Inglorious Bastards - Ein Haufen verwegener Hunde
- Regie:
- Enzo G. Castellari
- Jahr:
- 1978
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- Quel maledetto treno blindato
1 Review(s)
02.11.2007 | 11:23Handlung:
Es herrscht Krieg in Europa. Auf amerikanischer Seite werden fünf Kriegsdeserteure in Frankreich festgenommen. Durch einen Luftangriff der Deutschen gelingt ihnen auf ihrem Gefangentransport die Flucht und sie tauchen in den chaotischen Kriegswirren unter. Ständig in der Gefahr, von der Militärpolizei verhaftet zu werden, wollen sie in der kriegsneutralen Schweiz ein neues Leben beginnen. Ihre Pläne werden jedoch durch einen großen Zufall schnell zunichte gemacht: Die Kriegsdeserteure werden mit einer Spezialeinheit des amerikanischen Militärs verwechselt, die den Sprengkopf einer V2-Rakete entwenden soll. Es beginnt ein Himmelfahrtskommando für den Haufen verwegener Hunde.
Auswertung:
In Zeiten, in denen das moderne Actionkino den sensationslustigen Zuschauer mit großen Special-Effekt-Orgien und hochgestylten Filmen in die Kinos lockt, findet man in den großen Vorführungsräumen selten die Perlen dieses Genres. Action verkauft sich gut an der Kinokasse und die meisten Filme hegen auch gar nicht den Anspruch, lange im Gedächtnis bleiben zu wollen. Sie wollen kurzweilig unterhalten und kennen die Geschmäcker des Publikums. Der ein oder andere Kinogänger mag an dieser Stelle nun die Stirn runzeln und fragen, was denn an dem heutigen Mainstream-Actionkino so schlimm sei und warum ein Film nicht einfach nur unterhalten kann. Die Antwort ist recht einfach: Mainstream bedeutet Kompromiss, in erzählerischer, filmischer und thematischer Ebene. Actionkino muss sich also anpassen an Altersfreigabe, Zuschauergeschmack, Thementiefe und Selbstverständnis, immer auf der Suche nach dem goldenen Mittelweg.
Verfolgt man das moderne Actionkino zu seinen Ursprüngen zurück und bleibt in den 70-er Jahren in Italien hängen, bekommt man eine andere Dimension dieses Genres präsentiert. Castellari schuf in den späten Jahren dieses Jahrzehnts "Ein Haufen verwegener Hunde" und kreierte in ihm ein wirres Getöse im zweiten Weltkrieg, das sich selbst nicht ernst nimmt. Er schickt in diesem Sinne eine skurril zusammen gewürfelte Truppe in den Krieg, die in Klischees beinahe zu ersticken droht.
Fred Williamson spielt den Hünen Berle, der wortkarg und Zigarre rauchend Scharen von deutschen Soldaten mit seiner Maschinenpistole niedermäht. In regelmäßigen Abständen wird er von seinen Kollegen mit rassistischen Kommentaren und Witzen aufgezogen.
Bo Svenson mimt den Über-Kommandanten, der wie eine große Vaterfigur den Haufen der Verrückten zusammenhält. Und verrückt sind einige, wie zum Beispiel ein perfekt organisierter Zwerg, der in seinen Rucksäcken und Taschen Schmuggelware und Kleinkram aller Art versteckt, oder der deutsche Soldat, der die Seiten wechselt und im italienischen Original Adolf genannt wird.
Der Regisseur macht von Anfang an keinen Hehl daraus, dass sein Film Trash-Unterhaltungskino ist und erhebt auch nicht den Anspruch, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Schrecken des Zweiten Weltkrieges zu sein. Die Dialoge strotzen von politisch unkorrekten Aussagen und Anspielungen und die Charaktere werden nicht als moralisch gefestigte Charaktere vorgestellt. Sie wirken bei genauerer Betrachtung wie bloße Pappfiguren, die auf einige wenige Charakterzüge reduziert sind und keine Entwicklung durchmachen. Sie ziehen keine Lehre aus dem Krieg, es entwickeln sich kaum Konflikte mit dem eigenen Gewissen. Und gerade diese Leichtigkeit, die der italienische Regisseur bei der Umsetzung des Films an den Tag legt, macht den eigentlichen Reiz des Films aus. Er unterhält, weil er nicht nach Tiefe strebt, sondern sich selber ganz bewusst als Trash definiert und nichts weiter als Trash sein will.
Castellari zeichnet so auch bewusst mit der Naivität eines kleinen Jungen die Rolle der Frau in seinem Film. Ihnen kommt keine tragende Rolle zu, charakterlich sind sie zu entfernt von den Kriegspielen der Männer. Sie passen nicht in die Welt von Waffen, lauten Explosionen und echter Männerkameradschaft. Höchstens erfüllen sie das klassische Helena-Motiv - sie stellen die große Belohnung für den im Kampf geschundenen Krieger dar. Die Frau ist dabei aber nicht der Inbegriff sexueller Sehnsucht, sondern bloß ein goldener Pokal, der schön anzusehen ist. Wer die frühen "Batman und Robin"-Comics kennt, kann Ansätze der genannten filmischen Weltanschauung wieder erkennen. Die Bathöhle ist genauso Tabu für Frauen, wie es auch die Kameradschaft der verwegenen Hunde ist. Nicht mehr und nicht weniger sollte man dort hinein interpretieren.
Gerade aber am Szenario des zweiten Weltkrieges liegt es, dass die absurde Eindimensionalität des Films funktioniert. Krieg löst Chaos aus, sprengt alle Bezugssysteme des Menschen und stürzt ihn in eine verzweifelte Lage. Krieg ist eine kranke Parodie auf alle Errungenschaften und konstruktiven Ideen, zu deren es die Menschheit im Laufe ihres Schaffens gebracht hat. Castellari verzichtet gänzlich auf Glaubhaftigkeit und trifft damit vielleicht den Unsinn des Krieges besser, als es manch ernster Kriegsfilm vermag.
Umsetzung auf DVD:
Für einen knapp 30 Jahre alten Film kann das Bild in Sachen Qualität überzeugen. Regelmäßig treten leichtes Bildrauschen oder Unschärfen auf, die aber kaum stören. Da es sich bei diesem Film erstmals um eine ungeschnittene Version handelt, sind einige Zusatzszenen nicht nachsynchronisiert worden, sondern nur im italienischen Original zu sehen. Diese Szenen sind zwar meist nur von kurzer Dauer, fallen aber schnell als störend auf.
Extras der DVD:
- Booklet
- Making Of
- Kinotrailer
- Bildergalerie
Fazit:
Man darf von "Ein Haufen verwegener Hunde" nicht zu viel erwarten. Er will nicht ernst genommen werden und ist auf vergleichsweise seichte Unterhaltung ausgelegt. Der Reiz des Films liegt in seinem Selbstverständnis, das den meisten modernen Actionfilmen fehlt. Er steht dazu, das er so ist, wie er eben ist und gerade das ist seine Stärke. Tarantino selbst zählt diesen Film zu einem seiner Lieblingsfilme und plant ein Remake.
Skurrile Dialoge, politische Unkorrektheit, eine leicht antiquierte Atmosphäre und eine ordentliche Portion Action - wen diese Beschreibung anspricht, der ist mit "Inglorius Bastards" gut beraten. Der Rest findet nach einiger Suche im modernen Actionkino sicher spannendere Unterhaltung.
- Redakteur:
- Thomas Graef