Der Admiral - Krieg im Pazifik
- Regie:
- Izuru Narushima
- Jahr:
- 2011
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Rengô kantai shirei chôkan: Yamamoto Isoroku
1 Review(s)
11.05.2013 | 18:20Chronik eines japanischen Kriegshelden: wahr oder verlogen?
7. Dezember 1941: Mehr als 350 japanische Kampfflugzeuge starten in den frühen Morgenstunden einen Überraschungsangriff auf den US-Marinestützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii. Etwa 2.500 US-Militärangehörige verlieren an diesem Tag ihr Leben. Der Angriff veranlasst die Vereinigten Staaten von Amerika dazu, nun vollständig in den Zweiten Weltkrieg einzugreifen. Admiral Yamamoto (Kôji Yakusho), Oberbefehlshaber der japanischen Flotte, ist der führende Kopf hinter dem Überfall auf Pearl Harbor und zahlreicher weiterer Seeschlachten im Pazifik - so zum Beispiel in der Schlacht um Midway. Yamamoto hatte sich lange gegen das Bündnis mit dem deutschen Reich gewehrt und offen gegen einen Krieg mit Amerika ausgesprochen. Dennoch erfüllt er seine Pflicht als Soldat, als er den nächsten Angriffsbefehl erhält. (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Rengô kantai shirei chôkan: Yamamoto Isoroku (Japan 2011)
Dt. Vertrieb: Ascot Elite / Pandastorm Pictures
VÖ: 21.5.2013
EAN: 4048317375295
FSK: ab 16
Länge: ca. 135 Min.
Regisseur: Izuru Narushima
Drehbuch: Yasuo Hasegawa, Kenzaburo Iida
Produzent: Shohei Kotaki
Musik: Tarô Iwashiro
Darsteller: Koji Yakusho (Isoroku Yamamoto), Hiroshi Tamaki (Shindo Toshikazu), Akira Emoto, Toshiro Yanagiba, Hiroshi Abe (Kommandant Yamaguchi), Mieko Harada (Y's Ehefrau) u.a.
Handlung
Als kleiner Junge hat Isoroku Yamamoto seine Heimatstadt Nagaoka brennen gesehen. Damals kamen 20.000 Menschen um. Es ist für ihn ein Ansporn, es niemals wieder soweit kommen zu lassen. Ein Wunsch, der, wie sich zeigt, zunehmend schwieriger umsetzen lässt.
1937 werden die Japaner, die sich bereits mitten in einem Krieg mit China befinden, das von den briten und Amis unterstützt wird, von den Deutschen und Italienern eingeladen, ihrem "Stahlpakt" beizutreten. Da die Marine, der Yamamoto angehört, strikt dagegen ist, diesem Teufelspakt beizutreten, stehen auf einmal bewaffnete Armeesoldaten für dem Marine-Hauptquartier. Die Situation kann zwar entschärft werden, doch Yamamoto ahnt, dass er sich dem, was die Medien verlangen, nicht mehr lange widersetzen kann.
Wiederholt tut er seine feste Überzeugung einer der maßgeblichen Zeitungen des Landes kund. Dabei bemerkt er neben dem kriegstreiberischen Chefredakteur einen Journalisten, der noch einen offenen Verstand hat. Diesen Shindo nimmt er sich besonders zur Brust. Er, Shindo, solle ein offenes Auge, ein offenes Ohr und vor allem ein offenes Herz haben. Niemand kann Worte aus dem Mund einer solchen Autorität wie Yamamoto, der 1905 in der Seeschlacht von Tsushima als erster japanischer Marinesoldat verwundet wurde, ignorieren. Shindo ist es denn auch, der die Chronik der verhängnisvollen Schritte erzählen, die Japans Flotte in den Krieg mit den Amerikanern ziehen.
Als ein Minister nach dem anderen wechselt, bis mit Tojo ein Militär an die Macht kommt, befiehlt Yamamoto, einen Angriffsplan für Pearl Harbor auszuarbeiten. Mitgefangen, mitgehangen - seit dem Beitritt zum Drei-Mächte-Pakt rast der Zug, auf den die Japaner unbedingt aufspringen sollten, Richtung Abgrund. Am 7. Dezember 1941 befindet sich die kaiserliche Kriegsflotte nur 200 Seemeilen nördlich von Hawaii. Yamamoto hat dringend darum gebeten, vor dem Angriff unbedingt eine Kriegserklärung abzugeben. Diese Vorgabe verfehlen die Diplomaten, die zehn Stunden entfernt in Washington agieren, um eine Stunde, so dass US-Präsident Roosevelt zu Recht von einem "Tag der Schande" sprechen kann.
