Diebe von Marschan, Die
- Regie:
- Rudolph Mate
- Jahr:
- 1951
- Genre:
- Märchen
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Prince Who Was a Thief
1 Review(s)
16.01.2009 | 09:26Der Kampf um die Perle der Macht
Der machtgierige Tyrann Mokar beauftragt einen seiner Schergen, den jungen Prinzen Julna zu töten. Doch als der Mann in die Augen des unschuldigen Kindes schaut, tötet er den Jungen nicht, sondern nimmt ihn heimlich bei sich auf. Als Julna zu einem jungen Mann gereift ist, erfährt er von seiner wahren Herkunft und kämpft um seinen Thron als Herrscher des Orients. (nicht ganz korrekte Verleihinfo)
Digital restaurierte Fassung in einer weltweiten DVD-Erstveröffentlichung.
Filminfos
O-Titel: The Prince Who Was a Thief (USA 1951)
Vertrieb: Koch Media Home Entertainment
Veröffentlichung: 25.07.2008 [Kauf-DVD]
FSK: ab 12
Länge: ca. 85 Minuten
Regisseur: Rudolph Mate
Drehbuch: AEneas MacKenzie, Gerald Drayson Adams, Theodore Dreiser
Musik: Hans J. Salter
Darsteller: Tony Curtis (Julna alias Hussein), Piper Laurie (Tina), Midge Ware (Mirna), Carol Varga, Marvin Miller, Hayden Rorke, Peggie Castle (Jasmina), Jeff Corey (Mokar), Betty Garde, Everett Sloane (Jussef), Donald Randolph, Nita Bieber (Cahuena), Milada Mladova u. a.
Handlung
Der Palast von Osman, dem Bey von Marschan und Tanger, bei Nacht. Mustafa hat seinen Schergen Mokar beauftragt, den Thronerben zu töten. Mokar (Jeff Corey) hat seinerseits den Dieb Jussef gedungen, die Dreckarbeit zu erledigen. Doch Jussef, eine ehrliche Haut, bringt es nicht übers Herz, den Knaben zu ermorden, raubt ihn, befleckt aber das Betttuch mit seinem Blut, bevor er verschwindet. Mit dem blutigen Betttuch eilt Mokar zu Mustafa, der diesen Beweis dafür, dass der Knabe tot ist, akzeptiert und Mokar belohnt. Doch in Jussefs Haus wird das Zeichen der Herrscher von Marschan, eine Adler-Tätowierung, fortan mit Hilfe eines Armreifs verdeckt. Der kleine Hussein wird in Julna umgetauft.
Jussef (Everett Sloane) ist der Anführer der Diebesgilde und sorgt für die Ausbildung Julnas. Doch Julnas erster Versuch, in die Schatzkammer des Thronräubers Mustafa einzudringen, schlägt fehl. Er kann nicht durch die Gitterstäbe in der Fensteröffnung dringen. Da bräuchte man schon eine Schlange, meint er (Tony Curtis).
Mustafas Tochter Jasmina (Peggie Castle) soll Hedja, den Prinzen von Algier, heiraten. Der Prinz verehrt ihr als Verlobungsgeschenk die Perle der Fatima. Jasmina bewahrt das taubeneigroße Prunkstück neben ihrem Nachtlager auf, in der Überzeugung, dass es dort sicher wäre. Julna hat in der Nacht zuvor Jasmina gesehen und sich in sie verliebt. Doch nicht der Prinz der Diebe dringt bei Jasmina ein, sondern eine schlanke junge Frau mit rotem Haar (Piper Laurie). Sie klaut die Perle und verschwindet. Jasmina schlägt Alarm. Der Prinz von Algier fordert die Wiederbeschaffung der Perle binnen eines Monats - oder er werde die Stadt dem Erdboden gleichmachen. Auch Jasmina setzt ihren Vater entsprechend unter Druck.
Mustafa verspricht Jussef insgesamt zehntausend Golddinar für die Beschaffung der Perle binnen eines Monats. Schafft er es nicht, verliert er seinen Kopf. Julna hat die rettende Idee: Sie brauchen einen Köder, um den Perlendieb in eine Falle zu locken. Alles klappt wie am Schnürchen, am Ende liegt das Mädchen, das sich Tina nennt, gefesselt vor Jussef und Julna. Die Perle findet sich bei ihr. Bei ihrem Fluchtversuch erkennen sie, dass sich Tina ideal fürs Eindringen in die Schatzkammer eignet. Schlagartig verändert sich ihr Verhalten, und Tina, die Julna mag, kapiert sofort, was sie vorhaben. Aber waschen muss sie sich trotzdem.
Stolz wie Oskar präsentiert Jussef die Perle dem gierigen Mokar. Der unterschreibt zwar die Quittung, doch das Gold rückt er nicht heraus. Heimlich nimmt ihm Tina die Perle wieder ab. Mokar hat einen extrem peinlichen Auftritt vor seinem Herrn Mustafa, doch Julna stört sie: Er fordert Jussefs Belohnung. Der Bey lenkt ein, als sich seine Tochter für Julna verwendet. In ihren Gemächern betört sie den jungen Mann mit Reizen und Versprechungen. Insgeheim Julna ist überzeugt, dass Mokar die Perle beiseite geschafft hat.
