Fluch von Siniestro, Der
- Regie:
- Terence Fisher
- Jahr:
- 1961
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- The Curse of the Werewolf
1 Review(s)
28.09.2007 | 12:35Gediegener Werwolf-Horror für den Sammler
Unheimliche Vorkommnisse terrorisieren und ängstigen eine spanische Kleinstadt im 18. Jahrhundert. Ein Werwolf - halb Mensch, halb Bestie - treibt in Vollmondnächten sein Unwesen und saugt seinen Opfern das Blut aus. Nur eine Silberkugel, angefertigt aus einem geweihten Kruzifix, oder die Liebe einer Frau kann den Fluch von Siniestro brechen.
Filminfos
O-Titel: The Curse of the Werewolf (GB 1961)
Dt. Vertrieb: Koch Media (24. August 2007)
FSK: ab 16
Länge: ca. 93 Min.
Regisseur: Terence Fisher
Drehbuch: Anthony Hinds (Prod.) als "John Elder", nach dem Roman "The Werewolf of Paris" von Guy Endore
Musik: Benjamin Frankel
Darsteller: Oliver Reed (Leon Corledo, Bestie), Anthony Dawson (Marqués Siniestro), Catherine Feller (Cristina Fernando), Clifford Evans (Sir Alfredo Corledo), Hira Talfrey (Teresa), John Gabriel (Priester), Josephine Llewellyn, Justin Walters, Richard Wordsworth (Bettler), Yvonne Romain (Die stumme Magd, Leons Mutter) u. a.
Handlung
Spanien, vor 250 Jahren. Als ein Bettler die Stadt Santavera betritt, muss er bis zur Taverne, um überhaupt einen Menschen anzutreffen. Denn heute sei ein hoher Feiertag, erfährt er dort: Der Graf von Siniestro heirate im Schloss seine Braut. Wenn er überhaupt etwas ergattern wolle, so müsse er auf Schloss Siniestro hinauf. Gesagt, getan. Doch der Graf ist ein grausamer Mistkerl und hat mit seinem schäbigen Gast nur seinen Schabernack. Selbst die Fürbitten seiner schönen Braut nützen nichts - der Bettler landet im Kerker. Jahre vergehen, weil man ihn vergessen hat. Die Einzige, die sich für ihn interessiert, ist die rasch aufwachsende Tochter des Kerkermeister, die ihm das Essen bringt.
Weil sie so hübsch ist, erregt sie das Interesse des zum alten Knacker gewordenen Grafen, der mittlerweile Witwer ist. Als ihr dieser Mistkerl an die Wäsche will, beißt sie ihn. Klar, dass sie dafür ebenfalls in den Kerker wandert. Der gefangene Bettler ist keineswegs ein netter Zeitgenosse geworden, sondern eher das Gegenteil: Er fällt über die wehrlose Stumme her - und stirbt an einem Herzinfarkt. Sie wird erneut zum Marques geschickt, doch sie tötet ihn und flieht in den Wald, wo sie sich monatelang verbirgt.
Die Frucht der Verbindung mit dem Bettler wird erst deutlich, als Don Alfredo Carrido, ein Schriftsteller, die Stumme in einem See findet und sie bei sich aufnimmt, um sie gesundzupflegen. Seine Haushälterin Teresa merkt wenig später, dass die Stumme bald ein Kind zur Welt bringen wird. Als sie es geboren hat, stirbt sie und hinterlässt nur einen Zettel mit dem Namen des Kindes: Leon (Löwe, sehr passend). Es ist Weihnachten, und die strenggläubige Teresa nimmt die Geburt als böses Omen auf. Eine Kräuterfrau führt obskure Riten an dem Neugeborenen aus, und ein Wolf heult in der Ferne ...
Wenige Jahre danach bemerkt der Jäger Pepe, dass ein Wolf eine Ziege gerissen hat. Nur ihre Kehle ist aufgerissen, sie wurde gar nicht angefressen. So, als ob der Wolf nur ihr Blut trinken wollte. In einer Vollmondnacht bald danach feuert Pepe auf einen Schatten und entdeckt eine Blutspur - vom Wolf keine Spur. In dieser Nacht wundert sich Don Alfredo über die Kugel, die in seinem Ziehsohn Leon steckt. Der verrät ihm, er habe jede Nacht einen bösen Traum, in dem er Blut trinke. Auf seinen Armen und Händen ist dichte Behaarung zu sehen. Teresa geht zum Jäger, dessen Frau die Kugel identifiziert. Teresa erfindet eine Notlüge und weiht Don Alfredo ein, zusammen gehen sie zum Priester: Was ist zu tun?