Und das eigentliche Ziel hat der Angriff auf Pearl Harbor ebenfalls verfehlt: Die amerikanischen Flugzeugträger schippern weiterhin fröhlich und unbeschadet über den Pazifik. Schon wenige Tage später erscheinen ihre Bomber erstmals über der kaiserlichen Hauptstadt Tokio. Yamamoto und Shindo ahnen: Dies ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen soll...
Mein Eindruck
Am Schluss steht wieder ein junger Mensch vor einer zerstörten Stadt, wie schon am Anfang: Der Kreis hat sich geschlossen. Aber haben die Menschen irgendetwas daraus gelernt? Das ist doch sehr die Frage. Wenn man sieht, wie der einst zum Krieg und zur Revanche hetzende Chefredakteur sei Fähnlein nach dem Winde hängt und ganze groß DEMOKRATIE auf sein Blatt schreibt, ahnt man schon, dass in Japan rein gar nichts aufgearbeitet wurde. Tatsächlich hält sich auch die Zahl der selbstkritischen Filme über die Ära vor dem 2. Weltkrieg sehr in Grenzen. Herausragend natürlich, wie in jeder Liste: "Hiroshima, mon amour" (1957). Nicht von ungefähr ein französischer Film, mit einer französischen Autorin (Marguerite Duras) und einem französischen Regisseur (Alain Resnais).
Nun also Yamamoto. Jener Flottenkommandant, der den "Überfall" auf Pearl Harbor zu verantworten hat. Aber keineswegs alleine, wie die Chrnik im Film nun belegt: Es war Kriegsminister Tojo höchstselbst, der Yamamoto einerseits und Admiral Nogomo, dem Befehlshaber der japanischen Flugzeugträger, andererseits einander widersprechende Befehle erteilte. Nogomo sollte alle Träger wohlbehalten nach Hause bringen. Sieht so ein effektiver Einsatz aus?
Das Dilemma wirkte sich verheerend auf die Ausführung des Angriffs aus. Es gab beispielsweise keine zweite Angriffswelle, was die Amis in die Lage versetzte, ihre beschädigten Schlachtschiffe binnen sechs Monaten zu reparieren, und alle Träger waren unbeschädigt. Sie wurden nicht einmal gesucht. Ihre Bomber griffen postwendend Tokio an. So hat es der Kinofreund auch in der Michael-Bay-Version von "Pearl Harbor" gezeigt bekommen.
Bei der zweiten Schlacht, der von Midway im Mai 1942, wollte Yamamoto diese Scharte auswetzen, aber wieder spielten die Träger eine verhängnisvolle Rolle. Die der Amis schickten ihre Bomber los, wurden nnur vom Flaggschiff entdeckt, aber nicht von Nogomo, und folglich wurden alle fünf Träger der Japaner versenkt. Das raubte ihnen die Lufthoheit und machte den Amis den Weg nach Tokio frei. Den Japanern blieb nur noch die Strategie, Inseln wie Saipan und Guam zu terrestrischen Trägern umzufunktionieren. Die Kämpfe um diese Inseln zählen bis heute zu den blutigsten jemals an Land geführten Gefechten.
Die Chronik lässt kaum ein gutes Haar an der Marineführung unter Tojo. Mehrfach fällt die Kritik, diese Herrschaften hätten von Taktik und Strategie keine Ahnung. Ganz anders hingegen Yamamoto, der mit einer blütenweißen Weste davonkommt, getötet aufgrund der Unfähigkeit seiner Mitarbeiter (ein Funker hatte die komplette Reiseroute des Kommandanten über den Äther gejagt, wodurch sie sofort von den amerikanischen Bomberflottenkommandeuren abgefangen und entschlüsselt werden konnte).