Durch seine Schwärmerei für die Prinzessin macht er Tina so eifersüchtig, dass sie Eier nach ihm wirft. Eines davon trifft den Wachhauptmann Kapudan. Julna deckt Tina, indem er sagt, er habe geworfen, und so ist er es, der die Bastonade erleiden muss. Besänftigt erklärt sich Tina bereit, beim Raubzug in die Schatzkammer mitzumachen, verlangt aber einen Anteil. Sie will ihren Vater befreien, der als Dieb im Gefängnis von Marrakesch schmachtet. Jussef und Julna, die denken, ihr Anteil könne nicht viel sein, schlagen ein. Zusammen machen sich die drei nachts auf, um die Schatzkammer zu plündern. Doch sie sind beobachtet worden ...
Mein Eindruck
Die Handlung ist auf eine unterhaltsame Mischung aus Abenteuer, Action und Romantik ausgerichtet. Es gibt eine Menge hin und her, doch im Mittelpunkt steht das Schicksal des "Prinzen im Exil". Diese archetypische Gestalt wird schon seit Urzeiten in der Literatur verwendet, wie Joseph Campbells Untersuchung "Der Held in tausenden Gestalten" deutlich gemacht hat.
Natürlich geht es für Julna, den Enterbten, darum, sein Erbteil und die ihm zustehende Herrschaft zu erringen. Die Frage ist nicht nur das Wie, sondern auch das "mit wem an seiner Seite". Wird er der berechnenden Prinzessin Jasmina den Vorzug geben oder der patenten Diebin Tina? Da schlagen Frauenherzen höher. Und deshalb wird diese Frage auch erst ganz am Schluss, als schon fast alles entschieden ist, beantwortet.
Bezeichnenderweise sind es nicht die Gefolgsleute Mustafas, des Thronräubers, die Prinz Hussein alias Julna, zu seinem angestammten Recht verhelfen, sondern die Anhänger des gemeuchelten Herrschers, Bey Osman. Das verleiht der Revolution des Bürgerprinzen einen konservativen, restaurativen Charakter. Was aus dem Gleichgewicht war, wird nun wieder in die "natürliche Ordnung" zurückgesetzt.
~ Politische Ironie? ~
Warum das "Lexikon des internationalen Films" dennoch von "politischer Ironie" spricht, ist nicht so ohne Weiteres zu verstehen. Möglicherweise bezieht es sich darauf, dass die politischen Machthaber, die unrechtmäßig auf den Thron gelangt sind, also Mustafa und Mokar, durch die Sabotage eines ungehorsamen Helfers, nämlich Jussef, ihre eigene Nemesis geschaffen haben. Sie haben Jussef zu sehr vertraut und es sich zu einfach gemacht; das wird ihnen zum Verderben.
~ Schakale ~
Da ist es wesentlicher lustiger, den Dieben bei ihrem Handwerk zuzusehen. Ich habe mich aber gefragt, welche Rolle die "Gilde der Schakale" im Stück spielt. Deren Anführer Said ist ein skrupelloser, völlig egoistischer Bursche, der den Dieben nur hilft, wenn er seinen Anteil bekommt. Was ihm abgeht, ist jeglicher Sinn für Ehre (und Romantik sowieso - er begehrt keine einzige der vielen Frauen im Stück).
Said fügt den Unternehmungen der Diebe ein weiteres Stückchen Unsicherheit hinzu und sorgt so für zusätzliche Spannung. Wird er Julna & Co. in den Rücken fallen? Und wie belohnt man einen der Schakale? Indem man ihm ein Amt gibt - und einen Kontrolleur über ihn einsetzt. Schon die alten Römer wussten: Wer soll die Wächter (des Goldes) bewachen? Und von denen stammen wohl auch die Gänse, die einst auf dem Forum Romanum Alarm schlugen, wenn sich Unbefugte näherten.
~ Aschenputtel ~
Tina ist die kleine Diebin, die in die Fremde gehen muss, um dort ihr Glück zu versuchen. Sie stammt aus dem fernen Marrakesch und musste sich bis an die Nordküste durchschlagen, um in Tanger in den Palast eindringen zu können. Sie hat den Aschenputteltraum, eines Tages einen Prinzen zu finden, der sie bis ans Ende ihrer Tage liebt. Doch am Ende all des Hin und Hers und nach Erstürmung von Schatzkammer und Thronsaal durch Julna-Hussein steht sie allein da.
