Dämon und die Jungfrau, Der
- Regie:
- Mario Bava
- Jahr:
- 1963
- Genre:
- Horror
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- La Frusta E Il Corpo
1 Review(s)
21.10.2005 | 08:19Der Titel "Der Dämon und die Jungfrau" ist auf den ersten Blick etwas verwirrend; schließlich suggeriert die Überschrift Inhalte, die "La Frusta E Il Corpo" (zu deutsch: Die Peitsche und der Leib) keinesfalls enthält. Aber gut: Dass gerade beim Übersetzen von Otiginaltiteln des Öfteren ziemlich daneben gegriffen wurde, ist ja hinlänglich bekannt. Wie auch immer, "Der Dämon und die Jungfrau" ist aus unerklärlichen Gründen der Film von Mario Bava, der die schlechtesten Besucherzahlen aufweisen konnte. Dabei hatte der italienische Erfolgsregisseur mit Christopher Lee und der damals noch frischen Daliah Lavi einiges an Prominenz vorzuweisen. Doch nicht nur das; "Der Dämon und die Jungfrau" ist in Bezug auf Story und Magie der Bilder ganz klar eine der besten Bava-Produktionen und von der düsteren Atmosphäre her seiner Zeit um einiges voraus. Vielleicht war das aber auch der Grund dafür, dass die Zuschauer sich nicht in Massen ins Kino trauten.
Story:
Nach etlichen Jahren kehrt der verstoßene Kurt Menliff (Christopher Lee) auf das Schloss seiner Familie zurück. Dort wird seine Ankunft aber sehr missmutig aufgenommen, denn seinetwegen hat sich damals die junge Tanya selbst umgebracht. Besonders die mit Kurts Bruder verheiratete Nevenka, die zuvor eine Affäre mit Kurt hatte, ist sehr nervös und versucht, sich dem Rückkehrer zu entziehen. Doch dies gelingt ihr bereits in der ersten Nacht nicht mehr, und am Strand gibt sich Nevenka ihrem ehemaligen Liebhaber hin und lässt sich von ihm sogar auspeitschen. Daraufhin wird Nevenka vermisst, und als sie nachts verletzt und völlig verstört aufgefunden wird, vermutet man Kurt hinter dem Verschwinden des Mädchens. Als man ihn jedoch zur Rede stellen möchte, wird er tot in seinem Gemach aufgefunden. Die Ursache: Ein Hieb mit dem Dolch, genauso wie einst bei Tanya. Nevenka kann den Tod von Kurt aber nicht verkraften. Ihre sexuelle Abhängigkeit lässt ihr nach wie vor keine Ruhe, und es dauert nicht sehr lange, da verfolgen sie Visionen des Verstorbenen. Ist Kurt von den Toten auferstanden?
Bewertung:
Mario Bava, den man zeitweise auch als den Hitchcock Italiens bezeichnete, hat in "Der Dämon und die Jungfrau" einen Querschnitt aus Krimi, seinem eigenen Fach (dem Giallo) und dem damals durch Bava aufkeimenden Gothic-Horror kreiert, bei dem vor allem die Bilder für sich sprechen. Die beklemmende und furchterregende Atmosphäre beruht in erster Linie auf den sehr farbintensiven Bilderfolgen, die ja seit jeher Bavas Stärke sind. So kann sich der Regisseur auch ein recht langsam fortschreitendes Erzähltempo leisten, denn alleine mit Hilfe der schaurigen Bilder des verstorbenen Kurt und der düster inszenierten Kullise im Schloss der Menliffs ist stetig für Spannung gesorgt. Und außerdem passiert in den gut 80 Minuten des Filmes dennoch eine Menge, gerade in den Szenen, die direkt auf den Tod des Hauptdarstellers folgen. Aber auch die Umgebung sorgt bei Gourmets für Mäuler voll Spucke: eine tolle, gruselige Felsküste, ein kleiner Wald rund ums Schloss und ein verborgener Keller, in dem die Toten aufbewahrt werden. Bava hat einfach ein Gespür für einen Dramaturgie garantierenden Hintergrund, und selten ist ihm das so gut gelungen wie bei diesem Film.
