Ferryman, The - Jeder muss zahlen!
- Regie:
- Graham, Chris
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien / Neuseeland
- Originaltitel:
- The Ferryman
1 Review(s)
21.12.2007 | 09:23Einen Segeltörn zu den Fidschi-Inseln wollen der Australier Chris, seine Verlobte Tate, der Neuseeländer Zane und seine Lebensgefährtin Kathy unternehmen. Big Dave und Suze heißen sie an Bord ihrer Yacht "Dionysus" willkommen. Leider steht diese Seefahrt von Anfang an unter einem Unstern. Tate mokiert sich über den fehlenden Luxus und stößt ihre Bordkameraden vor die Köpfe. Kathy leidet unter der Erinnerung an den Tod eines Kindes, den sie, eine ehemalige Krankenschwester, verschuldet hat. Ein Fischzug soll für Abwechslung sorgen, doch aus dem Magen des gemeinsam gefangenen Hais purzelt eine abgeschnittene Menschenhand. Dann ertönt im Funkgerät ein Notsignal, dem Big Dave, wie ihn das Gesetz des Meeres verpflichtet, sogleich folgt. Die Rettungsfahrt führt die Yacht in schier undurchdringlichen Nebel.
Dort lauert das Verderben in Gestalt des "Griechen". Der ist besessen vom Geist eines Mannes, der vor Jahrtausenden die Möglichkeit fand, den Tod zu überlisten, indem er von einem Körper zum nächsten 'springt'. Sein Opfer findet sich entsetzt im 'alten' Körper wieder und wird unmittelbar darauf umgebracht. Seinerseits ist diese unsterbliche Seele auf der Flucht vor dem "Fährmann", der sie schon vor Äonen ins Totenreich hätte übersetzen sollen. Unerbittlich folgt die ergrimmte, um ihren Lohn betrogene Kreatur seit Jahrhunderten dem mörderischen Geist; die Jagd geht über die ganze Erde.
Mit der Wahl des Griechen hat sich die flüchtige Seele keinen Gefallen getan; der alte Mann ist schwer an Krebs erkrankt, sein Boot dümpelt defekt auf den Wellen, und am Horizont wird schon der Fährmann sichtbar. Deshalb ist der Geist hocherfreut, dass die vom Griechen ausgeschickten S.O.S.-Signale von der "Dionysus" aufgefangen wurden: Ihm stehen nun eine schnelle Yacht und sechs frische Körper zur Verfügung. Sein Plan ist es, den jungen, vor Gesundheit strotzenden Zane zu übernehmen, die anderen Männer zu töten und sich mit den Frauen zu vergnügen, während er den Fährmann ein weiteres Mal abhängt. So hat er es schon oft gemacht, und so beginnt auf der "Dionysus" ein Kampf auf Leben und Tod ...
Die Vorstellung, dass es eines Fährmanns bedarf, der die Seelen über einen Fluss bringt, der die Welten der Lebenden und der Toten trennt, ist in zahlreichen Kulturen dieser Welt verbreitet. Bekannt ist vor allem Charon, der Fährmann der antiken griechischen Mythologie, doch er ist längst nicht der Einzige, der diesen Job übernommen hat.
"The Ferryman" erweitert die (kinotypisch grob trivialisierte) Sage um einige für die Handlung unverzichtbare Details. Korrekt ist die Information, dass der Fährmann für seinen Dienst zu entlohnen ist. Die alte Sitte, dem oder der Verstorbenen eine Münze - den so genannten "Charonspfennig" - auf die Zunge zu legen, kündet davon. Neu ist freilich die Annahme, der Fährmann mache verschärft Jagd auf Zechpreller (oder Schwarzfahrer). Setzt man voraus, dass er möglicherweise die eigentlichen Geschäfte schleifen lassen muss, weil er dies nicht durchgehen lassen kann oder will, lässt sich sein Zorn begreifen.
Allzu viele Gedanken muss man sich um dieses Thema gar nicht machen. Zwar lautet der Filmtitel "The Ferryman", doch der Fährmann ist bis auf seinen finalen Auftritt in dieser Geschichte nur als Drohung präsent. Das liegt einerseits im dürftigen Budget begründet, das für diesen Film zur Verfügung stand, und ist andererseits der Geschichte geschuldet, die ihren Fokus auf die Taten der skrupellosen Seele legt, die mit allen Mitteln um ihre dem Tod abgetrotzte Existenz ringt.
Diese Geschichte spielt sich in einer minimalistischen Kulisse ab. Ort des Geschehens ist primär die Yacht "Dionysus", die nur für wenige Filmminuten von anderen Stätten ersetzt wird. Dies ist natürlich erneut mit dem Budget zu erklären, aber nicht zu entschuldigen, denn Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann begreifen die scheinbare Beschränkung als Herausforderung und präsentieren eine Handlung, die der klaustrophobischen, kein Entrinnen gestattenden Enge des Sets gerecht wird.
Die Story von "The Ferryman" erinnert stark an einen Thriller, der 1988 in Australien entstand und einen gewissen Kultstatus besitzt: "Dead Calm" (dt. "Todesstille") erzählt ebenfalls von einer Segelreise in die Hölle, nur dass hier kein unsterblicher Körperdieb, sondern 'nur' ein Psychopath über die Reisenden herfällt. (Die weibliche Hauptrolle spielte eine noch sehr junge Nicole Kidman - und Amber Sainsbury, die in "The Ferryman" die Kathy mimt, wirkt wie ihre jüngere Schwester!) Die Parallelen sind dennoch offensichtlich; die Geschichte nimmt einen sehr ähnlichen Verlauf, nur dass die erhöhte Zahl der Mitspieler einen höheren Bodycount ermöglicht.