Traurig packt sie schon ihre Goldsäcke aufs Eselchen, um nach Marrakesch zu ihrem Vater zurückzukehren. Da erinnert sich der frischgebackene Prinz, dass ihm eine bestimmte Frau an seiner Seite fehlt. Und zu unserer Verwunderung (und immensen Erleichterung aller Frauenherzen!) ist es nicht die verschlagene Jasmina, für die sein Herz schlägt, sondern die tapfere kleine Tina aus dem einfachen Volk. Das Aschenputtel darf endlich eine Krone tragen.
~ Dreiser ~
Nach Angabe der Credits diente als literarische Vorlage eines Erzählung des bekannten amerikanischen Schriftstellers Theodore Dreiser. Dreiser zählt meines Wissens zu den Naturalisten und Tabubrechern anfangs des 20. Jahrhunderts, als er mit "Sister Carrie" den Lebensroman einer Prostituierten erzählte - höchst skandalös, aber auf einer Linie mit Emile Zolas "Nana" und Fontanes "Frau Jenny Treibel", allesamt "gefallene Mädchen".
Was ein derartiger Schriftsteller mit der Story dieses Märchenfilms zu tun haben soll, ist noch schwerer zu verstehen als die Sache mit der "politischen Ironie". Vielleicht muss man den Film aller Romantik entkleiden und nur die nackten Fakten betrachten: die Enteignung des Erben, das Leben unter Ausgestoßenen der "guten Gesellschaft", die Rückkehr in die oberen Etagen der Macht.
In diesem Szenario hat eine treue Frau an der Seite des Rebellen nur dann eine tragende Rolle, wenn man sie als Revoluzzerbraut betrachtet. Und diese Funktion ist Tina im Film versagt. Das kann man gut als Zugeständnis der konservativen Studiobosse ansehen. Dann wird auch Tinas Aschenputtelschicksal verständlich. Möge bloß keine Frau auf die Idee kommen, den Lauf der Dinge selbst in die Hand zu nehmen! Das wäre im Nachkriegsamerika keine willkommene Botschaft gewesen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: Vollbild (1.33:1)
Tonformate:
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Deutsch
Dolby Digital 2.0 (Stereo) in Englisch
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
1. Originaltrailer
2. Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mein Eindruck: die DVD
Die Qualität des Bildes ist vom Feinsten, das man im Nicht-HD-Standard erzielen kann. Artefakte waren nicht festzustellen. Damit kann der Ton nicht ganz mithalten, der im Standard DD 2.0 (Stereo) vorliegt. Von Stereoeffekten konnte ich jedoch nichts feststellen. Untertitel gibt leider keine.
1. Originaltrailer
Wie jeder Trailer präsentiert auch dieser (2:13 min) die Highlights des Films. Ungewöhnlich ist jedoch, dass auch Pressestimmen als Argument präsentiert werden, die beiden jungen Stars Tony Curtis und Piper Laurie zusammen in einem Film zu präsentieren. Sie treten also quasi auf Wunsch des Publikums auf.
2. Bildergalerie
Die Bildergalerie umfasst internationale Filmplakate, amerikanische und deutsche Aushangfotos sowie mehrere Hefte mit Artikel zu Film und Stars. Den Abschluss bilden schwarzweiße Starfotos von Curtis und Laurie.
Unterm Strich
"Die Diebe von Marschan" ist seltsamerweise viel weniger häufig im FreeTV zu sehen als etwa "Das goldene Schwert". Dabei bieten auf den ersten Blick beide Streifen die gleichen Schauwerte: prächtige Ausstattung in einem orientalischen Ambiente voller Bauchtänzerinnen, jede Menge Augenfutter, Abenteuer und Spannung für die Jungs, reichlich romantischen Herzschmerz und Liebesgeplänkel für die Mädels - der Film ist ja ab zwölf Jahren freigegeben.
In beiden Filmen tritt die lebhafte, rothaarige Piper Laurie auf, um dem jeweiligen Helden eine Menge Dinge an den Kopf zu werfen, unter anderem auch harte Worte. Doch nur Rock Hudson machte sich für sie auch zum Affen, indem er ihren Knecht spielte, wohingegen Tony Curtis lediglich humpeln muss, um schon wieder ihre Verzeihung zu erlangen. Curtis darf zwar ebenfalls komisch aussehen, aber niemals die Oberhand über die Situation verlieren. Sein Vorhaben ist das gleiche wie das von Rock Hudson: Die Erlangung der Herrschaft, um sodann mit der Frau seines Herzens zu herrschen - und zu schlampampen, versteht sich.
Nachträglich ist nicht einzusehen, ob der Film aus inhaltlichen Gründen seltener gezeigt wird - oder aus rechtlichen oder Gründen der Bildqualität. Wie oben erwähnt, handelt es sich um eine weltweite DVD-Erstveröffentlichung. Von einer digitalen Überarbeitung ist auf der Verpackung keine Rede, aber die hohe Bildqualität lässt keinen anderen Schluss zu. Vielleicht wagen die Sendeanstalten jetzt endlich, diesen Film ins Programm zu nehmen. Frauenherzen dürften es ihnen danken.
- Redakteur:
- Michael Matzer