Geheimnis des blauen Schmetterlings, Das
- Regie:
- Léa Pool
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Drama
- Land:
- Kanada / Großbritannien
- Originaltitel:
- The blue Butterfly
1 Review(s)
08.08.2005 | 07:04Dschungelmagie: Fang den Flattermann
Der zehnjährige Pete leidet an einem Gehirntumor. Als leidenschaftlicher Schmetterlingssammler hat er einen letzten Wunsch: Er möchte ein Exemplar des "mariposa azul" oder "Blauen Morphofalters" fangen - ein in den Regenwäldern Süd- und Mittelamerikas lebendes Insekt.
Teresa, Petes Mutter, möchte ihrem Sohn diesen Wunsch erfüllen, obwohl der Junge sich nur im Rollstuhl fortbewegen kann. Mit etwas Überredungskunst gelingt es ihr, den Insektenforscher Alan Osborne für das Projekt zu gewinnen.
So beginnt eine abenteuerliche Reise in die ebenso gefährliche wie faszinierende Wildnis. (Verlagsinfo) Der Film ist eine Neuerzählung einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 1987, als der Insektenforscher Georges Brossard den Jungen David Malenger in den Regenwald mitnahm und dessen Tumor nach der Rückkehr verschwunden war.
Filminfos
O-Titel: The blue Butterfly (Kanada/GB 2004)
Genre: Abenteuerdrama, Familienfilm
Leih-DVD: 12.05.05
Kauf-DVD: 16.06.05
Vertrieb: EuroVideo, http://www.epix.de
FSK: ab 6
Länge:ca. 90 Min.
Regisseur: Léa Pool ("Lost and delirious")
Drehbuch: Peter McCormack ("Whirlygirl")
Musik: Stephen Endelman
Darsteller: William Hurt (Herzog Leto in "Dune"), Pascale Bussières ("Nimm mich mit"), Marc Donato ("Weißer Oleander"), Steve Adams ("Der Knochenjäger") u. a.
Handlung
Der zehnjährige Pete Carlton (Marc Donato) hat einen Hirntumor, der ihn dazu zwingt, im Rollstuhl zu leben, weil er nicht mehr die Balance halten kann. Daher hat er ein besonderes Interesse am Fliegen entwickelt, und Insekten sind die Verkörperung des Fliegens. Seit er die Reportagen des Insektenforschers Alan Osborn (Hurt) gesehen hat, liegt all seine Hoffnung darin, den Blauen Morpho-Falter zu fangen, von dem Osborn behauptet, er verfüge über Zauberkräfte.
Petes etwa 30-jährige Mutter Teresa (Bussières) bittet Osborn im Namen ihres Sohnes, mit ihm in den Regenwald zu fliegen, um den Morpho zu fangen. Osborn lehnt zunächst ab, denn die kurze Saison der Morphos neige sich bereits ihrem Ende zu. Die Chancen, einen zu fangen, stünden denkbar schlecht.
Doch Pete ergreift die Initiative und will alleine nach Südamerika fliegen. Die Polizei bringt ihn gerade zurück, als Osborn, von Pete gewarnt, Teresa besucht, um nach Pete zu sehen. Als Osborn die manische Liebe Petes zu Insekten und besonders Schmetterlingen wahrnimmt, erklärt er sich endlich mit der Reise einverstanden.
Nach mehreren Tagen Anreise wird die kleine Gruppe in einem kleinen Flussdorf empfangen. Alejo ist Osborns Freund, und Yana, Alejos wunderhübsche Tochter, ist in Petes Alter. Diego, der Schamane, erzählt von der Zauberkraft des "Mariposa Azul": dass er die Träume des Fängers zu Gott trage. Doch Diegos Kritiker behauptet, der Blaue Morpho locke den, der ihn jage, wie ein Irrlicht ins Verderben, weil er den Stämmen der Wilden in die Hände falle ...