Originalität ist folgerichtig kein Prädikat, dass sich "The Ferryman" verdient hätte. Dies ist einfach ein mal mehr, mal weniger spannender, manchmal überraschender und hin & wieder brutaler Horrorthriller, der mit Erwartungen spielt, um sie in der Regel zu erfüllen - niemals ein Höhepunkt des Genres, aber solide Hausmannskost, die ihren einzigen Zweck erfüllt, anderthalb Stunden zu unterhalten.
Dabei ist "The Ferryman" ein Film, der keine Konzessionen an die heute auch im Horrorfilm gern geübte, scheinbar 'politisch korrekte', tatsächlich jedoch nur der besseren Vermarktung geschuldete Zurückhaltung macht. Hier wird zwar nicht einmal besonders blutig gemetzelt - im Vergleich mit den "Saw"-Filmen ist "The Ferryman" geradezu Kinder-Kino -, doch die Untaten der wandernden Seele werden anschaulich in Szene gesetzt.
Dass sie uns so mitnehmen, liegt nicht nur an der geschickten Inszenierung, sondern auch an der Tatsache, dass uns die Personen, die es trifft, zuvor so geschickt ans Herz gelegt wurden. Es sterben keine Hohlköpfe, deren Tod primär optisch unterhaltsam sein soll. In "The Ferryman" wird schmutzig und hässlich gestorben. Jeder Mord greift uns ans Herz, denn Regie und Drehbuch wissen uns sehr eindringlich zu vermitteln, dass hier Menschen sterben, die trotz diverser persönlicher Schwächen ihr Schicksal nicht 'verdienen'.
"The Ferryman" profitiert in dieser Hinsicht von einer Story, die nicht hohlköpfige Teenies, sondern erwachsene, durchschnittliche Zeitgenossen an Bord der "Dionysus" platziert. Sie sind durchaus nicht sympathisch; vor allem Sally Stockwell gibt das Luxusweibchen Tate so überzeugend, dass wir ihr Ende kaum erwarten können - bis sie in einer sehr überzeugend gespielten Szene offenbart, wie sie mit Arroganz ihre tiefe Unsicherheit tarnt.
Für alle Hauptpersonen gelingen Drehbuchautor Nick Ward und Regisseur Chris Graham solche Charakterstudien. Dass für "The Ferryman" keine 'Gesichter' (d. h. Granitkinne & Silikonbusen), sondern echte Schauspieler engagiert wurden, wird auch darin deutlich, wie überzeugend diese darzustellen vermögen, dass sie 'besessen' sind. Vom "Griechen" springt die bösartige Seele praktisch in jede Person an Bord der "Dionysus". Das muss sich im Schauspiel widerspiegeln, um überzeugen zu können - und das gelingt.
Von den Darstellern kennt man vermutlich nur John Rhys-Davies, den Mann mit den tausend Gesichtern, der offenbar in jedem Film dieser Welt zumindest einen Gastauftritt absolviert. In vier Jahrzehnten verkörperte er Rollen in fast 200 Kino- und TV-Filmen oder -Serien und bot kompetente Leistungen in bemerkenswerten (Zwerg Gimli in der "Herr-der-Ringe"-Trilogie), annehmbaren und obskuren Werken. Immer wieder lässt er sich für schmales Geld auf riskante, aber interessante Projekte ein, die davon nur profitieren.
Fern jeglicher Hollywood-Schubladisierung sind auch Rhys-Davies' Schauspieler-Kollegen - keine Stars, sondern erfahrene Darsteller, die ihr Talent in vielen unterschiedlichen Rollen unter Beweis gestellt haben. Sie sind wie gesagt überzeugend in ihren jeweiligen Rollen und - unterstützt vom Drehbuch - stets für eine Überraschung gut: Die Verlockung des ewigen Lebens ereilt letztlich auch Kathy und Zane. Sie wollen nur 'korrigieren', was ihnen die irrlichternde Seele antat, und setzen stattdessen fort, was diese einst begann. Der Fährmann wird sich bald auch ihnen widmen - zumindest Kathy beginnt dies zu ahnen.
Daten
Originaltitel: The Ferryman
Großbritannien / Neuseeland 2007
Regie: Chris Graham
Drehbuch: Nick Ward (nach einer Vorlage von Nick Ward u. Matthew Metcalfe)
Kamera: Aaron Morton
Schnitt: Nigel Galt
Musik: Haim Frank Ilfman
Darsteller: John Rhys-Davies (Der Grieche), Kerry Fox (Suze), Sally Stockwell (Tate), Amber Sainsbury (Kathy), Tamer Hassan (Big Dave), Craig Hall (Chris Hamilton), Julian Arahanga (Zane), Lawrence Makoare (Snake), Imogen Cassin (Imogen), Ben Fransham (Fährmann) Robbie Magasiva (Mann im Club) u. a.
Anbieter: Universum Film
Erscheinungsdatum: 22.08.2007 (Verleih-DVD) bzw. 22.10.2007 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16 : 9 (1,78 : 1 anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch), Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch, Englisch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 97 min.
FSK: keine Jugendfreigabe
DVD-Features
Zumindest die Kauf-Version von "The Ferryman" liefert einige Features zum Film, darunter den obligatorischen Kinotrailer, Interviews, Featurettes zum 'handwerklichen' Aspekt der Entstehung, eine Einführung zum Film sowie eine "B-Roll".
- Redakteur:
- Michael Drewniok