Hardboiled
- Regie:
- John Woo
- Jahr:
- 1992
- Genre:
- Action
- Land:
- Hongkong
1 Review(s)
13.07.2005 | 06:54Actionklassiker: fast in Bestform
Inspektor Yuen (Fat) will die rücksichtslos agierenden Waffenschiebersyndikate Hongkongs für immer zerschlagen. Monate hat es gedauert, Undercover-Agenten in die Banden einzuschleusen, Vorbereitungen für den entscheidenden Schlag zu treffen und die Identität des Vermittlers aufzudecken, der von einem chinesischen Teehaus aus agiert.
Als Yuen dort auftaucht, kommt es zu einem Feuergefecht, in dem mehr als 30 Menschen den Tod finden. Yuen steht nun wieder ganz am Anfang. Doch in seiner Entschlossenheit, Gerechtigkeit auszuüben, bleibt er den Waffenhändlern auf der Spur und bricht dabei selbst alle Regeln des Gesetzes ... (Verlagsinfo)
Filminfos
O-Titel: Lashou shentan / Hardboiled (HK 1992)
DVD: 07.07.2005 (e-m-s)
FSK: ab 16 (= nicht indiziert!)
Länge: ca. 93 Min., Originalversion: 126-131 Min.
Regisseur: John Woo
Drehbuch: John Woo, Barry Wong, Gordon Chan
Musik: Michael Gibbs, James Wong
Darsteller: Chow Yun Fat (Yuen/Tequila, "Tiger & Dragon"), Tony Leung (Tony/Alan, "Hero"), Teresa Mo (Teresa Chang), Anthony Wong Chau-Sang (Johnny Wong) u. a.
Handlung
Inspektor Yuen (Fat) will die rücksichtslos agierenden Waffenschiebersyndikate Hongkongs für immer zerschlagen. Endlich hat er den zentralen Umschlagplatz für die Geldübergabe ausfindig gemacht: ein Teeladen voller Vogelkäfige. Mit seinem Kollegen und besten Freund nimmt er die Gangster hops, doch bei dem Feuergefecht funkt ihm ein Unbekannter dazwischen, der schließlich seinen Freund auf dem Gewissen hat. Wer, zum Geier, ist dieser Kerl?
Yuen hat keine Ahnung, dass sein eigener Boss, Superintendent Pang, mit diesem Unbekannten unter einer Decke steckt. Denn der Unbekannte ist sein Undercover-Agent Alan (Tony Leung), und nur er selbst kennt dessen wahre Identität. Nach der Aktion der Polizei sieht sich Alan kompromittiert, doch Hui, der Boss der Waffenhändlerbande, die er ausspioniert, vertraut ihm immer noch. Alan warnt ihn sogar, er solle sich nach Hawaii absetzen. Hui will lieber in Hongkong begraben werden.
Also bietet Alan Huis Konkurrenz seine Dienste an. Das ist Johnny Wong. Doch als Treuebeweis soll Alan als Erstes Hui töten. Die Gelegenheit dazu ergibt sich bald, als Johnny Wong sich Huis Waffenlager unter den Nagel reißt: eine spektakuläre Aktion. Von dieser bekommt auch Inspektor Yuen über seinen Spitzel Foxy Wind und mischt sich im richtigen Moment gehörig ein.
Nach dem vorzeitigen Ableben Huis und dem Verschwinden Johnny Wongs stehen sich Yuen und Alan mal wieder Pistolenlauf an Pistolenlauf gegenüber. Doch keiner drückt ab. Für Yuen ergibt sich nur eine Schlussfolgerung, die einen Sinn ergibt: Alan muss ein Undercover-Agent der Polizei sein. Dem Manne kann geholfen werden! Dumm nur, dass einer von Wongs Schergen, Mad Dog, inzwischen misstrauisch geworden ist.
Zusammen knobeln Yuen und Alan aus, wo sich das geheime Waffenlager Johnny Wongs befinden muss: im stark gesicherten Keller eines Krankenhauses. Hier kommt es zu einem fabelhaften und höchst explosiven Showdown, der das gesamte letzte Drittel des Films beansprucht.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 Widescreen
Tonformate: DD 5.1, Dt. in DD 5.1 & DTS
Sprachen: D, Kantonesisch
Untertitel: D
Extras:
- 3 Originaltrailer: deutsch, englisch, kantonesisch
- Bio-Filmografie zu John Woo, Chow Yun Fat und Tony Leung
- "Artwork-Galerie": Filmplakate, DVD-Hüllen etc.
