Hans Huckebein und andere lustige Streiche
- Regie:
- John Halas, Brian Larkin, Graham Ralph, Bod Godfr
- Jahr:
- 1977
- Genre:
- Trickfilm
- Land:
- Großbritannien
1 Review(s)
15.04.2007 | 14:02Parallel zur Bearbeitung des Wilhelm Busch Klassikers “Max und Moritz“ nahm sich der britische Regisseur John Halas im Jahre 1977 auch weiteren Figuren aus dem reichhaltigen Repertoire des reimenden Literaten vor und drehte einige Kurzfilme um die vielen eigenartigen Figuren, die Busch zu Lebzeiten kreiert hat. Einer der bekanntesten aus dieser Liste ist zweifellos der freche Rabe Hans Huckebein, der nach seiner Gefangennahme den Aufstand probt und die neuen ’Besitzer’ auf eine harte Probe stellt. Als eine der wichtigsten Gestalten aus Buschs historischem Fundus wurde der freche Rabe gleichzeitig zur Titelfigur der zweiten DVD um die animierten Werke von Wilhelm Busch, die dieser Tage bei Winkler Film veröffentlicht wird.
Inhaltlich bietet der Silberling insgesamt 13 verschiedene Episoden um hinterhältige Listen und naive Hauptpersonen und natürlich ist auch ein gewisses Potenzial an moralischen Werten vorhanden. Da wären zum Beispiel der Müller und der Schornsteinfeger, die nach einer kleinen Fehde wieder friedlich miteinander umgehen, oder der hinterlistige Heinrich, der mit einer Brezel versucht, die Gänse einzufangen, später dann aber den Preis für seinen Hinterhalt, nämlich die Brezel, bezahlen muss. Auch ganz amüsant: der hilflose Bauer mit dem hohlen Zahn, der mit allen Methoden versucht, seine Schmerzen loszuwerden, aber erst durch Vernunft des Problems Lösung findet. Im Hahnenkampf streiten zwei Hähne um einen Topf voller Brühe, landen bei ihrem Gefecht jedoch mitten in diesem Topf und gießen ihn schließlich aus – womit der Grund ihres Streits auch wieder aufgelöst wäre. Dazu gibt es ein typisches Katz-und-Maus-Spiel, eine lustige winterliche Rutschpartie und die Geschichte vom Schnuller, auf den gleich mehrere scharf sind.
Wie schon bei “Max und Moritz“ sind es auch bei “Hans Huckebein und andere lustige Streiche“ die charmanten Animationen, die sofort die Sympathien des Publikums auf sich ziehen. Buschs Figuren, bei denen es sich fast ausschließlich um ganz einfache Leute aus der Arbeiterschicht handelt, wirken in den farbenfrohen Zeichnungen sehr erfrischend und lassen sich ihr ursprüngliches Urheberdatum gar nicht anmerken. Zudem sind die handlungsbezogenen Darstellungen der Figuren innerhalb ihrer individuellen Geschichte einfach witzig und regen eh schon permanent zum Schmunzeln an. Gerade solche Kurzgeschichten wie die um den Titelhelden Hans Huckebein oder das ganz deutlich an “Max und Moritz“-erinnernde Kapitel “Der hinterlistige Heinrich“ können davon profitieren, sind aber auch bezogen auf die Crux der Handlung zwei der Highlights auf dieser spaßerfüllten DVD.
Mit Theo Lingen hat man schließlich auch einen Synchronsprecher gefunden, der mit seiner lebhaften Stimme genau die Voraussetzungen erfüllt, die der humorige Schreibstil von Busch für eine derartige Adaption erfordert. Lingens Betonung bei den Reimen unterlegt den Wortwitz der Originalstücke und harmoniert sehr gut mit der visuellen Umsetzung der Stücke - ähnlich wie das Äquivalent um Buschs berühmte Lausbuben, bei dem Heinz Rühmann die Erzählstimme beisteuerte.
Im Übrigen spielt dieses Mal auch die Hintergrundmusik eine verstärkte Rolle; Rolf Zuckowski steuert einige nette kindliche Noten hinzu und unterlegt damit die lockere Atmosphäre der einzelnen Kapitel, wobei speziell die Eingangsmusik zu “Das Bad am Samstagabend" wirklich klasse ist. Auch hier ist für einige kurze Lacher gesorgt, von denen man aber im Laufe der 13 Episoden sowieso noch so manchen erleben wird. In Sachen Humor ist “Hans Huckebein und andere lustige Streiche“ absolut klasse, wenngleich die Zielgruppe vorrangig noch nicht das Erwachsenenalter überschritten hat; aber auch was moralische Aspekte betrifft, kommt der Busch-Anhänger hier wieder auf seinen Geschmack, denn schließlich bauen viele witzige Szenen ja auf der Umkehrung und der anschließenden Berichtigung einer eben solchen Moral auf.
Unterm Strich bleibt also festzuhalten, dass das hohe, bei “Max und Moritz“ suggerierte Niveau sowohl im animierten als auch im handlungsspezifischen Bereich auch mit dieser DVD gehalten werden kann. “Hans Huckebein und andere lustige Streiche“ beweist, dass Halas mit seinem 77-er Werk keine Eintagsfliege entschlüpft ist, sondern schon eher ein unterhaltsames Familienrundumpaket, das man sich zu jeder Situation mit Freuden anschauen kann. Was will man also mehr? Nun, erstmal nichts, außer vielleicht weitere Episoden aus dem bunt-bewegten Katalog von Herrn Busch. Was den Spaßfaktor angeht, sind diese Silberlinge nämlich Gold wert und verbreiten in kürzester Zeit gute Laune bei allen Beteilgten.
Daher bleibt mir auch nichts übrig, als “Hans Huckebein und andere lustige Streiche“ eine Empfehlung auszusprechen und das sehr positive Fazit der letzten DVD aus dieser Reihe weitestgehend zu übernehmen. Kleiner Wermutstropfen ist lediglich die Spielzeit, die mit gerade mal knappen 40 Minuten sehr kurz bemessen ist. Aber da es hier Schlag auf Schlag geht, fällt das noch nicht mal sehr so ins Gewicht und nimmt dem kritischen Betrachter letzten Endes auch den verbliebenen Rest Angriffsfläche. Ergo: Ein echt sehens- und lohnenswertes Trickfilmereignis!
Inhalt:
1. Hans Huckebein, der Unglücksrabe
2. Der hohle Zahn
3. Der Hahnenkampf
4. Die Rutschpartie
5. Adelens Spaziergang
6. Der Schnuller
7. Das Bad am Samstagabend
8. Der Bauer und das Kalb
9. Der hinterlistige Heinrich
10. Katze und Maus
11. Der Bauer und sein Schwein
12. Der Schreihals
13. Der Müller und der Schornsteinfeger
- Redakteur:
- Björn Backes