Yamamoto, der Killer von Pearl Harbor, erscheint als ein Gutmensch, wie er im Buch steht, wenn er einem Mädchen eine Haarschleife schenkt oder seinem Freund Hori empfiehlt, lieber gute Kadetten auszubilden als selbst an die Front zu ziehen. Manche Bilder erschließen sich nur dem Japankenner, denn sie bleiben unkommentiert stehen. Was hat es beispielsweise mit jenem Fisch auf sich, den die Familie Yamamoto NICHT verspeist, sondern auf dem Tisch stehen lässt? Dabei hätte sie es doch ob der Rationierung von Lebensmitteln dringend nötig, solch wertvolles Protein zu sich zu nehmen. Und welches Brettspiel spielt Yamamoto vorzugsweise, sogar während einer Schlacht? Ist es Go oder Shibumi?
Schwächen
Als wäre die Heldenverehrung für Yamamoto und dessen Heiligsprechung in diesem Film nicht schon schlimm genug, so fehlt es auch noch an einer fesselnden Dramaturgie mit einem übergreifenden Spannungsbogen. Das liegt an der Stilform der Chronik, in der alle Ereignisse fein säuberlich sortiert sind. Dadurch geht die menschliche Tiefe weitgehend verloren und übrigbleiben nur oberflächliche Statuen und Plakate von Szenen, die den Zuschauer eigentlich bewegen sollte (so etwa der Tod der Hauptfigur), ihn aber letzten Endes kalt lassen.
Eine weitere Merkwürdigkeit ist die Rolle von Yamamotos Flaggschiff. Die "Yamato" (ein weiterer Namen für Japan) sieht auf dem DVD-Cover und auch im Film höchst heroisch aus, ähnlich wie die "Bismarck", doch ebenso wie das deutsche Schlachtschiff spielt die "Yamato" eine unrühmliche Rolle: Sie feuert im Film keinen einzigen Schuss ab, und als wir ihren üblichen Ankerplatz leer sehen, wird uns (hoffentlich) klar, dass auch sie von Flugzeugen versenkt worden sein muss. Merke: Die Luftwaffe hat die Spielregeln des Krieges unwiderruflich geändert. Immerhin fällt dies Yamamoto als einzigem der obersten Marineverantwortlichen in Japan auf, während die anderen noch auf schwimmende Festungen bauen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (16:9)
Tonformate: D in DTS 5.1 und DD 5.1, Japanisch in DD 5.1
Sprachen: D, Japanisch
Untertitel: D, Englisch
Extras:
- O-Trailer
- Trailershow
Mein Eindruck: die DVD
Bild und Ton dieser DVD-Version sind ganz in Ordnung. Bei DTS-Ton kann man sich auch nicht beschweren. Untertitel standen mir auf meiner Presseversion, die ohne Menü kam, nicht zur Verfügung.
Extras
1) Originaltrailer
2) Trailershow
Unterm Strich
Auf den ersten Blick, mag es wie ein Widerspruch erscheinen, dass der titelgebende Admiral Yamamoto, der Killer von Pearl Harbor, in diesem japanischen Film eine Rechtfertigung erfährt. Andererseits war auch er nur ein Soldat wie viele andere und musste die seltsamen und widersprüchlichen Befehle von Kriegsminister Tojo zusammen mit seinem Kollegen Nogomo ausführen. In der Folge kam es zu zahlreichen Fehlleistungen, die in der kompletten Zerstörung der japanischen Trägerflotte in der Schlacht von Midway anno 1942 gipfelten.
Yamamoto soll hier als Befehlshaber mit einem Gewissen dargestellt werden, der vor allem eines will: Frieden. Damit löst er Verwunderung, ja sogar Konsternation aus, nicht zuletzt in der kriegstreiberischen Presse Tokios. Doch der Chronist, der Journalist Shindo, versucht, einen unverstellten Blick auf Yamamoto und die sich überstürzenden Kriegsereignisse zu behalten. Dadurch bleibt die Militärführung nicht unkritisiert, die, wie gesagt, viele militärische Fehler macht.
Es ist folgerichtig und nicht wenig ironisch, wenn Yamamoto dem Fehler eines seiner eigenen unfähigen Mitarbeiter zum Opfer fällt. Am Schluss schließt sich für Japan wieder der Kreis: Von einer brennenden Stadt zur nächsten. Aber was hat die Nation daraus gelernt? Der Chronist hegt seine zweifel. Vielleicht ist dieser Film ein Anfang von Aufarbeitung. Aber es ist ein Anfang mit etlichen ästhetischen Fehlern, ungefähr so, als wollte man Adolf Hitlers Qualitäten als Kunstmaler und Hundeliebhaber hervorkehren. Es bleibt ein bitterer Beigeschmack zurück.
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer