Dreamcatcher
- Regie:
- Lawrence Kasdan
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA / Kanada
- Originaltitel:
- Dreamcatcher
2 Review(s)
28.12.2004 | 07:23Die Verfilmung des gleichnamigen Stephen-King-Thrillers mutet an wie eine Mischung aus "Independence Day", "Alien", "Stephen King's ES" und einer Episode aus einer TV-Seifenoper. Jedenfalls zerfällt der Film in so viele Einzelteile, die man alle schon kennt, dass keine Freude aufkommt. Die DVD dazu bringt keine wesentlichen Vorteile.
Filminfos
Originalitel: Dreamcatcher (USA / Kanada 2003), DVD: 11.12.2003 (ASIN B00008V2Z6)
FSK: ab 16
Länge: 128 Minuten
Regisseur: Lawrence Kasdan
Drehbuch: William Goldman / Lawrence Kasdan
Musik: James Newton Howard
Darsteller:
Morgan Freeman: Col. Abraham Curtis
Thomas Jane: Dr. Henry Devlin
Jason Lee: Joe 'Beaver' Clarenden
Damian Lewis: Gary 'Jonesy' Jones
Timothy Olyphant: Pete Moore
Tom Sizemore: Owen
Donnie Wahlberg: Douglas 'Duddits' Cavell
Michael O'Neill: General Gene Matheson
u. a.
Handlung
Ein "Dreamcatcher" ist ein ursprünglich von Indianern hergestellter Talisman, um böse Träume einzufangen und vom Schlafenden fernzuhalten. Das feine Gespinst wird in einem Rahmen geflochten und an die Decke gehängt. Es ist ein mächtiges Symbol, das im Film zwar oft vorkommt, aber viel zu wenig ernst genommen wurde.
Das Ding und seine Bedeutung wird den vier Freunden Henry, Pete, Beaver und Jonesy von einem stotternden Jungen vermittelt, den sie eines Tages aus den "Klauen" größerer Jungs befreien, die ihm Hundekot zu essen geben wollen (damit fängt dieses unappetitliche Thema, das den ganzen Film durchzieht, an). Der Junge, der eigentlich Douglas Cavell heißt, nennt sich nuschelnd Duddits. Und er verfügt über besondere Gaben. Die gibt er an seine neuen Freunde weiter: Telepathie und die Findegabe. So findet Pete mit seinem Suchfinger ein verschwundenes Mädchen namens Josie in einem Schacht.
Zwanzig Jahre später setzt die Gegenwartshandlung ein, indem Henry versucht, sich zu erschießen, Pete versucht, bei einer Blondine zu landen, Beaver den Abend allein herumzubringen versucht und Jonesy versucht, lebendig die Straße zu überqueren. Alle scheitern auf ganzer Linie. Weil er Duddits auf der anderen Straßenseite "sieht", überquert Jonesy die Straße im dicksten Verkehr und wird prompt überfahren. Ein Todestraum vermittelt ihm Kontakt zu Duddits, der ihn vor "ister gay" (= Mister Gray) warnt. Das ist der erste Hinweis auf das, was bevorsteht.
Sechs Monate später trifft sich das Quartett glücklich wieder in Duddits' Waldhütte "Hole in the Wall", wo die Traumfänger unter der Decke hängen. Jonesy hinkt zwar noch, kann aber laufen und Schneemobil fahren. Während man sich noch wundert, warum alle Waldtiere fliehen, taucht Rick McCarthy auf, der schwere Magen-Darm-Probleme hat, die sich schon bald als tödlich erweisen. Und gleich darauf donnern Armeehubschrauber über die Hütte, um das Waldgebiet zur Quarantänezone erklären.
Während Beaver seinen lebensgefährlichen Kampf mit dem Kackwiesel-Alien, das McCarthy entschlüpft ist, aufnimmt, beschließen die Sondertruppen um Colonel Abraham Curtis (Freeman) und Major Owen (Sizemore), das alienverseuchte Gebiet unter Beschuss zu nehmen. Leider erleben die Piloten der Blue Unit eine böse Überraschung, als sie das Alien-Mutterschiff angreifen.
Ein roter Pilz, den die Blue Boys kurzerhand "Ripley" getauft haben, breitet sich überall aus, auch in Duddits' Jagdhütte. Dies scheint der erste Schritt im Lebenszyklus der Aliens zu sein, bevor sie sich zu riesigen Monstern entwickeln, die es auf die Eroberung der Erde abgesehen haben.
(Siehe auch das Stephen-King-Interview im Abschnitt über die DVD-Extras.)
Mein Eindruck: der Film
Diese Story enthält so viele Anleihen bei anderen Werken, dass es für den Kenner eine wahre Freude ist, sie alle aufzuzählen. Der Nachteil ist jedoch, dass sie ihm den Spaß an diesem Film komplett verderben: Man hat das alles schon besser, spannender und überzeugender gesehen oder gelesen.
- Vorspann mit Großaufnahmen und Musik von James Newton Howard erinnern an Anfang von "Die Purpurnen Flüsse";
- Independence Day: Der Angriff auf das Alien-Mutterschiff;
- "Alien-Reihe": die verschiedenen Lebensstadien der Würmer / Kackwiesel, insbesondere die armlange Form;
- "Ripley": Obwohl angeblich eine Hommage an "Alien", handelt es sich um eine Anleihe bei H. G. Wells, der in seinem Roman "Der Krieg der Welten" die Marsianer die ganze Welt mit einem "red weed" überziehen lässt;
- "Stand by me" und "ES": Freunde in Derry, Maine, erleben Abenteuer, diesmal mit einem besonders Begabten; auch hier eine Episode mit Schächten;
- Schizophrenie-Szenen à la Gollum in "Herr der Ringe: Die zwei Türme";
- Showdown im Pump- und Wasserwerk: siehe das Finale von "Der Marathon-Mann";
- usw. usf.
Diese Reihe ließe sich noch beliebig fortsetzen.
Was mich am meisten nervte, waren nicht die "Independence Day"-Krieger und ihr Angriff. Es war vielmehr die Stelle, an der Henry bei Major Owen mitfährt, um Duddits abzuholen. Henry erzählt ein derart abgefahrenes Garn - das der fiktiven Wahrheit entspricht - und telefoniert sogar mit Hilfe einer Pistole (!) von John Wayne (!), dass Owen eigentlich komplett ausrasten und Henry für verrückt erklären müsste, wie es jeder vernünftige Mensch täte. Nichts dergleichen passiert. Owen fährt gemütlich weiter, als bekäme er jeden Tag solche Storys aufgetischt.
Noch übler war dann Owens Artillerieduell mit dem per Heli angreifenden Colonel Curtis, der sowieso ein Sparren locker hat - und zwar von Anfang an. Aber was soll man von einem Soldaten erwarten, der seit einem Vierteljahrhundert Aliens bekämpft? Das soll sich wohl der Zuschauer fragen, wenn es nach dem Regisseur geht. Aber die weißen, abstehenden Augenbrauen machen Curtis nicht furchteinflößend, sondern etwa so gefährlich wie den Weihnachtsmann. Es sieht an einem Soldaten, der sich militärisch pflegt, außerdem sehr unmilitärisch und lächerlich aus.
Ein besonderes Ärgernis ist die deutsche Synchronisation: Ich habe sie mit den englischen Untertiteln verglichen: Die Unterschiede sind immens. Was für den deutschen Zuschauer, der das Original nicht kennt, besonders abstoßend wirkt, sind die Ausdrücke aus dem Fäkal- und Intimbereich. Das ist zwar unter jungen Männern, die sich unbelauscht wissen, nichts Besonderes, führt aber hier dazu, dass die potenzielle Sympathie, die wir für sie haben, rasch schwindet. Und das ist mit das Schlimmste, was passieren kann. Denn dann ist die Handlung piepegal und das Schicksal der Vier spielt keine Rolle.
Wer also gehofft hatte, dieser Film würde sich auf die vier Freunde und ihr Schicksal konzentrieren, um psychologischen Horror zu entwickeln, sieht sich schon nach wenigen Filmminuten böse enttäuscht. Es ist ein drittklassiges Monstermovie über Kalte Krieger und Alienwürmer geworden, das man möglichst schnell zu vergessen sucht.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 2,40:1 (anamorph)
Tonformate: Dolby Digital 5.1
Sprachen: Deutsch/Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Dänisch, Finnisch, Isländisch, Norwegisch, Schwedisch, Englisch für Hörgeschädigte, Deutsch für Hörgeschädigte
Extras:
- US-Kinoteaser
- Stab und Besetzung
- Dreamwriter: Interview mit Stephen King (7:30)
- Dreamweavers: Die visuellen Effekte von "Dreamcatcher" (8:12)
- Nicht verwendete Szenen und Original-Ende (ca. 14:00)
- DVD-Rom-Part
Mein Eindruck: die DVD
Bild- und Tonqualität sind sehr gut, lediglich in manchen Aufnahmen könnte die Beleuchtung besser sein. Der Kinotrailer fasst die Handlung zusammen und macht ein wenig deutlich, was ein indianischer "Dreamcatcher" ist. Die Angaben über Stab und Besetzung bestehen nur aus einer einzigen Textseite. Die nicht verwendeten Szenen hat man gut weglassen können.
