf dem Bauernhof" verraten einen schrägen Humor, der in all dem Gemetzel leider völlig untergeht.
Der Streifen wurde von vornherein auch in Englisch produziert. Alle Rollenbezeichnungen sind in Englisch. Im Abspann sind haarklein auch die englischen Synchronsprecher aufgeführt. Übrigens gab es auch deutsche, darunter einen in Hörspielkreisen sehr klangvollen Namen: David Nathan. Er ist in diesem Film die deutsche Stimme von Snowy, ansonsten aber die Stimmbandvertretung von Hollywoodgrößen wie Johnny Depp, Christian Bale und Leonardo DiCaprio.
Die DVD
Weil ein Making-of fehlt, sollte man sich den Audiokommentar zu Gemüte führen. Hier erklären der Autor und Regisseur, der Kameramann und die Set-Designerin, wie sie das alles so schön hingekriegt haben. Allerdings beschönigen sie nichts, sondern wundern sich, dass doch noch ein fertiger Film daraus geworden ist. Dass das Medienunternehmen Epix AG an der Produktion beteiligt war, hat sicher nicht geschadet.
Ebenso interessant ist die Doku über die Entstehung des Soundtracks. Anhand der Tunnel-Szene demonstrieren Max Würden und Dominik Schultes, wie die einzelnen Instrumente - mit Schultes am Bass - zwecks welcher Wirkung aufgenommen und zusammengemischt wurden. Das Equipment sieht sehr professionell aus, besonders die Software.
Die B-Roll, der Musikclip, die Trailer, der Sound-Roughmix - all das erscheint mir überflüssig. Der Lang-Trailer verrät schon einiges vom Plot und ein Potenzial für Optik und Dramatik. Vielleicht sollte Wolf Wolff mal Werbeclips drehen, um herauszufinden, wie man mit ordentlichem Budget in kürzester Filmlaufzeit das Optimum unterbringt.
Unterm Strich
Die Kombination von gewalttätigem Sex, Leichen am laufenden Band und einer Live-Web-Show hat mich nicht wirklich überzeugt. Dafür mangelt es doch noch an einigen Zutaten, nicht zuletzt an Zeit und Geld. Aber der Enthusiasmus der Mitwirkenden und Macher ist schon bewundernswert.
- Redakteur:
- Michael Matzer