Il Postino - Der Postmann
- Regie:
- Michael Radford
- Jahr:
- 1994
- Genre:
- Drama
- Land:
- Italien, Frankreich, Belgien
- Originaltitel:
- Il Postino
1 Review(s)
10.01.2008 | 18:31Handlung:
Der Fischersohn Mario (Massimo Troisi) wohnt auf einer kleinen italienischen Insel irgendwo im Mittelmeer. Da er leider eine "Allergie" gegen Schiffe hat, verbringt Mario seinen Tag zum Leidwesen seines Vaters mit Faulenzen und mit dem Erledigen von kleinen Jobs. Er gilt im kleinen italienischen Fischerdorf eben aus diesem Grund als Taugenichts und Außenseiter.
Die Lage ändert sich schlagartig, als der große chilenische Dichter Pablo Neruda (Philippe Noiret) vorübergehend auf der Insel ansässig wird – er musste wegen seiner politischen Ansichten aus Chile flüchten und hat jetzt in Italien Exil gewährt bekommen.
Da dieser weltberühmte Dichter aus allen Ländern täglich sehr viel Post zugestellt bekommt und zusätzlich noch weit außerhalb des Dorfes lebt, braucht die örtliche Poststation einen zusätzlichen Briefträger. Der ideale Job für Mario.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten taucht Mario mit Hilfe Nerudas in die für ihn neue "Welt der Poesie" ein und ist davon sofort begeistert. Durch die neu entdeckte Kraft der Poesie und mit der Hilfe Nerudas glaubt Mario seine große Liebe, die schöne Wirtin Beatrice (Maria Cucinotta) betören zu können, die er bisher immer nur von der Ferne beobachten konnte – zum Ansprechen hatte er sich bislang keinen Mut fassen können.
Kritik:
Was hatte ich erwartet? Eine schöne Liebesgeschichte in mediterranem Gewand und italienische Leidenschaft eingefangen in schönen Bildern. Nicht zuletzt hatte ich mich auf die Oscar-preisgekrönte Filmmusik gefreut. Bis zu einem gewissen Grad sind diese Erwartungen auch erfüllt worden. Ein paar kleinere Schönheitsfehler hatte der Film meiner Meinung nach aber dennoch.
Zunächst ist aber alles im Lot. Eine toll aufgebaute Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf. Besonders gut hat mir natürlich die schauspielerische Leistung von Massimo Troisi gefallen, der sogar die feinsten Nuancen in Marios kompliziertem Charakter darstellen konnte. Wirklich toll gespielt! Als weiteres Highlight aus schauspielerischer Sicht muss ich hier natürlich auch noch Philippe Noiret als Pablo Neruda nennen. Wirklich beeindruckend, mit wie viel Hingabe der Schauspieler seine Rolle verkörpert. Dadurch erreicht er eine Präsenz, die schwer zu toppen ist – eben ein wichtiger Mann der Weltgeschichte – das nimmt man ihm sofort ab.
Doch dann schleichen sich erste Schönheitsfehler ein. Der schönen Beatrice will man ihre Liebe zu Mario nicht so richtig abnehmen. Mir hat da eindeutig die feurige Leidenschaft der Südländerin wirklich gefehlt! Zu allem Überfluss wirkt der Schluss zu stark konstruiert und irgendwie überhastet "hingeschludert" – da wollte der Regisseur für meinen Geschmack eindeutig zu viel in zu kurzer Zeit erzählen.
Was bleibt, ist ein schöner Liebesfilm mit tollen Darstellern in einer wirklich schönen mediterranen Landschaft. Untermalt wird das Ganze mit der dazu passenden südamerikanischen Musik. Auf der technischen Seite wurde auch alles richtig gemacht, die Kameraarbeit, Schnitt etc. fügen sich harmonisch in das Gesamtwerk ein.
Wie gesagt – sehr empfehlenswert, wäre da nicht der etwas ernüchternde Schluss zu verkraften, der den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck etwas trübte.
Die DVD:
Wieder eine "Special Edition", die keine ist – es gibt zu dieser DVD nämlich keine Alternative in Form einer anderen Veröffentlichung. Zudem gibt es ja auch keine zweite DVD mit Bonus. Da muss sich Miramax/Touchstone wirklich mal etwas anderes einfallen lassen, anstatt den Konsumenten mit solchen irreführenden Aufdrucken hinters Licht zu führen.
Das Bild der DVD ist wirklich eine Schande für einen Film, der ja nicht aus den 50ern oder 60ern, sondern aus den 90er Jahren stammt. Zur DVD-Produktion wurde ein völlig verschmutztes Filmmaster hergenommen, mit vielen Kratzern, Dropouts und Staub. Außerdem war wohl die Perforation schon so ausgeleiert, sodass das Bild unruhig auf und ab hüpft. Ich bin mir fast wie in einem Stummfilm aus den 20er Jahren vorgekommen. Na, wenigstens waren die Schärfe und die Farben einigermaßen akzeptabel und somit durchschnittlich.
Beim Ton (Deutsch und Italienisch DD 5.1) sind mir keine größeren Fehler aufgefallen. Allerdings sind natürlich themenbedingt auch keine Effektorgien zu erwarten gewesen. Dynamischer hätte der Sound bei der Musik aber durchaus sein dürfen.
Das Bonusmaterial zeigt sich zwar sehr gut und informativ, gewinnt aber wegen mangelnder Quantität sicherlich keine Preise. Hier war wohl "Qualität statt Quantität" die Devise.
Die Extras:
- Audio-Kommentar von Regisseur Michael Radford
- Internationale Stars lesen Gedichte von Pablo Neruda zu Soundtrack-Ausschnitten
- Poesie und Leidenschaft - Eine Begegnung mit dem chilenischen Poeten Pablo Neruda
- Kino-Trailer
Fazit:
Meine Erwartungen wurden leider nur ganz knapp erfüllt, denn nach Abschluss der zweifellos schönen Liebesgeschichte folgt ein unpassender "Knick" in der Handlung, den ich dramaturgisch nicht so gut verkraftet habe. Auch die schauspielerische Qualität der Hauptdarstellerin Maria Grazia Cucinotta ließ meiner Meinung nach etwas zu wünschen übrig – da halfen auch ihre offensichtliche Schönheit und die dazugehörigen, plakativ zur Schau getragenen Attribute nicht weiter.
Trotzdem: Ein wirklich schöner Film, traumhaft fotografiert mit einer wunderschönen Filmmusik. Einen Oscar hätte ich aber dafür nicht vergeben – dazu fehlte es mir an Innovation.
Für alle Romantiker ist diese Produktion eine sichere Bank – Actionfans, die auf Knallerei nicht verzichten können, wenden sich gelangweilt ab. Bei mir hinterlässt der Film wegen der letzten unpassenden 20-30 Minuten jedenfalls einen leicht faden Beigeschmack.
- Redakteur:
- Detlev Ross