Jacob´s Ladder - In der Gewalt des Jenseits
- Regie:
- Adrian Lyne
- Jahr:
- 1990
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
1 Review(s)
16.12.2009 | 21:47Der Vietnamkrieg und seine katastrophalen Folgen für Opfer und Täter sind noch immer ein Thema das besonders die US-Amerikaner spaltet. Während die eine Seite weiter versucht zu verdrängen, machen sich andere daran das bis heute nicht bewältigte Trauma aufzuarbeiten und nach einer Antwort für die Frage „Wie dieser Wahnsinn geschehen konnte“ zu suchen. Einen der vielleicht interessantesten Denkansätze auf den geschehenen Irrsinn liefert sicherlich, der leider ziemlich in Vergessenheit geratene, Horrorthriller „Jacob’s Ladder – In der Gewalt des Jenseits“ (1990) von Adrian Lyne („9 ½ Wochen“, Flashdance“), der zwar nicht primär nach den Ursachen für das Geschehene sucht, als sich vielmehr den Folgen zu widmen, aber trotz alledem einer der herausragendsten Filme zum Thema Vietnamkrieg ist.
Das Leben, wie es vor dem Krieg einmal war, ist für Jacob Singer (Tim Robbins) nach seiner Rückkehr aus Vietnam nicht mehr das selbe. Nach seinem Dienst ist der mittlerweile von seiner ersten Ehefrau geschiedene Veteran zurück nach New York gegangen, wo er mittlerweile, trotz ausgezeichneter akademischer Referenzen, in einer Poststelle arbeitet und versucht irgendwie seinen Alltag auf die Reihe zu bekommen. Doch dieser wird immer mehr beeinträchtigt, denn Jacob leidet unter schweren Alpträumen und schrecklichen Visionen. In diesen sieht er nicht nur seinen verstorbenen Sohn, sondern auch Bilder von einem Massaker während des Krieges, welches er nur knapp überlebt hat. Die Grenzen zwischen Realität und Wahn scheinen immer weiter ineinander zu verlaufen, bis Jacob schließlich den Punkt erreicht an dem er glaubt vollkommen dem Wahnsinn verfallen zu sein. Doch dann erfährt er das auch seine Kameraden aus Vietnam von ähnlichen Dämonen geplagt werden. Gemeinsam will man versuchen der Sache auf den Grund zu gehen...
„If you're frightened of dying, and you're holding on, you'll see devils tearing your life away. If you've made your peace, then the devils are really angels, freeing you from the Earth.“
- Louis -
Was ist Realität und was Traum? Diese Frage stellt man sich beim betrachten von „Jacob’s Ladder – In der Gewalt des Jenseits“ häufig, gelang es Regisseur Adrian Lyne doch wahrlich perfekt die tastbaren Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum miteinander verschmelzen zu lassen und ein, man kann es einfach nicht anders bezeichnen, beeindruckendes Stück Film auf die Beine zu stellen. Dabei muss sicherlich gesagt werden das Lyne´s großes Meisterwerk (denn sind wir mal ehrlich: seine anderen Filme sind alle ziemlicher Schrott) kein typischer Vietnamfilm ist, ja man kann ihn eigentlich nicht mal als Kriegsfilm bezeichnen. Zwar ist der Konflikt letztendlich Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und wird in immer wiederkehrenden Flashbacks des Protagonisten auch thematisiert, der Fokus der Erzählung liegt aber eindeutig auf den von grausamen Visionen geplagten Jacob und seinem Leben nach dem Krieg, insbesondere den davongetragenen Folgen von diesem. Diese äußern sich in grausamen Alpträumen und schrecklichen Visionen für die Lyne immer wieder Zeitsprünge zwischen Vietnam, der Gegenwart (?) sowie Jacobs Leben vor dem Krieg nutzt, die in einer erstaunlich flüssigen Homogenität ineinander übergehen und ein stets spannendes Konstrukt schaffen.
