Killing Them Softly
- Regie:
- Andrew Dominik
- Jahr:
- 2012
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Killing Them Softly
1 Review(s)
14.05.2013 | 16:53Die Zeiten, in denen Brad Pitt das Mainstream-Kino bediente, sind längst in weite Ferne gerückt. Dies mag mitunter daran liegen, dass der mittlerweile doch leicht gealterte Levi's-Boy durch seine Liaison mit Angelina Jolie genug Staub aufwirbelt, um die Klatschpresse und unmirttelbar auch sein Konto zu füllen, hängt aber auch damit zusammen, dass Pitt auch selber erkannt hat, dass er jegliche konventionelle Kinorolle in den vergangenen zweieinhalb Dekaden mindestens einmal ausgefüllt hat. Die Ansage, dass er in diesem Jahr eventuell sogar zum letzten Mal als Hauptakteur in den Lichtspielhäusern auftreten wird, passt daher auch gut ins Bild, denn ein schleichender Abschied auf raten macht allgemein mehr Sinn als die Degradierung infolge anhaltender Flops. Letztgenannte stand dem guten herren nämlich jüngst bereits bevor, da er trotz regelmäßig guter Leistungen als Protagonist häufig in Produktionen mitwirkte, die nicht mehr den Nerv des Publikums trafen. Eine gewisse Extravaganz etwa wie im visuell umwerfenden, inhaltlich aber weniger packenden Drama "The Tree Of Life", wurde nbicht zum kassenschlager. Und auch "Killing Them Softly", der Versuch das Tarantino-Gen auf teils sehr brutale Art und Weise zu adaptieren, machte sich zumindest im Hinblick auf die Einspielergebnisse nicht bezahlt. Doch woran hat es gelegen? War die Materie tatsächlich zu schwach? Oder war der Zuschauer mit dem ambitionierten Werk seines einstigen Lieblingsschützlings einfach nur maßgeblich überfordert?
Story:
Das Glücksspielbusiness in New Orleans boomt seit geraumer Zeit; nach dem erschütternden Orkan Katrina setzen vor allem die kriminellen Elemente auf den schnellen Dollar am Pokertisch, während die Pokerrunden wachsenden Zuspruch erhalten. Dies hat auch der Kleinganove Markie erkannt, der regelmäßig die Karten verteilt und eines Tages sogar sein eigenes Lokal ausrauben lässt. Für die beiden eher chaotischen Gangsster Frankie und Russell scheint dies die perfekte Gelegenheit, um von der Schuld des stadtbekannten Poker-Kenners zu profitieren. Ein paar Monate nach dessen Coup planen sie einen weiteren Überfall auf das organisierte Pokergeschäft und bringen den geständigen markie erneut in die Bredouille - denn obwohl er diesmal weder Kenntnis, noch Beteiligung gestehen kann, gerät er ins Kreuzfeuer des ansässigen Verbrechersyndikats.
Dieses wiederum entsendet den Berufskiller Jackie Cogan, um klare Verhältnisse zu schaffen und vor allem den vermeintlichen Unruhestifter Markie zu beseitigen, während die eigentlich Schuldigen weiteer auf freiem Fuß bleiben. Erwartungsgemäß macht Cogan kurzen Prozess, verlässt sich hierbei aber zu sehr auf die Komplizenschaft eines alkoholkranken, unberechenbaren Kollegen. Die Situation gerät kurzerhand außer Kontrolle, so dass Cogan sich schließlich selber die Hände schmutzig machen muss. Doch die Frage lautet: Wo genau muss er ansetzen, um endgültig Ruhe zu stiften? Und wie gelingt es ihm, die Machenschaften verdeckt zu halten, sauber zu bleiben und gleichzeitig die alte Grundordnung wieder herzustellen? Gerade im Jahr 2008, in dem durch den Wechsel des US-Präsidenten ein landesweiteer Umschwung angekündigt wird, empfindet Jackie die bekannten, verlässlichen Methoden als wertvolles Gut...
Persönlicher Eindruck:
Was soll man sagen: Ja, die Handschrift ist unverkennbar. Ja, das Werk tarantinos' ist die Steilvorlage, die einen Streifen wie "Killing Them Softly" erst möglich gemacht hat. Und ja, die Parallelen sind teilweise derart überdimensioniert, dass man Regisseur Andrew Dominik die eigene Note vollständig absprechen möchte. Allerdings, und hier entdeckt man dann auch schnell den elementaren Unterschied: Dieser Streifen ist bei weitem nicht so stilvoll umgesetzt wie die blutigen Racheorgien der "Kill Bill"-Legende.