Bei ihren Erkundungen im Regenwald stoßen Pete, Teresa und Osborn mit ihrem Führer und Träger auf zahlreiche Insekten aller Art - und erspähen schließlich sogar das Weibchen des Blauen Morpho. Doch ein Anfall wirft Pete aufs Krankenlager. Das gibt den Dreien Gelegenheit, sich näher kennen zu lernen und eine Quasi-Familie zu bilden. Osborn hat ein Geheimnis: Er hat vor 17 Jahren Frau und Tochter verlassen und seitdem nie wieder besucht. Nun, jetzt hat er die Chance, sich zu rehabilitieren.
Die Zeit wird knapp. Diesmal bittet Pete seine Mutter, ihn allein mit Osborn losgehen zu lassen. (Osborn trägt Pete in einem speziellen Gestell auf dem Rücken.) Schweren Herzens willigt sie, doch als Osborn sie umarmt, ist sie etwas getröstet. Sie haben Glück und entdecken den blauen Schmetterling, der tatsächlich ziemlich magisch aussieht.
Doch beim Versuch, ihn zu erhaschen, kommt es zu einer Katastrophe - so als ob der Mariposa Azul wirklich ein trügerisches Irrlicht sei - und diesmal muss Pete versuchen, Osborn zu retten. Sein Weg durch den nächtlichen Dschungel ist eine harte Prüfung. Doch sie ist notwendig für seine Verwandlung ...
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 16:9 (anamorphic, Widescreen)
Tonformate: DD 2.0 und 5.1
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D für Hörgeschädigte (im Original nicht ausblendbar), Englisch für Hörgeschädigte
Extras:
- Trailer
- Making-of-Highlights inkl. Interviews (ca. 6:20 Min.)
- Schmetterlingsführer: Entwicklung, Mythologie, Bestimmung
- Diaschau von Produktionsfotos (3:50)
- Porträt William Hurt (Bio- und Filmografie)
- Animiertes Hauptmenü
- Trailershow: Thunderbirds; UFO; Die Räuber vom Liang Shan Po; Themroc; Der Tango der Rashevskis; Clubland; Fickende Fische; Die letzte Nacht der Titanic; Nói Albinói.
Mein Eindruck
Der Film ist die künstlerisch aufbereitete Nacherzählung einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 1987. Ein Insektenforscher nahm einen Jungen mit in den Regenwald, und als sie zurückkehrten, war der Tumor des Jungen verschwunden. Eine Wundererzählung also?
Nun, der Dschungel dient der westlichen Zivilisation seit jeher sowohl als Mysterium wie auch als Ausbeutungsraum. Im Film ist Letzteres kein Thema, bleibt als nur das Interesse an den Geheimnissen und der Magie des Regenwalds. Die Verkörperung dieses Zaubers ist für Pete, der Osborn aufs Wort glaubt, der Blaue Morpho, doch wie so viele Westler täuscht er sich. Die kleine Yana sagt es ihm schon recht bald, aber er will's nicht glauben, dass er auf dem Holzweg ist. Also muss er es auf die harte Tour selbst am eigenen Leib erfahren. Ist auch viel besser so.
Mühsame Streifzüge durch den nicht gerade rollstuhlgängigen Regenwald fordern ihren Tribut: Die Gruppe ist viel zu laut für magische Schmetterlinge. Und vielleicht ist es auch nicht so wahnsinnig hilfreich, wenn Teresa zu fluchen anfängt, als sich die Blutegel des Sumpfes über ihre schmackhaften Unterschenkel hermachen. Irgendwie sieht auch Pete ein, dass er nur mit Osborn alleine losziehen sollte.
Weil Osborn sein Ersatzvater ist, führt der nächste Streifzug zu einem wichtigen menschlichen Fortschritt: Pete fühlt sich erstmals von einem Fremden als vollwertig akzeptiert. Vorher hat ja nur seine Mutter für ihn gesorgt, und von der durfte er Opfer erwarten. Diese emotionale Nähe wird mit einem Bad am Fuß des Wasserfalls der Schmetterlinge gefeiert. Die zwei weiteren Schritte von Petes seelischem Wachstum folgen zwangsläufig: Antithese (= Katastrophe, Tod) und Synthese (= Überwindung, Überleben und neue Perspektive plus Heilung).