Sein glückliches Händchen hat sich jedoch auch auf die Wahl der Schauspieler übertragen. Christopher Lee in seinen besten Tagen sorgt für eine atemberaubende Performance und erfüllt besonders die Rolle des 'Dämons' mit einer rachedürstigen, fiesen Ausstrahlung. Sein gemeines Lächeln ist bei der entsprechenden Zuschauer-Stimmung sogar richtig angsteinflößend. Seine Kollegin Daliah Lavi steht dem in nichts nach. Die zu dieser Zeit gerade mal 23-jährige Schauspielerin gibt die Rolle der von Obsessionen übermannten Nevenka mit purer Hingabe und beweist gerade in den abstoßend-erotischen Szenen ihre Qualitäten als Charakter-Darstellerin. Lee und Lavi geben in diesem Film ein wahrhaftig perfektes Gespann ab, das die übrigen, ebenfalls sehr gut spielenden Darsteller klar in den Schatten stellt.
Bleibt noch die Handlung an sich, und auch hier gibt es nirgendwo Grund zur Kritik. Die Horor-Elemente sowie die Szenen, in denen sich Lavi ihrer Leidenschaft hingibt, sind für das Genre revolutionär gewesen, weswegen mal wieder Teile des Films vorab geschnitten und hier zum ersten Mal für den deutschen Raum zugänglich gemacht wurden, und das wie immer mit deutschen Untertiteln. Für Spannung ist von Anfang an gesorgt, denn sobald Kurt Menliff in den Schoß seiner Familie zurückkehrt, spürt man die seltsame Stimmung und weiß, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht bzw. dass man keinem der Akteure trauen kann. So bleibt auch bis zum Ende die Frage offen, wer den Mord an Kurt und den Mord an seinem Vater (später im Film) begangen hat, denn Motive gibt es innerhalb der Sippe der Menliffs genügend.
Was mir persönlich sehr gut gefällt, ist, dass Bava nie zur Übertreibung neigt. Trotz so mancher skurillen Darstellung bleibt der Regisseur im Hinblick auf die eingesetzten Elemente auf dem Teppich und steigert sich nicht zu sehr ins Übersinnliche hinein. Aus all diesen Gründen spricht auch alles dafür, hier von einem ersten Meisterwerk des Gothic-Horror zu reden, das aufgrund der vielfältigen Einflüsse aus dem Bereich des Kriminalfilms diese Bezeichnung definitiv verdient.
Die Aufarbeitung der DVD ist ausgezeichnet. Die farbenfrohen Bilder, Bavas Hauptwerkzeug, kommen auf dem Silberling sehr gut zur Geltung und werden nur geringfügig durch Bildrauschen gestört. Der Ton hingegen lässt keine Wünsche offen. Bedrohliche Geräusche und die Dialoge sind sehr gut eingefangen, auch wenn in Sachen Raumklang bei DD 1.0 nicht zu viel erwartet werden darf. Dafür gibt es aber überraschend viele Extras zu bestaunen: ein Audiokommentar von Tim Lucas, diverse Originaltrailer, eine außerordentlich umfangreiche Bildergalerie, verschiedene Titelsequenzen, ausführliche Linernotes im umfangreichen Booklet und die üblichen Bio- und Filmografien - e-m-s können hier aus dem Vollen schöpfen und haben die DVD ziemlich voll mit interessantem Stoff gepackt. Dazu kommt ein feiner Pappschuber für den Sammler der neuen Bava-Edition. Keine Frage, hier muss man von einem rundum gelungenen Projekt sprechen, welches sich Fans des klassischen Horrorfilms auf keinen Fall entgehen lassen sollten.
- Redakteur:
- Björn Backes