Nur der Original-Schluss weicht erheblich vom veröffentlichten Ende ab: Hier tötet Duddits das Riesen-Alien "Mr. Gray" auf telekinetische Weise, was nicht sonderlich überzeugend aussieht. Dann bricht er zusammen und stirbt - wohl auch an seiner Leukämie. Am Ende besuchen Henry und Jonesy sein Grab und singen gemeinsam "Blue Bayou". Ohne Begleitmusik klingt es ein wenig pathetisch.
Ein Making-of und einen Regiekommentar sucht man vergebens. Dafür werden die visuellen Effekte (VFX) genauestens erklärt. Sie entstanden zum Teil bei der Effekteschmiede von Industrial Light & Magic, die zu George Lucas' Firmenimperium gehört. Die Producer und CGI-Animatoren erläutern das Design der verschiedenen Aliens: die Kackwiesel sowie die zwei Phänotypen von Mr. Gray: a) dem zweibeinigen Alien und b) dem Riesenwiesel mit dem großen gezähnten Maul, das an einen Sandwurm ("Der Wüstenplanet") erinnert. Immerhin hat man hier einen kompletten Lebenszyklus vom Ei bis zum Riesenwurm erfunden und dargestellt. Auch das Raumschiffdesign wird erklärt.
Das sinnvollste Special für Leute, die sich Gedanken über die menschliche Story machen, ist hingegen das Interview mit dem Autor der literarischen Vorlage: Stephen King. In diesem Moment hat er gerade den Rohschnitt des Films gesehen (2002). Er findet ihn "good". Was soll er auch anderes sagen? Viel wichtiger ist jedoch, was er über den Anfang der Story und seine Absicht dabei erzählt. Bekanntlich wurde er 1999 angefahren und schwer verletzt - daher auch die Unfallszene im Film. Da er aber seine "Droge", das Schreiben, brauchte, schrieb er den kompletten Roman in mehrere Collegeblöcke und malte diverse Traumfänger dazu.
Er wollte wie in "Stand by me" die Geschchte von vier Freunden erzählen und weiterführen, so dass sie sich mit etwas Besonderem auseinandersetzen könnte. Einer von ihnen, Duddits, verfügt über besondere Fähigkeiten. Andererseits sollte das Buch ein altmodischer Außerirdische-aus-dem-Weltraum-Monster-Roman werden. Um damit einen Tabubruch erzielen zu können, verlegte er die Schlüsselszene, um die es King zu tun war, auf die Toilette: Dort hat Beaver seinen Kampf auf Leben und Tod mit einem gefangenen Kackwiesel. Und Jonesy trifft Mr. Gray, Variante A.
Damit kommt Kings Variante des Harris'schen "Gedächtnispalastes" zum Zuge: das Erinnerungslagerhaus. Mr. Gray, der Jonesys Verstand übernimmt, hat dazu keinen Zutritt, wie sich zeigt - und im Film sehr plastisch dargestellt wird. Jonesy verhält sich daher ähnlich wie Gollum - und verhält sich an einer Stelle sogar genauso: mit zwei verschiedenen Gesichtsausdrücken, die aus verschiedenen Winkeln gezeigt werden.
Der DVD-Rom-Part führt den Anwender auf die Online-Seiten des Studios, Warner Brothers.
Unterm Strich
Diese DVD verdient gerade mal eine Mittelwertung, wobei auf den Film selbst allenfalls eine Bewertung im unteren Skalenbereich abfällt. Der drittklassige Monsterhorror, der sich mit "Independece Day"-Glorifizierung paart, ist eine Verhunzung der Kingschen Vorlage. Wie King den Streifen gut finden konnte, lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass im Rohschnitt von 2002 noch wenige visuelle Effekte enthalten waren. Diese erdrücken die psychologisch interessante Grundkonstellation.
Die DVD bringt nur zwei interessante Beiträge: das Interview mit Stephen King und das Feature über die visuellen Effekte. Ein Making-of und einen Regiekommentar sucht man vergeblich. Aber das erklärt nicht, was den Regisseur dazu brachte, seinen Film so in den Sand zu setzen: Er wollte eben mal einen Effekte-Film machen, okay, na und? Andere Regisseure kriegen das hin, nur Mr. Kasdan eben nicht.
Film-Webseite: http://www.warnerbros.de/movies/dreamcatcher
- Redakteur:
- Michael Matzer
Stephen King-Bücher auf der Leinwand erschreckten bisher durch Langeweile. Löbliche Ausnahmen bilden nur "Green Mile", "Shining" und "Misery". In den Kreis der gelungenen Verfilmungen reiht sich nun auch "Dreamcatcher". Hier wird das Kunststück geschafft, was bei Machwerken wie "Es" oder "Kinder des Zorn" nicht einmal ansatzweise gelang: Die erzählerisch eigenwillige Atmosphäre der Bücher geschickt mit den Mitteln der modernen Kinotechnik zu verbinden. Im Fall von "Dreamcatcher" entsteht daraus ein guter und spannender Horrorschocker mit jeder Menge Monstertrash, bei dem nur im Detail gemeckert werden kann.