Diese Entwicklung ist aber nicht einseitig auf Pete beschrämkt. Auch Osborn selbst erwacht zu neuem Leben, neuer Hoffnung. Er ist bereits ein verbitterter Vater und Gatte geworden, der sowohl Tochter als auch Gattin verlassen hat. In seiner neuen Ersatzfamilie findet er die seelischen und emotionalen Werte wieder, denen er durch seine Tat vor 17 Jahren entsagt hat. Am ungenauesten erklärt ist Teresa, Petes Mutter. Sie ist unzufrieden, weil sie den Mann sucht, der perfekt ist. Irgendwie scheint sie in ihrer "Mutter-Teresa"-Rolle zu verharren.
~ Schauwerte ~
Bei einem Besuch in einem Regenwald, der als magischer Ort wundersamer Heilung dargestellt wird, ist es als Beleg erforderlich, dass ebendieser Wald als Ort von magischer Schönheit und Vielfalt gezeigt wird. Das kommt natürlich den Erwartungen des kindlichen Publikums, an das sich der Film wendet, sehr entgegen. Durch die Hintertür transportieren die schönen Bilder die Botschaft, dass es ja wohl ein Jammer wäre, so viel Schönheit und Leben der schnöden Wirtschaft - sprich: dem Holzabbau - zu opfern. Eine sehr begrüßenswerte Botschaft.
~ Die DVD ~
Das Making-of ist sehr kurz, weil es in verdichteter Form die Highlights einer offenbar viel längeren Filmentstehungs-Dokumentation versammelt. Die paar Statements der Hauptdarsteller geben leider nicht besonders viel Aufschluss über die Schwierigkeiten der Dreharbeiten ("In the rain forest, well, it rains", vertraut uns Bussières an), über die Botschaft des Films und über die Regisseurin, welche überhaupt nicht auftaucht. Man kann schon froh sein, wenn der Star des Streifens, William Hurt, mal den Mund aufmacht. Über ihn erfährt man mehr in den Texttafeln des Starproträts.
Das Making-of wird von statischen Bildern von den Dreharbeiten ergänzt. Wir erfahren absolut nichts über die zahlreichen visuellen Spezialeffekte, von denen der titelgebende Flattermann sicher nicht der einzige ist. Da sind auch noch die Überblend- und Verfremdungseffekte bei der Darstellung der wilden Stammeskrieger, die etwas Geisterhaftes an sich haben und für den Jungen Pete eine wichtige Rolle spielen: In der Begegnung mit ihnen überwindet er den Tod. In der Begegnung mit dem gefangenen Blauen Morpho bejaht er das Leben.
Wendet sich der Film explizit an Insektenforscher und Schmetterlingsjäger? Diese Vermutung wird gestützt durch die Informationen unter dem Menüpunkt " Schmetterlingsführer". Hier erfährt den DVD-Besitzer mehr über Entwicklung und Mythologie der Lepidoptera und kann sogar unter der Option "Bestimmung" zeigen, welche Vertreter der Gattung er erkennen kann. Es sind ein paar Prachtexemplare darunter.
Unterm Strich
Ein solcher Film, der sich an Kinder und Familien wendet, ist natürlich ganz anders aufgezogen als etwa ein Schwarzenegger-Movie. Hier werden sämtliche Erwartungen von Kindern und kinderliebenden Eltern erfüllt. Dabei ist aber nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen - die Quasi-Familie muss erst zusammenfinden und Pete überleben. Und der in Gang gesetzte Erkenntnisprozess ermöglicht es Pete, endlich zu verstehen, dass der Blaue Morpho lediglich ein Symbol ist - und dass Yana dies schon die ganze Zeit gewusst hat. Es gibt eine Menge Humor und Lachen in diesem Film.
Die DVD versucht in ihrer Ausstattung etwas Gleichwertiges zu bieten, was die Hintergrundinformationen anbelangt. Das gelingt leider nur in begrenztem Umfang: Es gibt weder einen Regiekommentar noch überhaupt ein längeres Statement der Regisseurin. Ein Interview wäre angebracht gewesen, so wie mit den Hauptdarstellern. Wenigstens weiß man am Schluss viel mehr über Schmetterlinge als zuvor.
- Redakteur:
- Michael Matzer