- Trailershow: Mondbasis Alpha; Ginger Snaps III; Prison on fire (mit Chow Yun Fat); Shiri; Oldboy; Ju-on: The Grudge 2; Old men in new cars; The machinist (mit Christian Bale).
Mein Eindruck
Ich hatte bis jetzt immer das Pech, diesen genialen John-Woo-Krimi nur im letzten Viertel im Free-TV zu sehen - weiß der Geier warum. Aber man muss natürlich schon den gesamten Film gesehen haben, um auch diesen Rest zu verstehen. Jedenfalls zeigt hier John Woo schon sein Händchen für ungewöhnliche Drehorte (Teeladen) und einen schrägen Humor, was Botschaften und Rätsel anbelangt. Die Action bricht bei ihm stets mit unverminderter Härte los, doch zwischen diesen Sequenzen schiebt er gerne mal eine ruhige Phase ein, um dem Film einen Rhythmus zu geben - und dem Zuschauer eine kleine Verschnaufpause.
In "Hardboiled" fasziniert vor allem die Gegenüberstellung der beiden Hauptdarsteller. Tony Leung als Alan ist der junge, hungrige und ein wenig sehnsuchtsvolle Polizist, der die übelste Drecksarbeit, nämlich Spionieren, machen muss. Eine Aura von einsamer Hoffnungslosigkeit umgibt ihn, symbolisiert in den gefalteten Papierkranichen. Dem Superintendenten schickt er verschlüsselte Botschaften in Sträußen aus weißen Rosen, was dessen Assistentin Teresa zu falschen Hoffnungen Anlass gibt. Als Alan einen anderen Gangster in der Bibliothek abknallt, glauben wir, er sei selbst ein Gangster Huis - ein gelungenes Täuschungsmanöver des Regisseurs.
Dass Yuen alias Chow Yun Fat die Arbeitsmethode des Bibliothekskillers intuitiv durchschaut, ist ein klarer Hinweis darauf, dass sich die beiden geistig-seelisch ziemlich ähnlich sind. Dennoch glauben sie, zunächst auf verschiedenen Seiten des Gesetzes zu stehen. Als sie kooperieren, erweist sich Yuen als der väterliche Mentor Alans, der einen großen Sinn für Humor und eine unglaubliche Gelassenheit an den Tag legt, ähnlich wie in "Tiger & Dragon". Dass Teresa, seine Freundin, ihn verlassen will, trägt er mit Galgenhumor.
Doch als es zum Showdown mit Johnny Wong kommt, muss sich erweisen, ob Alan und Yuen bereit sind, füreinander Opfer zu bringen - oder ob der eine den anderen im Stich lässt. Ein grandioses Finale.
Es lohnt sich, den Film mehrmals zu sehen. Vielleicht versteht man dann auch, wie es Alan und Yuen gelingen kann, aus dem gepanzerten Geheimgang, der in den gasgefüllten Keller führt, herauszugelangen, wenn doch der Schließmechanismus für die Panzertür außer Funktion ist. Vielleicht kann mir das mal jemand erklären? Wenn ich auf IMDb.com lese, dass die deutsche Fassung um über eine halbe Stunde gekürzt wurde, so wird dadurch einiges verständlich (siehe imdb.com: alternate versions).
Die fehlenden Bilder von explodierenden Motorrädern, durchlöcherten Gangstern usw. rühren wohl daher, dass für die Freigabe als FSK16 entsprechende Aufnahmen entfernt werden mussten. Sie finden sich zum Teil im Originaltrailer wieder, der der DVD beigelegt wurde. Also aufgepasst!
Die DVD
In der erwähnten Free-TV-Version habe ich mich über die ziemlich bescheidene Bildqualität geärgert. Das ist jetzt Vergangenheit. Nach der digitalen Generalüberholung des Streifens bietet die vorliegende DVD ein astreines Bild von höchster Qualität, das, wie das Cover verspricht, HDTV-Ansprüche erfüllt. (Nicht, dass ich so ein fantastisches Gerät mein Eigen nennen dürfte.)
Der Sound ist jetzt auf das Niveau von Dolby Digital 5.1 gehoben worden, was schon mal eine feine Sache ist, sofern man über das entsprechende Heimkino verfügt - und das ist ja inzwischen weitverbreitet. Was die DVD aus der Masse heraushebt, ist die Möglichkeit, auch DTS-Sound zu genießen. DTS betont die Wucht der Bässe mehr und hebt die Höhen hervor, während DD 5.1 mehr auf Ausgleich ausgelegt ist. Wer also mal testen möchte, was der Subwoofer drauf hat, sollte DTS voll ausnutzen und die Bässe in vollen Zügen genießen - und danach die Wände abstützen.