Die Geschichte beginnt dabei mit den vier besten Freunden Henry (Thomas Jane), „Beaver" (Jason Lee), Jonesy (Damian Lewis) und Pete (Timothy Olyphant), die sich schon seit ihrer Kindheit kennen. Damals retteten die vier den geistig zurückgebliebenen Jungen Duddits (Donnie Wahlberg) aus der Gewalt einiger quälgeiler Jugendlicher. Der seltsame Knabe bedankte sich, indem er den vier Jungs eine etwas Einzigartiges schenkt: Ab sofort besitzen sie telepathische Fähigkeiten. Dies hat nicht nur Vorteile, wie gleich der Anfang des Films zeigt. Denn 20 Jahre später haben sich die Wege der vier Freunde wegen ihrer Jobs getrennt, alle leben so leidlich vor sich hin und können mit ihrer geheimnissvollen Gabe nicht immer richtig umgehen. Doch jedes Jahr im Winter treffen sich die alten Kumpel in einem alten Waldhaus in Maine, um über die alten Zeiten zu sinnieren und sich für ein paar Tage aus der Welt zu verabschieden. Doch dieses Jahr kommt alles anders: Während Henry und Pete mit dem Jeep einkaufen sind und mitten im verschneiten Wald einen Unfall haben, finden "Beaver" und Jonesy einen halb erfrorenen Jäger, der sich verlaufen hat und aussieht, als sei er schwanger. Als dieser erst auf dem Bett zusammenbricht und sich dann heftig blutend im Bad einschließt, beginnt das Grauen - eine krass-eklige Alieninvasion droht. Den "Freunden" aus einer anderen Galaxie ist auch der eisenharte und leicht verrückte Colonel Abraham Curtis (Morgan Freeman) von einer US-Spezialgruppe auf der Spur, der den gesamten Wald abriegeln lässt. Die vier Freunde sind gefangen. Und auch der Jugendfreund Duddits taucht wieder auf...
Regisseur Lawrence Kasdan schrieb Anfang der 80er Jahre die Drehbücher für Filme wie "Jäger des verlorenen Schatzes", "Das Imperium schlägt zurück" und "Die Rückkehr der Jedi-Ritter". Mit "Dreamcatcher" gelingt ihm ein Kunststück: Die komplexe 800 Seiten Geschichte von Stephen King auf zwei Stunden zu kürzen und dennoch nicht zerbrechen zu lassen. Nur an ein oder zwei Stellen wirkt der Plot etwas undurchsichtig, am Ende wird aber zum Glück alles logisch aufgelöst. Es lohnt sich allerdings dazu, Kings Bücher und ihre Erzählweise vor dem Filmgucken zu kennen. So ist Jonesy's "Erinnerungsarchiv" (quasi sein Gedächtnis) in der naiven Form einer alten Bibliothek dargestellt: Der Held rennt also immer einmal durch seinen Kopf, diese plötzlichen Schnitte verwirren zum Anfang. Neben der spannenden Story sind besonders die Aliens sehr schön fies und bösartig dargestellt, der Glibber-, Zähne- und Trashfaktor bewegt sich absolut im grünen Bereich. Auch die Kamerafahrten und Actionsequenenzen des Streifens sind sehr gut gemacht. Nur das Ende wirkt etwas zu abrupt und plötzlich, nachdem der Rest des Films eine fast atemlose Spannung aufgebaut hat - doch diesen kleinen Mangel hatte das Buch auch schon. Dennoch ist "Dreamcatcher" ein Muss für jeden Horror- und Fantasyliebhaber.
Vor dem eigentlichen Film wird übrigens noch der Kurzfilm: "Animatrix - Der letzte Flug der Osiris" gezeigt. Dies ist ein komplett digitaler Vorgeschmack auf "Matrix Reload" (Start am 22. Mai), der durch seine grandiose Bilderflut einfach nur überwältigt und gleichzeitig entsetzt. Denn die Darsteller sind hier komplett aus dem Rechner, allerdings weitaus perfekter als noch bei "Final Fantasy" - hoffentlich ist das nicht die Zukunft des Films. Matrix-Fans müssen sich aber keine Sorgen machen: Matrix 2 und 3 kommen noch mit Darstellern aus Fleisch und Blut.
- Redakteur:
- Henri Kramer