Hatchet
- Regie:
- Green, Adam
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Hatchet
1 Review(s)
19.11.2007 | 15:46Ben und Marcus, zwei US-Teenager wie aus Hollywoods Bilderbuch (= beschränkt bzw. geil), unternehmen einen Ausflug in die Louisiana-Metropole New Orleans, wo gerade Mardi Gras gefeiert wird - ein Fest, das primär junge Teilnehmer entweder betrunken (Jungs) oder blankbusig (weiblich) zu feiern pflegen. Der arme Ben wurde gerade von seiner Freundin verlassen, was ihn das bunte Treiben eher nüchtern und abfällig betrachten lässt. Er möchte lieber eine nächtliche Bootstour durch die Sümpfe unternehmen, um sich abzulenken. Als guter Freund begleitet ihn Ben, zumal sich unter den übrigen Teilnehmern der Fahrt die Softporno-Actricen Misty und Jenna befinden, die dem Geist von Mardi Gras wie oben beschrieben eifrig huldigen.
Leider geraten unsere Abenteurer an den Windbeutel Shawn, der sein Geschäft gerade erst eröffnet und keine Ahnung von den Sümpfen hat, in die er seine Gäste steuert. Folgerichtig scheitert er an einer Klippe, die das Boot zum Sinken bringt. Zwar können sich alle ans Ufer retten, doch der alte Mr. Permatteo wird dabei von einem Alligator gebissen und schwer verletzt. Richtig schlechte Nachrichten hat indes Marybeth, die nunmehr enthüllt, dass man genau dort gestrandet ist, wo Victor Crowley, ein schrecklich entstellter, geisteskranker Mörder, sein Unwesen treiben soll. Immer wieder verschwinden im Sumpf Menschen, zuletzt traf es ihren Vater und ihren Bruder, die sie nunmehr suchen möchte.
Ihre Schicksalgefährten mögen ihr zunächst keinen Glauben schenken. Das ändert sich nachdrücklich, als sie die alte Crowley-Hütte finden und ihr sehr realer Bewohner ins Freie stürmt, wo er Mr. Permatteo mit dem Beil zerlegt und seiner Gattin mit bloßen Händen den Kopf abreißt. Eine wilde Flucht in die Dunkelheit beginnt, doch Victor kennt nicht nur jeden Fußbreit seiner Heimat, sondern zeigt sich auch noch bemerkenswert unempfindlich gegen Pistolenkugeln, Feuer und anderen Waffen, während er seine 'Gäste' auf einfallsreich brutale Weise dezimiert ...
Noch gar nicht so lange ist es her, da reichte alkoholbedingt angeheiterten oder anderweitig geistig ruhig gestelltem Horrorfilmfreunden meist jüngeren Alters Grobklotz-Grusel à la "Freitag, der 13te" völlig für einen unterhaltsamen Kinoabend aus: Hübsche und eines erhöhten Intelligenzquotienten unverdächtige Jugendliche treibt es an einen abgelegenen Ort, an dem sie scheinbar ihren Trieben - Saufen, Kiffen & Bumsen - nachgeben können. Leider erwartet sie stattdessen ein mordlüsternes Monster, das flugs die vergnügliche aber sündige Dreieinigkeit ihres Zeitvertreibs mit Mord & Totschlag ahndet.
Die Story klingt schlicht, sie war und ist es auch und lässt sich entsprechend kostengünstig umsetzen. Logik und Aufwand sind nicht erforderlich, denn es geht primär um zwei andere Faktoren: Gewalt und Sex. Letzterer treibt seit jeher vor allem in den USA, der wir den Splatter der skizzierten Machart verdanken, den jugendlichen Zuschauern meist männlichen Geschlechts die Stielaugen aus der Puritanerstirn, obwohl er sich auf flüchtige Momente barbusig durchs Bild tollender Nebendarstellerinnen beschränkt. Wichtiger ist die Gewalt, in deren plakative Darstellung viel Hirnschmalz investiert wird. Je bizarrer die Morde, desto größer der Unterhaltungseffekt - ein Prinzip, das einleuchtet und für viele Jahre einschlägiger Filmkunst ausreichte.