Die Extras bieten mit den Bio-Filmografien zu den drei Hauptmitwirkenden Woo, Fat und Li nichts Aufregendes. Die Texttafeln wiederholen nur sattsam Bekanntes, und Asien-Film-Freaks sind über die drei Herrschaften sowieso total auf dem Laufenden. Immerhin wird Tony Leung als Nicht-Auswanderer gelobt: Er ist in der Heimat geblieben und nährt sich redlich. Für seine Auftritte in den Filmen von Wong Kar-wai "In the mood for love" oder "2046" hat er wohlverdiente Lorbeeren geerntet.
Die Originaltrailer hingegen sollte man sich ansehen, wenigstens den deutsch kommentierten (der kantonesische enthält überhaupt keinen Kommentar, und der englische nur lobhudlerische Zitate aus der Presse). WICHTIG: Hier sind endlich ein paar der Hardcore-Bilder zu sehen, die aus der FSK16-Fassung entfernt werden mussten. So bildet also der Trailer kurioserweise die ideale Ergänzung zum beschnittenen Film.
Als Enttäuschung entpuppt sich die Artwork-Galerie, etwas, was man selten auf Thriller-DVDs findet und eher aus dem Hause Spielberg zu erwarten geneigt ist. Doch statt Skizzen und Storyboards bekommt der Zuschauer nur DVD-Hüllen, Filmplakate und Standbilder vorgesetzt. Von "Kunstwerk" kann also keine Rede sein.
Die beiden Postkarten, die auf der Innenseite der Hülle stecken, dürfen nicht unterschlagen werden. Sie wurden anlässlich des Asia Filmfests 2005 herausgegeben, das im Oktober in München und Frankfurt/M. veranstaltet wird. Der Verleih e-m-s wird zu diesem Anlass offenbar die HD-Versionen der John Woo Filme "A better tomorrow" (City Wolf), "A better tomorrow 2", "The killer", "Bullet in the head", "Once a thief" und "Hard-boiled" vorstellen.
Die Postkarte 1 zeigt laut Bildunterschift "Chow Yun-Fat in HARD-BOILED" und auf der Rückseite "Tony Leung Chiu-Wai und Chow Yun-Fat in HARD-BOILED".
Die Postkarte 2 zeigt: "Chow Yun-Fat in A BETTER TOMORROW II" und auf der Rückseite " Chow Yun-Fat, Dean Shek und Ti Lung in A BETTER TOMORROW II (1987)".
Unterm Strich
John Woos "Abschiedsgeschenk an Hongkong" ist inzwischen ein absoluter Klassiker des Actionkinos. Die Wucht und Hitze der Feuergefechte kontrastiert mit der Lässigkeit eines Chow Yun-Fat und der Unsicherheit eines Tony Leung. Diese zwei "guten" sowie die zwei "bösen" Männer Johnny Wong und Hui decken das Spektrum an Realisierung von männlichen Lebensperspektiven in Woos Film ab. Und man könnte hierzu ganze Abhandlungen schreiben, was ich mir allerdings verkneife.
Dass der Showdown ausgerechnet in und unter einem Krankenhaus stattfindet, ist ein genialer Schachzug. Das Hospital mit seiner Säuglingsstation und den OP-Sälen symbolisiert die Zukunft und Heilkraft einer Gesellschaft, die sich diese Institution leisten kann. Dass sich das Waffenlager der Waffenschieber ausgerechnet in dessen Keller befindet, verkörpert die elementare Bedrohung nicht nur dieser Institution, sondern der entsprechenden Gesellschaft, ja, im weiteren Sinne auch der zivilisierten Welt. Der Showdown muss daher bis zur allerletzten Konsequenz durchgefochten werden, oder diese Welt hat ihre Zukunft verspielt bzw. nicht verdient.
Die DVD präsentiert den Klassiker in Bestform, was die Qualität von Bild und Sound angeht. Allerdings verblüfft die FSK16-Fassung den unbedarften Zuschauer mit fehlenden Bildern von durchlöchterten Gängstern und explodierenden Motorrädern. Diese ach so schlimmen Bilder finden sich im Originaltrailer wieder, der der DVD beiliegt. Man kann nur hoffen, dass die FSK18-Fassung ebenfalls mal eine Hochglanzpolitur erhält, so dass sich das Original endlich vollständig und in Bestform genießen lässt.
- Redakteur:
- Michael Matzer