Izo
- Regie:
- Takashi Miike
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Action
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Izo: Kaosu mataha fujori no kijin
1 Review(s)
13.05.2005 | 09:12Wer schon mal einen Film von Workaholic Takashi Miike gesehen hat, weiß ungefähr, was ihn bei diesem Namen erwartet. Bekannt geworden durch "Audition", prägten sich vor allem Miikes brutale Yakuza-Streifen wie der slashige "Ichi the Killer" oder das Gangster-Ramake "Grave of Honour and Humanity" ein. Doch selbst wer die Aneinanderkettung blutrünstiger Szenen in "Ichi" überlebt hat, hat nicht den blassesten Schimmer, was ihn in Miikes neustem Werk "Izo" erwartet. Hier jagt eine Metzel-Szene die nächste und lässt dem Zuschauer kaum Rast.
Izo ist bzw. war ein Samurai, der im 19. Jahrhundert während der Revolution gegen die Shogun gekreuzigt wurde. Zeitsprung über schwarz-weiße Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg, dann ist die Wiedergeburt Izos plötzlich wieder da, getrieben von Rache und Blutgier. So reihen sich im Zwei-Minuten-Takt Gegner aneinander, und bereits die Schwertkämpfe der ersten Viertelstunde genügen normalerweise für einen kompletten Film. Das geht dann auch die gesamten 128 Minuten so weiter. Nur selten hat der Zuschauer Zeit zum Durchatmen, etwa, wenn der oberste Rat um den Premierminister (gespielt von keinem Geringeren als Überstar "Beat" Takeshi Kitano) über die von Izo ausgehende Gefahr diskutiert. Doch zunächst sehen die elitären Gesellschaftsoberhäupter in dieser "Inkarnation des Irrationalen" nichts weiter als einen unbedeutenden Fehler im System. In diesem Kontext werden immer wieder Szenen eingestreut, in denen über die Unvollkommenheit des gesellschaftlichen Systems philosophiert wird. Dann metzelt Izo weiter, doch schon nach kurzer Zeit geht das Motiv seiner Rache verloren. Vielmehr wird er zum Gejagten verschiedener Gruppen, die er nach und nach ausmerzt. Prägte anfangs noch Ästhetik seinen Kampfstil, wird er zusehends verzweifelter und panischer. Izo stolpert im wahrsten Sinne des Wortes von einer Kampfszene in die nächste, wobei sich auch noch Raum und Zeit verschieben: Wurde er eben noch von einem SWAT-Team gejagt, verfolgen ihn wenige Sekunden später Samurais aus der Shogun-Ära. Doch nichts und niemand kann den Dämonen in Menschengestalt aufhalten auf seinem achterbahnähnlichen Weg zum Ziel, der Zerschlagung des elitären Rates und jeglicher systematischen Ordnung ...
"Izo" ist ein blutrünstiges Werk, welches das Publikum spaltet: Während beim Film-Festival "Nippon-Connection" in Frankfurt die eine Hälfte schon nach kurzer Zeit entnervt den Kinosaal verlässt, spendet die andere Hälfte während des Nachspanns Applaus. Denn hinter den Metzel-Szenen verbergen sich viele Anspielungen und Metaphern. So philosophieren schon mal zwei alte Mönche über die Unvollkommenheit des Systems; oder Grundschüler über die Nation als sinnloses Gebilde zur systematischen Kontrolle der Menschen, während Izo vor der Klassentür eine Horde Schulmädchen niedermetzelt. Er wendet sich gegen jegliche Obrigkeit, egal ob religiöse Führer, die intellektuelle Elite oder eine Armee untoter Zombie-Soldaten. Dazwischen werden nicht nur des öfteren Hitler oder Stalin eingeblendet, sondern auch immer wieder ein japanischer Volkssänger, der zu gesellschaftskritischen Texten auf seine Wandergitarre einhackt. Wenn er das fünf Minuten am Stück zu einer ziemlich monotonen Melodie macht, ist das allerdings sehr nervenzehrend. Genauso wie die absurde Gewalt, die sich schon nach wenigen Minuten nur noch um ihrer selbst Willen häuft. Für den Zuschauer gibt es eben sowenig wie für Izo einen Ausweg aus einem endlosen Kreislauf. Miikes Anspielungen auf die japanische Geschichte, seine Gesellschafts- und Kapitalismuskritik (Izo kämpft beispielsweise gegen einen schwarzen Wrestling-Star) verschwindet hinter einer endlosen Aneinanderkettung blutrünstiger Szenen, die manchem Zuschauer den letzten Nerv rauben. Jeder Charakter, der die Bildfläche betritt, wird kurz darauf niedergemetzelt. Mit Ausnahme einer Frau, die einen Teil von Izos Seele darstellt, den er nie gefunden hat.
Takashi Miike scheint auf dem absoluten Höhepunkt seiner blutigen, durchgeknallten Kreativität angekommen zu sein. Denn gegen "Izo" mutete "Ichi", zumindest was die unzähligen Kampfszenen angeht, fast harmlos an. Bei der hohen Opferquote habe ich verpasst, mitzuzählen, aber multiplizieren wir die Minutenzahl 128 einfach mal mit 3. Wer dieses obskure Machwerk überstehen will, muss sich auf verdammt viel Blut, pechschwarzen Humor und ein verdammt großes Fragezeichen im Kopf einstellen.
- Redakteur:
- Carsten Praeg