Selbstverständlich forderte diese Form der Zerstreuung den Missmut weiser Männer & Frauen heraus, die eine Generation enthemmter Serienkiller aufwachsen sahen. Während in den USA vor allem die Busen (s. o.) das Ende der Zivilisation einzuläuten drohten, gingen im alten Europa die Gegner drastischer Gewaltdarstellungen auf die Barrikaden. Parallel zur Kritik aus selbst berufenen Mündern schnappte immer gieriger die Zensoren-Schere zu, verdarb dem Publikum den Spaß oder trieb es in den Untergrund, wo Slasher als Videokassette und später DVD noch ungeschnitten erworben werden konnte.
Im 21. Jahrhundert ist der hammerharte Horror indes zurück. Nach und nach darf es wieder richtig blutig und "campy" zugehen, ist es nicht mehr erforderlich, den Grusel in eine plausible Story zu verpacken oder heftige Effekte zu verfremden. Plötzlich ist es sogar möglich, ein Banal-Filmchen wie "Hatchet" als "Oldschool"-Splatter anzupreisen. "Nach keinem japanischen Original" sei er gedreht, liest man auf dem DVD-Cover. Eine Empfehlung ist das keineswegs, wie nach wenigen geschauten aber gefühlt sehr vielen Minuten deutlich wird.
Die Vorbilder werden exakt getroffen, das ist wahr: Billig sind die Kulissen, lausig ist das Drehbuch, entsprechend chargieren die Darsteller (s. u.). Das Timing ist erbärmlich, jede 'Überraschung' kündigt sich aus meilenweiter Entfernung an. Gelingt es endlich einmal, Victor kurzfristig auszuschalten, wird prompt die Flucht ergriffen statt ihn endgültig zu erledigen. Humor soll's richten, doch der wird ausschließlich mit dem Holzhammer appliziert. Seht her, Zuschauer und vor allem Kritiker, wir Filmemacher nehmen die Sache doch gar nicht bierernst; wir machen uns einfach einen großen Spaß. Traurigerweise will sich der nur den wahrlich Armen im Geiste mitteilen.
Bleiben als einsamer Pluspunkt die Spezialeffekte. Die sind freilich eindrucksvoll. Hier bleibt digitale Technik außen vor. Stattdessen leisten die Fabrikanten künstlicher Körperteile, Innereien und Blut Schwerstarbeit. Die Kamera bleibt dran, wenn Hälse nicht nur um 180, sondern gleich um 360 Grad gedreht, Arme abgetrennt oder ein Gesicht mit dem Bandschleifer bearbeitet werden. (Woher hat Victor den bloß? In seiner Hütte gibt es nicht einmal elektrisches Licht!) Gewisse Bildsprünge im mörderischen Ablauf lassen darauf schließen, dass trotz des Prädikats "keine Jugendfreigabe" die deutsche Fassung dank 'freiwilliger Selbstkontrolle' zum geistigen Wohle des Betrachters hier und da entschärft wurde.
Als weitere Sünde der Horrorfilm-Vergangenheit wurde die miserable Maske des Monsters übernommen. Victor sieht - einer der Darsteller spricht es sehr richtig an - wie der in den Sumpf geratene Elefantenmensch (oder wie Jason Vorhees ohne Maske) aus. Viel zu deutlich zeigt ihn die Kamera und enthüllt Latex, Gummi und Zottelperücke. Das sorgt zwar für Heiterkeit, die ja zum "Hatchet"-Konzept gehört, hier aber vermutlich unfreiwillig erzeugt wird. (Hinter der Maske des jungen Victor steckt übrigens ausgerechnet die schöne SF/X-Spezialistin und Schauspielerin Rileah Vanderbilt.)
Die Schauspielerei ist ein hartes Gewerbe. Richtig gutes Geld scheffeln wenige Stars, während sich die Mehrheit mehr oder weniger erfolgreich durchwurstelt. Nicht nur aller Anfang ist schwer - der Auftritt in obskuren Filmen kann auch das Gnadenbrot für alternde oder nie bekannt gewordene Darsteller bedeuten.
"Hatchet" versammelt Angehörige beider Kategorien vor der Kamera. Da haben wir beispielsweise den walrossbärtigen Veteranen Richard Riehle, der seit 1977 in fast 200 Filmen und TV-Shows oft fragwürdiger Qualität zu sehen war: ein typischer Fließband-Arbeiter des Filmgeschäfts, der sich für keinen Kärrnerjob zu schade ist. Joel Murray sitzt mit seinem Pfannkuchengesicht gefangen in der Sparte "Freund des Hauptdarstellers", die er u. a. in 119 Folgen der Serie "Dharma & Greg" verkörperte.