Vielleicht ist es ausgerechnet diese Parallelschleife, die sich durch die gesamte Handlung zieht, dieser permanente, unvermeidbare Vergleich, der "Killing Them Softly" merklich herunterzieht. Die gewaltige Kontrastwirkung zwischen teils entspanntem Soundtrack, brachialer Gewaltdarstellung, eisiger Performance, eigenwilliger Dialogführung und sehr variabler Erzähldynamik hat an und für sich ein vergleichbares Niveau, vor allem einen ähnlichen Aufbau. Doch wenn es um die Feinjustierung geht, manifestiert sich zu sehr der Eindruck, man habe es lediglich mit einem weniger inspirierten Plagiat zu tun, das sich freilich sehr freizügig beim Original bedient, dessen Grundästhetik aber nur dann auffahren kann, wenn Kapellmeister Pitt im Stillen das musikalische Arrangement vorgibt. Doch kann sich ein solcher Streifen ausschließlich an seinem Hauptdarsteller messen? Die Antwort ist relativ klar: Nein, kann er nicht!
"Killing Them Softly" könnte nun mit der visuellen Komponente argumentieren, denn die gelegentlich in Zeitlupe gespulten Fragmente sind durchaus gefällig, die Atmosphäre mit ihrem Mafia-Beiwerk sorgt für genügend Prickeln. Doch es ist die Handlung als solche, die zu sprunghaft und wiederspenstig ist, die erst gar nicht erlauben mag, dass man sich mit ihr vereint und ihre vereinzelten Knackpunkte sinngemäß wahrnimmt. Am Ende bleiben nur wenige entscheidende Fetzen haften, und dies sind in erster Linie die brutalen Übergriffe, die Prügelszenen und grundsätzlich die Performance im meist ungleichen Mann-gegen-Mann-Duell, bei denen man sich im Nachhinein fragt, wie man sie (im wahrsten Sinne des Wortes) unbeschadet durch die Prüfstelle prügeln konnte. Die Szene, in der ein Schlägertrupp des Syndikats beispielsweise den vermeintlichen Übeltäter Markie durch gezielte Schläge und Tritte völlig entstellt, ist alles andere als jugendfrei - und es spricht eben nicht gerade für den Inhalt, wenn ausgerechnet diese Einstellung als prägendes Symbol einer immerhin 101 Minuten andauernden Story bleibt.
Einzig sehenswert ist daher der Auftritt des Protagonisten Pitt, der zwar erst relativ spät ins Geschen eingreift, mit seiner Präsenz jedoch noch einiges herauszureißen vermag. Zumindest kann er in der Schlusssequenz die eigentliche Message noch einmal aufgreifen und zu einem würdigen Abschluss bringen: Amerika liegt am Boden, das Establishment ist eine leere Hülle und das verbliebene Geltungsbedürfnis befriedigt man ausschließlich mit Waffen- und körperlicher Gewalt. Aber um diese gelegentlich eingeflochtene Tendenz zu betonen, hätte man vermutlich auch andere Wege wählen können. "Killing Them Softly" ist in seiner Visualisierung ein halbgares Kunststück mit vielen anständigen Ansätzen, in seinen trägen Momenten - und davon gibt es eben zu viele - aber eben auch nur ein langatmiges Gangstetrdrama mit kopierter Handschrift.
Aufbereitung:
Inhaltlich mag "Killing Them Softly" ein partieller Fehlschlag sein, was die visuelle Aufbereitung angeht, ost Andrew Dominik's aktuelles Werk jedoch ein wahrer Hingucker. Die eigenwillige Kameraführung wird auf der Blu-ray mit einer sehr angenehmen Detailschärfe versehen, die Kontraste kommen ausrucksstark zur Geltung und allgemein ist das Bild ein absolutes Highligght. Auch die Klangverarbeitung macht den Zuseher und Trantino-verwöhnten Genre-Liebhaber glücklich, da die Dynamik situationsgerecht sehr gut ausbalanciert ist. Effekthascherei durch viel Tamtam spart man sich; stattdessen bekommen die jeweiligen Szenen eine sphärisch angepasste Rahmenuntermalung, die prima auf die Stimmung des jeweiligen Strangs zugeschnitten ist.
Lediglich beim Bonusmaterial muss man sich mit einem Schmalspur-Aufguss zufriedengeben. Ein rund viertelstündiges Making Of sowie eine Zusammenstellung nicht verwendeter Szenen sind die einzigen Extras
Fazit:
Man kann sicher nicht pauschal sagen, dass "Killing Them Softly" ein Fehlgriff ist. Dazu sind die Stimmungen zu authentisch, die Kontrastwirkung einzelner Passagen zu packend. Aber die Story und ihre eigentlich depressive Message kommen nicht so richtig in Fahrt bzw. auf den Punkt, und das führt vor allem im mittleren Teil des Dramas zu vermehrten Längen. Insofern wird man nicht bereuen, einen Blick riskiert zu haben; aber unterm Strich gehört diese Produktion sicherlich nicht zu denjenigen Noir-Drehbüchern, die man kennen muss.
- Redakteur:
- Björn Backes