Das vielleicht Interessanteste an der ganzen Sache ist aber sicherlich mit welch komplexen Denkansätzen das Drehbuch geschrieben ist und mit welcher Leichtigkeit Lyne diese im fertigen Film rüberbringt. Ohne Frage ist „Jacob’s Ladder“ alles andere als einfache Filmkost für zwischendurch und fordert sehr viel Aufmerksamkeit von seinem Zuschauer, um die vielen Ansätze und ablaufenden Stränge in ein und das selbe Licht zu bringen, aber von Verwirrung oder gar Überforderung war beim Regisseur keine Spur, sodass das Erlebnis, welches dieser Film bietet, ziemlich einzigartig (für das Genre der Vietnamfilme) ist. Einzigartig, wenn man im Genre verharren bleiben will, ist aber vor allem der offensichtliche Bezug zum Alten Testament. Bereits der Titel lässt erahnen, das sich Autor Bruce Joel Rubin („Deep Impact“, „Stuart Little 2“) einiges an Inspiration aus der heiligen Schrift geholt hat, so gibt es einen „Schutzengel“, das Thema Zwischenwelt spielt eine tragende Rollen ebenso wie Himmel und Hölle. Glücklicherweise werden die biblischen Motive aber zu keinem Zeitpunkt überstrapaziert, sodass selbst in dieser Hinsicht eher kritische Zuschauer dem Film etwas abgewinnen können dürften.
Das dies so ist, liegt nicht zuletzt an der gekonnten Realisierung seitens Lyne. Handwerklich ist der Film zwar nicht immer lupenrein, im großen und ganzen weiß die Inszenierung allerdings komplett zu begeistern, wobei vor allem die geschaffene Atmosphäre einer der Stärken von „Jacob´s Ladder“ ist. Die Bilder sind überwiegend sehr trist gestaltet und werden von meist melancholischen Klängen begleitet, was sehr gut zu der allgemein sehr ruhigen Stimmung des Filmes passt, wohingegen jene Szenen, die die Visionen und Alpträume Jacobs zeigen, vom puren Wahnsinn sowie einer meisterhaften Umsetzung zollen. Vor allem die legendäre Krankenhaus-Sequenz, in denen Jacob und der Zuschauer mit allerhand grausiger Bilder konfrontiert werden, steht Sinnbildlich für die fast zur Perfektion getriebene Stimmung, die sowohl Angst, Panik als auch Beklemmung auszulösen versteht.
Ein sehr großes Lob muss auch dem großartig agierenden Tim Robbins („Mystic River“, „Krieg der Welten“) ausgesprochen werden, welcher eine seine besten Leistungen als Darsteller überhaupt zu Besten gibt. Robbins verleiht seinem introvertierten Charakter unglaublich viel Präsenz und haucht ihm regelrecht Leben ein, spielend leicht schafft er es das man von Beginn an mit ihm fühlt und für ihn hofft. Ein weiterer, zur Höchstform aufgelaufener Darsteller ist mit Danny Aiello („Leon – Der Profi“, „Lucky Number Slevin“) an Bord. Dieser spielt Jacobs Chiropraktiker Louis, der seinem Patienten und guten Freund immer zur Seite stellt und gar so etwas wie sein Schutzengel zu sein scheint.In weiteren, guten, Nebenrollen finden sich außerdem noch Elizabeth Peña („Gridlock'd“, „Rush Hour“), welche die mitfühlende Jezzie verkörpert, sowie Ving Rhames(„Dark Blue“, „Dawn of the Dead“) und Matt Craven („Disturbia“, „Anatomie einer Entführung“) als ehemalige Kameraden von Jacob.
Original Filmtitel:
Jacob's Ladder (1990)
Länge des Filmes:
Ca. 108 Minuten
Darsteller:
Tim Robbins...Jacob Singer
Elizabeth Peña...Jezzie
Danny Aiello...Louis
Matt Craven...Michael
Pruitt Taylor Vince...Paul
Jason Alexander...Geary
Patricia Kalember...Sarah
Eriq La Salle...Frank
Ving Rhames...George
...
Regisseur:
Adrian Lyne
FSK:
Ab 16 Jahren
Fazit
„Jacob’s Ladder – In der Gewalt des Jenseits“ ist wirklich fulminantes Denkkino mit vielen sehr interessanten, manchmal auch schwer nachvollziehbaren, Ansätzen, die die Grundthematik Vietnamkrieg in ein vollkommen neues Licht stellen. Von der stets spannenden Geschichte mit ihren vielen Wendungen, sowie dem großartigen Tim Robbins in einer Paradevorstellung, gelingt dem Film so ziemlich alles, sodass man auch über kleine handwerkliche Mängel hinweg sehen kann. Prädikat: besonders wertvoll.
9/10
- Redakteur:
- Adrian Trachte