Der Priester scheint sich mit dem Bösen sehr gut auszukennen und gibt einen prophetischen Rat. Ein Geist sei in das Kind Leon gefahren und habe es zu einem Werwolf gemacht. Fortan kämpfen Gut und Böse in seiner Seele um die Vorherrschaft, besonders unter dem Einfluss des Vollmonds. Leon brauche sehr viel Liebe. Er könne nicht geheilt werden, und höchstens die reine Liebe einer Frau könne ihn zumindest retten.
Leons Zieheltern sperren ihn in einer Kammer ein, deren Fenster vergittert ist. Als er ein kräftiger junger Mann ist, können sie ihn jedoch nicht mehr halten. Leon weiß genau, was mit ihm los ist und was ihn retten kann, doch er muss hinaus und die Welt erfahren. Damit beginnt ein tragischer Kampf in Leons Innerem ...
Mein Eindruck
Es ist eine eigene Kunst, das Ungeheuer nicht als böse, sondern als Charakter darzustellen. Dafür muss das Ungeheuer mit einer eigenen Psychologie, Intelligenz und Emotionalität (Liebe etc.) ausgestattet werden. All dies ist bei Leon, dem Werwolf, der Fall. Leons Freunde, also seine Zieheltern, der Priester und die ihn liebende Cristina, wissen, wie es um ihn steht und dass er nichts dafür kann, dass er sich regelmäßig bei Vollmond in eine reißende Bestie verwandelt. Dass sie nicht wissen, woher der "Fluch von Siniestro" rührt, macht ihnen offenbar nichts aus, obwohl sie sich doch dafür interessieren müssten. Aber solche Ursachenforschung ist nur etwas für die Van Helsings im Kino.
Der Zuschauer ertappt sich im furiosen Finale peinlicherweise dabei, dass er sich auf Seiten der Verfolger der Bestie findet. Fasziniert folgen wir dem Werwolf, der sich fast schon des weißen Hemds der Zivilisiertheit entledigt hat, auf seinem aussichtslosen Weg zur höchsten Höhe des Glockenturms. Er weiß wohl, dass ihm die Stunde geschlagen hat. Doch aus dieser Falle gibt es nur einen einzigen Ausweg: die Silberkugel. Von Rechts wegen darf nur ein Mann sie ihm verpassen: sein Ziehvater Don Alfredo, nicht jedoch der Mann aus der wütenden Menge, der ebenfalls den Kirchturm ersteigt (den wir aber nicht mehr zu Gesicht bekommen).
Woher rührt dann aber unser faszinierter Abscheu gegenüber dem Werwolf? Ist es der gleiche, den wir für das konträre Paar Dr. Jekyll und Mr. Hyde verspüren, den Gentleman und das Monster? Oder kommt noch etwas hinsichtlich der Bestie hinzu? Der Werwolf unterscheidet sich von Mr. Hyde in einem wesentlichen Punkt: Mr. Hyde ist bewusst amoralisch und bricht Gesetze und Tabus der Gesellschaft. Der Wolf im Werwolf hingegen ist sich dieser Gesetze gar nicht bewusst und kann sie folglich nicht mit Absicht brechen, folgt er doch einfach nur seiner - wie auch immer wölfisch gearteten - "Natur".
Nur durch diesen Unterschied ist es möglich, Verständnis für den Werwolf zu empfinden. Nimmt man noch den Fluch hinzu, so kann man die Bestie nur als Opfer sehen. Ihr Tod ist deshalb zwar unvermeidbar, aber auch ungerecht. Wäre das nicht so, müsste man jeden Wolf dafür zum Tode verurteilen, weil er kranke Hirsche reißt und so den Gesamtbestand kräftig erhält. Das erscheint mir absurd, aber leider handeln viele Jäger immer noch so.
Aber ist es wirklich Mord, Leon zu erschießen? Leon ist kein Dummkopf, sondern ein intelligenter und gebildeter junger Mann, ausgezeichnet gespielt von Oliver Reed (der während des Drehs von "Gladiator" verstarb). Er weiß um sein Leiden an der zweiten Natur, um das Böse in ihm, das hervorbricht, es sei denn, eine Frau besänftigt es durch Liebe. Doch er wird von Cristina getrennt und in den Kerker der Gendarmerie gesteckt. Da kein Weg zurück zu Cristina führt, sieht er nur einen Ausweg, um die Menschen vor sich zu schützen. Er muss fliehen und die Tötung anstelle eines Selbstmords herbeiführen. Sobald er sich verwandelt hat, wird die Bestie keine Ahnung von seiner verborgenen Absicht haben und sich selbst in eine Falle begeben. So geschieht es. Die Tötung der Bestie läuft somit auf Selbstmord bzw. Sterbehilfe hinaus.