Joel Moore (der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits in seinem 30. Lebensjahr stand ...) wird der Durchbruch in die Star-Liga wohl ebenfalls nicht gelingen, ist er doch mit einem kantigen Pferdegesicht geschlagen, das ihn zu Nebenrollen quasi verdammt. Immerhin darf Moore als Ben halbwegs moderat agieren, während seine Gefährten tief in der Klischeefalle stecken.
Vor allem Deon Richmond dürfte sein Schicksal verfluchen, muss er doch den aus unzähligen Mies-Movies viel zu gut bekannten schwarzen Nervbold mit der Quäk-Stimme mimen. Viel zu spät erwischt ihn Victor und sorgt für Ruhe vor hysterischen Pseudo-Witzeleien und chronischer Lüsternheit der besonders peinlichen Art. Auch Deon Richmond und Joleigh Fioreavanti haben ihr Päckchen zu tragen bzw. den BH bei jeder möglichen und vor allem unmöglichen Gelegenheit zu lüften. Erwähnenswert sind immerhin einige bissige Dialoge, mit denen sie ihr Sexhäppchen-Image karikieren dürfen. Als windiger Kleinunternehmer kann Parry Shen wenigstens einige Punkte sammeln. Die Belohnung bleibt nicht aus: Sein Ende ist eines der 'schönsten' dieses Streifens.
Bauernfängerei ist die Nennung von Robert Englund an einer oberen Stelle der Darstellerliste: Er hat nur einen Gastauftritt, und es erwischt ihn, noch bevor die Filmtitel (zur Musik von Marilyn Manson) laufen. Wer aufpasst und sich in der Horror-Filmszene ein wenig auskennt, wird noch weitere Grusel-Prominenz identifizieren: Regisseur und Trickspezialist John Carl Buechler gibt einen zotteligen Alligatorjäger, Tony Todd (u. a. der "Candyman") einen von der Versicherung gebeutelten Voodoo-Priester.
Daten
Originaltitel: Hatchet
USA 2007
Regie u. Drehbuch: Adam Green
Kamera: Will Barratt
Schnitt: Christopher Roth
Musik: Andy Garfield
Darsteller: Joel Moore (Ben), Tamara Feldman (Marybeth), Deon Richmond (Marcus), Mercedes McNab (Misty), Kane Hodder (Victor Crowley), Parry Shen (Shawn), Joleigh Fioreavanti (Jenna), Joel Murray (Shapiro), Richard Riehle (Mr. Permatteo), Patrika Darbo (Mrs. Permatteo), Robert Englund (Sampson), Joshua Leonard (Ainsley), Tony Todd (Clive "Rev. Zombie" Washington), John Carl Buechler (Jack Cracker), Rileah Vanderbilt (junger Victor Crowley) uva.
Label: Tiberius Film GmbH
Vertrieb: Sunfilm Entertainment
Erscheinungsdatum: 26.10.2007 (Verleih-DVD) bzw. 09.11.2007 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16 : 9 (1,85 : 1 anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch), Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 81 min.
FSK: keine Jugendfreigabe
DVD-Features
Die Leih-DVD erspart dem Zuschauer die Last zusätzlicher 'Infos' zu diesem kaum mittelprächtigen Trash-Spektakel, während die Kauf-Version neben dem Kinotrailer ein "Making-of", einen Audiokommentar, diverse 'Dokumentationen' sowie Bloopers bietet.
Wer sich für solches Zusatzmaterial interessiert, muss nicht unbedingt viel Geld dafür ausgeben: Zu "Hatchet" gibt es eine hübsche Website (www.hatchetmovie.com), die mit reichhaltigen Background-Infos und netten Gimmicks wie einer eigens produzierten "Legend of Victor Crowley" glänzt.
Der Website lässt sich zudem entnehmen, dass "Hatchet" auf drei Filmfestivals mit Preisen prämiert wurde, was viel (Unschönes) über die Konkurrenz sagt ...
Anmerkung
Vielleicht fehlt Ihrem Rezensenten die richtige Einstellung zum besprochenen Streifen; vielleicht sollte er das Wort lieber den Enthusiasten überlassen, die den wahren Geist von "Hatchet" inhalieren konnten: "Amongst the greatest slasher flicks of all time. I stood up and cheered after being blown away by the amazingness that had just graced the screen" (Mr. Disgusting, bloody-disgusting.com).
- Redakteur:
- Michael Drewniok