~ Besonderheiten des Films ~
Die Besonderheit dieses Hammer-Studio-Films liegt sowohl in seinem klugen Drehbuch, welches, wie erklärt, das Prinzip des Bösen erörtert, als auch in seiner sorgfältigen Charakterisierung der Hauptfiguren und der glaubwürdigen Ausstattung des Bühnenbildes. Hier kann sich der Zuschauer sattsehen. Allerdings bewegt sich die Handlung für den heutigen MTV-geprägten Geschmack etwas zu langsam vorwärts, und erst im Finale kommt so etwas wie Action auf.
Im zweiten Drittel tötet die Bestie zwei Menschen, Leons Freund José und eine Prostituierte. Davor hat der Film eine lange erotische Szene, wobei die Erotik mit Gefahr vermischt ist. Das fanden die britischen Zensoren nicht witzig, und Hammer musste einiges entschärfen. Das Bild der blutüberströmten Nuttenleiche war nie in der US- und deutschen Kinofassung zu sehen und wurde erst jetzt in der restaurierten Version wieder eingefügt, ebenso wie die finale Großaufnahme des Werwolfs.
Dass solche Großaufnahmen nicht peinlich oder gar lächerlich wirken, ist in erster Linie dem überzeugenden Make-up zu verdanken, das Oliver Reed voll zur Geltung bringt. Sein Gesicht ist bereits ohne Make-up grobknochig und soll in wütendem Zustand seines Trägers bereits furchterregend anzusehen gewesen sein. Aber die spitzen Ohren, der kurze, gedrungene Hals und die massiven Schultern verleihen der Gestalt eine Bedrohlichkeit, die das Ungeheuer unbedingt besitzen und ausstrahlen muss.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (Widescreen)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
1. Original Kinotrailer (englisch, 2:15 Min.)
2. Booklet
3. Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
4. Comic als PDF-Datei
Mein Eindruck: die DVD
Die restaurierte und remasterte Filmfassung wurde nun um die zensierten Szenen ergänzt. Der Zuschauer kann sich nicht nur an den gruseligsten Details ergötzen, sondern den Film endlich mal wieder in den prächtigsten Farben und in sehr akzeptabler Tonqualität genießen.
~ Bonusmaterial ~
Der Original-Kinotrailer ist wie zu erwarten sehr reißerisch aufgemacht und appelliert an das Thrillbedürfnis des Publikum. Wesentlich interessanter ist hingegen die Bildergalerie. Sie umfasst Filmplakate aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Griechenland, Szenenfotos - darunter zwei extra dafür getürkte - sowie mehrere Porträts der Darsteller. Immer wieder ist ein seltsames Motiv zu sehen: Der Werwolf trägt eine ohnmächtige Frau. Dieses Motiv kommt im Film nirgendwo vor, auch wenn es gut aussieht.
Das 16-seitige Booklet bringt ebenfalls dieses Motiv zweimal, einmal als Filmszene und einmal als Filmplakat (in französischer und niederländischer Sprache). Der lange Artikel von Uwe Huber stellt die querelenreiche Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Films sowie die wichtigsten Schauspieler vor. Dieser Film sollte aufgrund all der Probleme und des Kassenflops der einzige Werwolfstreifen der Hammer-Studios bleiben.
Ein Schmankerl bildet die PDF-Datei, die den Streifen in der deutschsprachigen COMIC-Fassung präsentiert. Sollte man sich auf jeden Fall ansehen. Allerdings ergab der Test, dass man hierfür den Adobe Acrobat Reader 7.x benötigt. Der Foxit Reader 1.5, den ich benutze, weil er viel kleiner ist als der Adobe Acrobat Reader, hängte sich wegen des Umfangs der Datei oder des Seitenformats regelmäßig auf.
Unterm Strich
Auch "Der Fluch von Siniestro" ist ein Teil der "Hammer Edition" von Koch Media und als solcher aufwändig aufgemacht, denn die Silberscheibe soll den Sammler restaurierter Horrorklassiker ansprechen. Diesen Auftrag erfüllt die DVD vollauf zufriedenstellend, und würde ich Horror sammeln, so würde ich ihr einen Ehrenplatz einräumen. Alles Weitere habe ich bereits weiter oben gesagt.
- Redakteur:
- Michael Matzer